Die Einführung der Master of Education–Studiengänge sollte von Seiten der Fachdidaktik als Chance verstanden werden, die ihr innewohnende Brückenfunktion zwischen Fachwissenschaft und Erziehungswissenschaft wieder stärker wahrzunehmen, wie sie etwa auch im Papier der GFD im Kerncurriculum Fachdidaktik gefordert wird (Hinweise zur Literatur finden sich am Ende des Papers). Ein spezieller Lehrerbildungs–Studiengang, der durch die Umstellung auf das Master-Studium möglich wird, sollte zum Anlass genommen werden, die Lehrer für die Fächer der ökonomischen Bildung auch tatsächlich so auszubilden, dass sie diese Brückenfunktion wahrnehmen können, das heißt, dass sie in die Lage versetzt werden, wirtschaftliche und politische Kategorien und Denkzusammenhänge so pädagogisch aufzubereiten, dass den Lernenden in ihrem Leben und in ihren jeweiligen Rollen eine Anschlussfähigkeit an diese gesellschaftlichen Sphären möglich wird. Bestandteile dieser Ausbildung müssen sowohl fachdidaktische Grundlegungen als auch deren Anwendung in Erprobungssituationen (Praktika) sein. Ein allgemeines Modell für alle Fachdidaktiken hat die GFD vorgelegt, welches hier nun im Hinblick auf die ökonomische Fachdidaktik konkretisiert werden soll.
Forschendes Lernen in der Lehrerbildung versteht sich als eine theoriegeleitete Praxis, die an die Theorie rückgekoppelt wird. Wie können hochschuldidaktische Arrangements eines forschenden Lernens in der fachdidaktischen Ausbildung aussehen, die diesen Anforderungen gerecht werden? Für den Studiengang Master of Education mit einem Schulfach der ökonomischen Bildung wird hier im Folgenden eine erste Skizze dargestellt.
Hochschuldidaktische Arrangements eines Studiums "Master of Education"
Ziele | Arrangements | |
Grundlegung und theoretische Vertiefung fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Inhalte |
Vorlesungen und Seminare a) zur Fachwissenschaft b) zur Fachdidaktik |
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Verschränkung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik: Bildungsbedeutsamkeit fachwissenschaftlicher Inhalte und Bezug zur Lebenssituation | Projektseminare | |
Ein nachhaltiger Bezug zur unterrichtlichen Praxis und zur Wirtschaftspraxis | Integrative Projekte, bestehend aus: | |
Schulpraktika | Betriebspraktikum | |
Eine forschende, fachdidaktische Projektarbeit wird mit der Master Thesis verbunden |
Die fachwissenschaftliche Grundlegung erfolgt im Bachelor–Studium. Bereits hier müssen fachbezogene Reflexions– und Kommunikationskompetenzen grundgelegt werden.
Der Studiengang Master of Education baut als spezifischer Lehramtsstudiengang darauf auf. Neben einer Vertiefung der wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse sind auch im Bereich der Fachdidaktik grundlegende Kenntnisse zu vermitteln. Diese grundlegende Wissensvermittlung (bspw. über Bildungstheorie, Entwicklungslinien und Konzeptionen der Fachdidaktik etc.) kann in Vorlesungen und Seminaren effizient geleistet werden. Spezifisch für das Lehramtsstudium sind Projektseminare und integrative Projekte.
Ein besonderes Anliegen eines reformierten Lehramtsstudiums ist die Überwindung der getrennten Vermittlung von Fachinhalten und Didaktik. Diesem Anliegen dienen Projektseminare. Sie werden konzipiert als Fachseminare mit didaktischem Bezug und dienen eben dieser Verknüpfung von Fachwissenschaften und Fachdidaktik. An konkreten Themenfeldern (bspw. Der Staat in der Wirtschaft, Die Europäsche Integration, Geld und Währung oder Net–Economy, Arbeitsmarkt und Strukturwandel) werden fachwissenschaftliches Wissen und fachdidaktische Überlegungen zu konzeptionellen Entwürfen zusammengeführt (Bildungsbedeutsamkeit, Lebenssituationsbezug, methodische Überlegungen, Arbeitsmaterialien etc.). Das Projektergebnis kann z.B. in einem fachdidaktisch aufbereiteten Materialangebot "für die Hand des Lehrers" zu einem bestimmten Themenfeld bestehen.
