Arbeits- und Lebenswelt ändern sich dramatisch. Treffen aktuelle Prognosen zu, werden schon im nächsten Jahrzehnt vier Fünftel der Arbeit aus Tätigkeiten bestehen, bei denen Daten Rohstoff, Werkzeug und Produkt sind. Neue Arbeitsplätze in der Wissens- und Informationsgesellschaft werden vor allem im Bereich Dienstleistungen entstehen: beraten, informieren, entwickeln, organisieren und vernetzen. Schon heute arbeiten hier 45 % aller Erwerbstätigen. Einmal erlerntes "Vorratswissen" veraltet angesichts des rasanten technologischen und wirtschaftlichen Fortschritts immer schneller.
Vielen Jugendlichen wird angst und bange angesichts der dynamischen Veränderungen in der Arbeitswelt. Die Suche nach einem Arbeitsplatz ist für viele schon eine große Herausforderung. War damit früher der Berufsweg vorgezeichnet, heißt es heute: lebensbegleitende Weiterqualifizierung und flexible Anpassung an neue Anforderungen. Sehr viel stärker als noch vor einer Generation werden Jugendliche in die Verantwortung genommen für ihren Berufsstart, ihre soziale Absicherung und ihre Altersvorsorge.
Junge Menschen finden sich immer häufiger in einem unberechenbaren Spannungsfeld:
Wer hier ernsthaft die Absicht hat, junge Menschen für eine aktive Gestaltung ihres Lebens zu begeistern, wer eine wache und lebendige Arbeitswelt und Demokratie wünscht, der muss Wege aufzeigen und wirkliche Beteiligung ermöglichen. Wer ihnen zeigen will, dass Veränderungen möglich und nötig sind, dass Engagement sinnvoll und unverzichtbar aber auch mit Rückschlägen verbunden ist, der kann Jugendliche nicht ernsthaft auf die Chancen ihrer "erwachsenen Zukunft" vertrösten.
Nicht zuletzt die PISA-Studie belegt, dass deutsche Schülerinnen und Schüler nur unzureichend auf den Übergang von der Schule ins Berufsleben vorbereitet sind, obwohl Jugendliche heute, wenn sie die Schule verlassen, deutlich älter sind als ihre Eltern und Großeltern es waren. Arbeit war und ist für jeden Menschen von lebensstrukturierender Bedeutung. Entsprechend ihrer personalen und objektiven Bedeutung müssen die Anforderungen, Möglichkeiten und Probleme der Arbeit und Arbeitswelt Eingang in die Schulen finden. Schülerinnen und Schüler haben einen berechtigten Anspruch auf Berufsorientierung, bevor sie sich am Ende ihrer Schullaufbahn für ihren Ausbildungsweg entscheiden.
Berufsorientierung muss deshalb einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Schülerinnen und Schüler auf den Weg in eine sich ständig verändernde Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten. Gleichzeitig muss vermittelt werden, dass die Zukunft von Arbeitswelt und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandelbar und gestaltbar ist.
Wie können Chancen des ökonomischen und gesellschaftlichen Wandels genutzt, Risiken und Konflikte bewältigt werden? Die Antwort führt zu einer Berufsorientierung, die sich längst nicht mehr allein auf die Information über Berufsbilder beschränkt, sondern die Informationen über Veränderungsprozesse in Arbeitswelt und Gesellschaft aufgreift. Aufgrund der generellen Bedeutung der Arbeit für die Persönlichkeitsentfaltung und die Integration des Einzelnen in die Gesellschaft kommt der erfolgreichen Eingliederung der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem eine Schlüsselrolle zu.
Am Ende der Schulzeit stehen junge Menschen vor der ersten Entscheidung, die sie wirklich selbstständig treffen und deren Folgen sie selbst tragen müssen. Bisher haben ihre Eltern Entscheidungen für sie oder mit ihnen getroffen: der Besuch einer weiterführenden Schule am Ende der Grundschulzeit, die Unterstützung und Förderung der Begabungen durch Finanzierung von Stunden und Kursen in Musik, Sport, Hobby usw. Sie haben ihren Kindern Chancen eröffnet.
Sie haben auch Einstellungen und Werthaltungen ihrer Kinder mitgeprägt, z. B. durch ihre Einstellung zur Gestaltung des Lebens und der Freizeit, zu Arbeit und Beruf. Nun erwarten sie, dass ihre Kinder sich selbstständig und eigenverantwortlich der Aufgabe des Übergangs von der Schule in den Beruf stellen.
