Bei den Tendenzen zur weiteren Entwicklung der Berufsorientierung muss zwischen
den alten und neuen Ländern unterschieden werden.
In den alten Ländern sind folgende Entwicklungen feststellbar:
- Die bisher erprobten und bewährten Konzepte, Maßnahmen und Inhalte
werden fortgeführt und nach Bedarf modifiziert und erweitert.
- Die Verankerung von Berufsorientierung in einem Leitfach oder in mehreren
Leitfächern scheint weitgehend realisiert zu sein. In einigen Ländern
sind darüber hinaus erfreulicherweise bereits abgestimmte fächerübergreifende
Ansätze realisiert, die ihren deutlichen Niederschlag in Lehrplänen
und Handreichungen gefunden haben. Schwerpunkte der Umsetzung liegen nach
wie vor bei einzelnen Leitfächern, die jedoch immer mehr auch durch weitere
Fächer bei der Vermittlung von Berufsorientierung unterstützt werden.
- Am Gymnasium hat Berufsorientierung in den vergangenen Jahren vor allem
in der Mittelstufe verstärkt Einzug gehalten. Sie scheint in Zukunft
auch in der Oberstufe noch stärker verankert zu werden.
- Für die geschlechtsspezifische Berufsorientierung von Mädchen
dürfte noch ein stärkerer Handlungsspielraum bestehen.
- Die Europäisierung der Berufsorientierung wird an Bedeutung gewinnen.
- Die sog. Schlüsselqualifikationen, vernetztes Denken sowie teambezogene
Arbeitsweisen werden auch bei der Berufsorientierung an Bedeutung gewinnen.
- Projektorientiertes Arbeiten und handlungsorientierter Unterricht dürften
bei der Vermittlung von Berufsorientierung einen hohen Stellenwert einnehmen.
- An einzelnen Schulen werden schulinterne Beratungsverbunde unter Einbeziehung
der Berufsberatung und der Praxis an Bedeutung gewinnen. Dabei sind Kooperationen
mit Unternehmen, Verbänden u. a. wichtig. Außerunterrichtlichte
Aktivitäten werden einen noch größeren Stellenwert als bisher
einnehmen.
- Die Berufsorientierung wird in der ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung
immer mehr verankert. Die Lehrerfortbildung wird sich verstärkt der fächerübergreifenden
Umsetzung widmen. Damit wird Berufsorientierung erfreulicherweise auf eine
breitere Basis gestellt.
- Betriebserkundungen und Betriebspraktika auch für Lehrkräfte
scheinen an Bedeutung zu gewinnen.
- Die Kooperationsbereitschaft zwischen allgemein bildenden und beruflichen
Schulen scheint zuzunehmen, damit auch die Fachkompetenz und die Möglichkeiten
der Fachpraxisräume stärker genutzt werden können.
Die Bedingungen der Berufswahl und Berufsorientierungen haben sich in den
neuen Ländern innerhalb kürzester Zeit grundlegend geändert.
Dies erfordert besondere Anstrengungen. In den neuen Ländern zeichnen sich
folgende Entwicklungen ab:
- Die Notwendigkeit der Vermittlung von Berufsorientierung ist in allen Ländern
erkannt und wird zunehmend auch konsequent umgesetzt.
- Das Konzept der Berufsorientierung in der Lehrerausbildung wird derzeit
entwickelt. Die Konzepte dürften bald erstellt sein.
- Eine zentrale Rolle wird auch in Zukunft die Lehrerfortbildung spielen
(z. B. Brandenburg). Die Inhalte der Rahmenpläne erfordern bei den Lehrkräften
Kenntnisse und Fähigkeiten, auf die die Lehrkräfte meist noch nicht
ausreichend vorbereitet sind. Auch die Qualifizierung der Beratungslehrer
erfolgt stufenweise durch berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahmen (z.
B. Sachsen). Nach der Vorbereitung der Lehrer der Sekundarstufe I werden auch
für Lehrer des Gymnasiums entsprechende Kurse eingerichtet werden (z.
B. Sachsen-Anhalt).
- Es werden zunehmend Handreichungen erarbeitet bzw. veröffentlicht
(z. B. Brandenburg).
- Die meist vorläufigen Lehrpläne werden in den nächsten Jahren
revidiert und veröffentlicht sein (z. B. Thüringen 1998), so dass
die bisherigen Erfahrungen mit Berufsorientierung in die Überlegungen
mit eingehen können. Generelle Aussagen über mögliche Entwicklungen
können derzeit noch nicht gemacht werden.
- Eine Verankerung von Berufsorientierung in der Oberstufe des Gymnasiums
ist z. T. bereits gegeben (z. B. Hessen, Niedersachsen) bzw. zeichnet sich
ab (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen).
- Die Entwicklung von Kooperation mit Unternehmen, Kommunen, Verbänden,
Studienkreisen, Berufsberatung u. a. wird weiter intensiviert (z. B. Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt, Thüringen).
- Spezifische Probleme des Arbeitsmarktes in verschiedenen neuen Ländern
werden ihren Niederschlag in der Konzeption Berufsorientierung finden (z.
B. Sachsen).
- Aufbauend auf Erfahrungen und Entwicklungen in den alten Ländern dürften
auch die oben aufgezeigten Entwicklungen in den neuen Ländern zumindest
teilweise Berücksichtigung finden.