Das Integrative Projekt zielt auf die Verbindung von Lernen an der Universität und Praxis an Schulen und in Betrieben. Die bisherige Studienorganisation lässt sich in etwa wie folgt beschreiben: Die Studierenden besuchen über den Zeitraum eines Semesters ein fachdidaktisches Seminar, in dem verschiedene Lerninhalte mit Hilfe von Unterrichtsvorbereitungen konkretisiert werden. Die Studierenden lernen hier, wie bestimmte fachliche Inhalte aufbereitet und vermittelt werden. Das in den Semesterferien anschließende Praktikum hat zu dieser inhaltlichen Vorbereitung meist keinerlei Verbindung. Eine oder zwei Wochen lang hospitieren die Praktikanten im Unterricht, unterrichten eventuell selbst die eine oder andere Stunde aus dem laufenden Unterrichtsplan – ohne Begleitung oder Hilfe seitens der Universität. Auf dieser praktischen Erfahrung aufbauend wird ein Praktikumsbericht geschrieben, der bei dem Dozenten des besuchten Seminars eingereicht wird. Dieser steht nun ebenfalls vor der Situation, dass er einen Bericht über eine Phase lesen und bewerten muss, die er nicht mitverfolgen und begleiten konnte. Es besteht also ein doppelter Bruch in der Organisation der Fachpraktika. Hinzu kommt, dass beide Institutionen hinsichtlich des Personals und organisatorisch völlig unverbunden nebeneinander stehen. Diese für eine nachhaltige Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern äußerst ungünstige Situation versucht das Integrative Projekt – zumindest für den schulischen Teil – zu verändern. Dies ist dabei auf zwei unterschiedliche Weisen möglich, die sich beide bereits in der Praxis bewährt haben.
Zum einen ist es möglich, das vorbereitende Seminar bereits im Semesterverlauf mit einem festen Wochentag als Praktikumstag an der Schule zu verbinden. Zum anderen ist es möglich die Praktikumszeit in der Schule bzw. in der Wirtschaft als Blockpraktikum im Anschluss an das Semester zu behalten, sie aber besser in das Hochschulprogramm einzubinden (vorbereitendes Seminar zu einem mit der Schule abgesprochenem Themenfeld, Begleitung des Praktikums durch die Dozenten und gemeinsame Nachbereitung auf der Grundlage einer Praktikumsstudie). Ziel beider Varianten ist erstens eine enge Verbindung zwischen der fachdidaktischen Vorbereitung und der praktischen Ausführung herzustellen und zweitens ein Feedback zu ermöglichen, das auf drei Teilen beruht, der fachdidaktischen Vorbereitung, der praktischen Durchführung in Schule bzw. Betrieb mit Begleitung durch Dozenten, und einer Nachbereitung in der Hochschule. Eine ähnliche Verzahnung von Studium und Praxis muss auch für das Betriebspraktikum organisiert werden.
Das Master–Studium könnte wie folgt aufgebaut sein:
Dieses fachdidaktische Lernarrangement ist sehr voraussetzungsvoll. Es erfordert sowohl auf Seiten der Universität als auch von Seiten der Schule und der Betriebe eine hohe Kooperationsfähigkeit und –willigkeit, und es bleibt nicht ohne Konsequenzen für diejenigen, die Fachdidaktik lehren. Es werden die vermittelten und erarbeiteten Konzepte ständig auf Praxistauglichkeit überprüft und somit auch eine Lehrevaluation auf einem breiteren Fundament ermöglicht, und es können aus der Praxis ständig neue Anregungen zurück an die Universität fließen. Von derartig gestalteten Integrativen Projekten können also alle Beteiligten, die Universitäten und Schulen, die Dozenten und Lehrer und genauso auch die Studierenden und die Schüler, sehr profitieren.