Dieser Übergang ist für junge Menschen in zweifacher Hinsicht ein wichtiger Schritt:
Zum einen markiert er das Ende der Kindheit und Jugendzeit. Die Jugendlichen sollen ihre Rolle in der Welt der Erwachsenen eigenständig übernehmen. Diese ist geprägt von der Notwendigkeit, durch den Einsatz des eigenen Arbeitsvermögens ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu werden. Ihr Leben gestalten und bewältigen sie unabhängig von anderen.
Zum anderen markiert dieser Schritt eine Einordnung in die betrieblich oder institutionell gegliederten gesellschaftlichen Systeme von Arbeit, in den Arbeitsmarkt mit seinen Qualifikationsanforderungen und der Herausforderung, die Nützlichkeit des bisher erworbenen Wissens und Könnens am Markt unter Beweis zu stellen.
Die Übergangsphase zwischen Schule und Beruf hat sich verlängert und damit zu einer zeitlich verzögerten Berufswahl geführt. Die schulischen Angebote sind vielfältig und bieten, zwar mit jeder Entscheidung etwas weniger, eine Reihe von Übergangsmöglichkeiten und Chancen zum Weiterlernen. Gleichzeitig hat sich der Stellenwert der Berufswahl verändert: Nicht das konkrete Berufsziel steht im Mittelpunkt der beruflichen Entscheidung, sondern der Wunsch möglichst lange möglichst viele Bildungs- und Berufsmöglichkeiten offen zu halten. Damit wird deutlich, dass für die Jugendlichen der Weg klarer ist als das Ziel.
Durch dieses Verhalten kommt die starke Verunsicherung zum Ausdruck, die sich aufgrund der verschlechterten Ausbildungs- und Arbeitsmarktperspektiven und der zunehmenden Unübersichtlichkeit und Ausdifferenzierung der Bildungsgänge unter jungen Menschen ausbreitet und die Ausbildungswahl erschwert. Fehlende Erfolgsaussichten und der Wandel der Erwerbsarbeit überschatten bereits das Selbstgefühl der Jugendlichen und prägen beklemmende Zukunftserwartungen. Selbstzweifel, Abwendung und Lähmung bei Jugendlichen sind deprimierende und beobachtbare Folgen. Offensichtlich gelingt es uns nicht, den nachwachsenden Generationen in ausreichendem Maße Mut zu machen und Wege aufzuzeigen, trotz objektiver Problemlagen, mit Kraft und Selbstvertrauen an deren Überwindung zu gehen.
Gerade deshalb haben Berufsorientierung und spätere Berufswahl eine gesellschaftliche Funktion. Sie erfüllen aus gesellschaftlichem Blickwinkel die Aufgabe der Einordnung des Einzelnen in die Gesellschaft und der Zuweisung des Einzelnen zu bestimmten Berufspositionen. Gesellschaftliche Aufgabe ist es, Ungleichgewichte zwischen Arbeitsangeboten und deren Nachfrage zu vermeiden und beruflichen Fehlentscheidungen vorzubeugen. Ausbildungsabbrüche und Arbeitslosigkeit sind deshalb nicht nur für das Individuum, sondern auch aus gesellschaftlicher Perspektive problematisch.
Grundlage für die Stärkung der Ausbildungsfähigkeit muss deshalb eine Berufsorientierung sein, welche die Entwicklung der Ausbildungsfähigkeit von Schülerinnen und Schüler in dieser Phase unterstützt und Schlüsselkompetenzen vermittelt.
Nur jene Menschen werden zukünftig in ihrem eigenen Interesse Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeit nehmen können, die Einsicht in die Zusammenhänge von Technologie, Ökonomie, Arbeitsorganisation und gesellschaftliche Entwicklung gewonnen haben und die auch über Kompetenzen verfügen, ihre Vorstellungen in die gesellschaftliche Auseinandersetzung einzubringen. Dies bedeutet Heranwachsende zu befähigen, die spezifischen Möglichkeiten der technisch und ökonomisch geprägten Lebenssituationen zu analysieren und zu bewerten, humane und ökologische Alternativen technischer Entwicklung zu denken, Handlungsstrategien zur Durchsetzung entsprechender Lösungen zu erörtern und in praktisch-technischen als auch in politischen Handlungsvollzügen zu erproben.
Junge Menschen müssen auf die Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt vorbereitet werden. Aufgrund der generellen Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung sowie für die Integration des Einzelnen in die Gesellschaft kommt der erfolgreichen Eingliederung der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem eine Schlüsselrolle zu. Erwerbsarbeit soll vielfältige, unterschiedlich bewertete Erwartungen erfüllen: Materielle Basis für eine selbst verantwortliche Lebensführung, interessante und verantwortungsvolle Tätigkeiten, Herausforderung und Weiterentwicklung der persönlichen Fähigkeiten, materielle und soziale Anerkennung der beruflichen Leistung, beruflichen und sozialen Aufstieg, soziale Kontakte und vielfältige, auch über den unmittelbaren beruflichen Tätigkeitsbereich hinausgehende Anregungen, Einsichten und gesellschaftliche Anerkennung.
In allen Industriegesellschaften findet gegenwärtig ein gravierender technologischer, wirtschaftlicher und sozialer Strukturwandel statt. Dieser Wandel verändert auch die individuellen und gesellschaftlichen Erfahrungen von Arbeit, beschleunigt durch den umfassenden Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Mit der Informatisierung der Arbeit deutet sich das Risiko einer beschleunigten Individualisierung in der Gesellschaft an. In flexibleren Arbeitszeitregelungen, der Auflösung von Regelarbeitszeiten in Betrieben und vielfältigen, zum Teil ungesicherten Arbeitsverhältnissen kommt die Individualisierung von Arbeit zum Ausdruck - mit einschneidenden Auswirkungen auf die kollektive Interessenvertretung und die Mitgestaltung von Arbeitsorganisation durch die Beschäftigten. Bezogen auf die Arbeitsorganisation beginnt die bisher in vielen Wirtschaftsbereichen dominierende hochgradige Arbeitsteilung aufzubrechen mit einer Tendenz, stärker ganzheitliche und integrierte Arbeitsprozesse zu realisieren. Im Produktionsbereich geht die direkt produktionsbezogene Herstellungsarbeit zurück, statt dessen nehmen indirekt planende, steuernde und kontrollierende Arbeiten zur Systembetreuung zu.
Im Dienstleistungsbereich entstehen Arbeitstätigkeiten, die durch eine höhere Komplexität, die Erweiterung der Aufgaben zu komplizierten Sachverhalten gekennzeichnet sind. Die Hauptqualifikation für eine Gestaltung solcher Arbeitssituationen ist die Fähigkeit zum strategischen Umgang mit Informationen. Dies setzt gute Fachkenntnisse, analytische Fähigkeiten, intellektuelle Flexibilität und gute kommunikative Kompetenzen voraus.
Ausbildung und Arbeit wird deshalb von Jugendlichen - neben Partnerwahl und Familiengründung - als entscheidender Schritt für ihr Erwachsenwerden betrachtet. Im Leben des einzelnen Menschen bildet die Erwerbstätigkeit den Rahmen für die Gestaltung eines großen Teils der Lebenszeit. Die Mehrheit der Bevölkerung bestreitet ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen für abhängige Erwerbsarbeit. Wegen der seit Jahren bestehenden Massenarbeitslosigkeit sorgen sich die Menschen um ihre Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Arbeitslosigkeit, gerade auch unter Jugendlichen, bleibt auf absehbare Zeit ein zentrales Problem unserer Gesellschaft. Vor allem weniger qualifizierte Jugendliche mit schlechten oder niedrigeren Bildungsabschlüssen sind betroffen. Auf dem Arbeitsmarkt werden für einfache Tätigkeiten immer weniger Arbeitsplätze angeboten. Ungelernte Arbeitskräfte sind deshalb besonders stark betroffen, weil auch die einfachen Tätigkeiten zu einem Drittel bereits von Absolventinnen und Absolventen mit beruflichem Abschluss übernommen werden. Das gilt für die Produktion ebenso wie für die primären Dienstleistungen, die direkt mit der Warenproduktion verbunden sind. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Fachkräften mittlerer Qualifikation in allen produzierenden Branchen.
Die Erwerbsarbeit ist und bleibt die wichtigste Quelle der Existenzsicherung. Dennoch: Mit steigender Produktivität ohne wachsende Absatzmöglichkeiten für die Produkte verringert sich der Anteil bezahlter Erwerbsarbeit in der Gesellschaft. Für die Menschen verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit, Nicht-Erwerbsarbeit und Freizeit. Im Betrieb, aber auch in der Familie, entwickeln sich neue anspruchsvolle und zum Teil irritierende Sozialisationsbedingungen für Heranwachsende. Jugendliche sind daher längst nicht mehr bereit, unreflektiert die Werthaltungen der Elterngeneration zu übernehmen. Flexible Arbeitsverhältnisse jenseits des sozial abgesicherten Normalarbeitsvertrages entstehen - zum Teil unsichere Arbeitsverhältnisse oder Formen der Selbstständigkeit. Gerade in diese Bereiche versuchen sich auch oft Jugendliche und junge Erwachsene einzubringen mit dem Ziel, eine sinnvolle Arbeit auszuüben und befriedigende Kommunikations- und Sozialbeziehungen aufzubauen.