Der Sinn dieses fachdidaktischen Arrangements liegt in der Verknüpfung der Abschlussarbeit mit der vorangegangenen Ausbildung und versucht so der "Vereinzelung", unter der Abschlussarbeiten häufig leiden, zu begegnen. Ziel soll es sein, ausgehend von den Projektseminaren und den Integrativen Projekten bereits während der zweiten Phase des Masterstudienganges eine eigenständige und in kleinem Rahmen auch forschende Projektarbeit zu beginnen, die dann zum Abschluss der Master Thesis hinführt.
Wird forschendes Lernen in einer solchen Umgebung angestrebt, hat dies auch immer Auswirkungen auf diejenigen, die die Lernenden ausbilden. Als eine erweiterte Qualifikation von Dozenten in den Bereichen Wirtschafswissenschaft und Fachdidaktik wäre die konkrete Praxiserfahrung in Schulen wünschenswert. Die Vielfalt der Bezüge bedeutet aber auch, dass diese spezifische fachdidaktische Ausbildung flexibel gehalten wird und offen bleibt für Zugänge aus beiden Richtungen, sowohl von der Fachwissenschaft als auch von der Erziehungswissenschaft kommend. Eine Addition sämtlicher wünschenswerter Qualifikationen, die nach rein formalen Kriterien abgeprüft wird (wie in Baden–Württemberg), ist abzulehnen, zumal sie leicht zu Lasten der formal "weichsten" Anforderung ("Habilitationsäquivalenz") interpretiert werden kann. Schulpraktische Qualifikationen können zum Beispiel auch zeitnah und kontinuierlich durch eigenen Unterricht im Rahmen fachdidaktischer Forschungsvorhaben erworben werden.
An den Hochschulen muss es Professuren für Fachdidaktik der ökonomischen Bildung geben. Die Übertragung der fachdidaktischen Ausbildung auf "bewährte Praktiker" aus der Schule (Studienräte im Hochschuldienst) übersieht, dass Fachdidaktik eine eigenständige Wissenschaftsdisziplin darstellt und forschendes Lernen eben auch Forschung und wissenschaftliche Nachwuchsförderung voraussetzt: Erforderlich sind Lehrstühle mit Qualifikationsmöglichkeiten und entsprechenden Stellen (für Mitarbeiter als Doktoranden, Assistenten bzw. Juniorprofessuren) für wissenschaftlichen Nachwuchs.
Gesellschaft für Fachdidaktik e.V.(GFD) – Dachverband der Fachdidaktischen Fachgesellschaften (Hrsg.) (2005): Kerncurriculum Fachdidaktik. Orientierungsrahmen für alle Fachdidaktiken. (http://gfd.physik.hu-berlin.de/texte/AKKerncurriculum2005.doc [1]).
Kaminski, H. (1990): Zum Verhältnis Fachdidaktik – Fachwissenschaft – Allgemeine Didaktik aus Sicht der ökonomischen Bildung. In: Keck, R.W. u.a. (Hrsg.): Fachdidaktik zwischen Allgemeiner Didaktik und Fachwissenschaft. Bad Heilbrunn, S. 252-271.
Kruber, K.P. (1999): Fachdidaktische Forschung und Lehre – der Schlüssel zur ökonomischen Bildung. In: Krol, G.J., Kruber, K.P. (Hrsg.): Die Marktwirtschaft in der Schule des 21. Jahrhunderts – Neue Aufgabe für die ökonomische Bildung? Bergisch–Gladbach, S. 1-20.
Links
[1] http://gfd.physik.hu-berlin.de/texte/AKKerncurriculum2005.doc