In diesem tief greifenden Wandlungsprozess unserer Gesellschaft nimmt Bildung eine Schlüsselrolle ein. Mit dem Strukturwandel einher geht eine Expansion des Wissens. In einer wissensbasierten Wirtschaft ist die Produktivitätsentwicklung in immer stärkerem Maße von den "human ressources" abhängig und damit von Bildung, Forschung und innovativen Organisationsstrukturen.
Bildung ist heute eine strategische Größe: Nur mit guten Qualifikationen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Dauer eine Chance auf einen Arbeitsplatz und berufliches Fortkommen. Sie müssen dafür die notwendigen Entscheidungskompetenzen erwerben. Jugendliche müssen schon in der Schule Schlüsselqualifikationen erwerben, die im Berufsleben wichtig sind. Ein modernes Bildungssystem muss dem ebenso gerecht werden wie der Tatsache, dass sich die Qualifikationen in raschem Tempo verändern.
Berufsorientierung ist mehr als Anpassungsqualifizierung für die Belange der Wirtschaft. Als letzte verbliebene gesellschaftliche Einrichtung, die alle jungen Menschen erreicht, haben Schulen zudem eine wichtige Funktion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. In einer Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, die Gestaltung ihrer Lebensbereiche demokratisch zu legitimieren, hat Schule die Aufgabe, Einsicht in die sozialen, ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen zu geben. Jugendliche müssen darauf vorbereitet werden, an den Entscheidungen über die künftige Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Schulen können helfen, die Standards und Werte unserer Gesellschaft zu verbessern, damit Menschen nicht auf ihre ökonomische Verwertbarkeit reduziert werden. Dies schließt die Fähigkeit junger Menschen ein, die eigene Arbeitskraft selbstbestimmt "so teuer wie möglich" zu verkaufen.
In dieser Situation werden Schulen gebraucht, die Chancengleichheit und eine fundierte Bildung anstreben, damit alle jungen Menschen entsprechend ihrem "Lerntyp" ihre Talente und Potenziale entwickeln können. Es werden Schulen gebraucht, die es der jungen Generation ermöglichen, gleichermaßen konkurrenz- und solidaritätsfähig zu werden.
Arbeitsbezogene technische und ökonomische Inhalte stellen in diesem Zusammenhang zentrale Themen allgemeiner Bildung dar, mithilfe derer Heranwachsende auf das zukünftige gesellschaftliche Leben am Arbeitsplatz und anderen Orten vorbereitet werden. Veränderungen und Verschiebungen in der Arbeitswelt müssen von ihr wahrgenommen werden. Lehrerinnen und Lehrer müssen ihre pädagogische Kompetenz dafür einsetzen, dass Schülerinnen und Schüler in der Berufsorientierung und späteren Berufswahl bewusste Entscheidungen treffen können.
Dieses Bewusstsein sollte sich auf die Unterstützung des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins beziehen, in dem die Schülerinnen und Schüler gestärkt werden die Ausbildung anzustreben, die ihren Begabungen und Interessen entspricht und nicht zu früh Abstriche zu machen, nur weil der Markt sie in die Schranken weist.
Die Hinführung zur Wirtschafts- und Arbeitswelt wurde im Katalog vieler Schulrichtlinien festgeschrieben. Zur Entwicklung dieser Kompetenzen und von Ansätzen der Umsetzung im Unterricht sind vielfache Voraussetzungen geschaffen worden. Die meisten Haupt-, Real- und Gesamtschulen führen Schülerbetriebspraktika durch. Gleiches gilt in einigen Bundesländern für die Gymnasien. Und dieses Betriebspraktikum wird von den Schulen vielfach dazu genutzt, eine erste Berufsorientierung zu leisten.
Auf den ersten Blick passiert hier eine ganze Menge. Erschrecken muss jedoch
die Tatsache, dass sich die Jugendlichen immer noch auf bestimmte Ausbildungsberufe
beschränken und nicht ausreichend über die ganze Bandbreite der
mehr als 360 dualen Ausbildungsberufe informiert sind. Noch immer wird Berufsvorbereitung
und Berufsorientierung heute von den meisten Schulen als etwas angesehen,
was man zusätzlich leistet und wozu man eigentlich nicht da ist. Das
ist ein Irrtum.
Die eine große Hauptaufgabe von Schulen ist es, Schülerinnen und
Schüler bei der Berufsorientierung und bei der Berufseinmündung
zu unterstützen. Nicht als Ersatz des Arbeitsamtes, aber durchaus in
Kooperation mit dem Arbeitsamt und in ganz enger Kooperation mit den Betrieben.
Deshalb muss auch gefragt werden, ob es nicht zu spät ist, wenn die Kooperation
erst bei Jugendlichen mit 14 oder 15 Jahren beginnt.
Der berufsorientierende Unterricht muss die herausragende Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung zum Inhalt haben. Schülerinnen und Schüler müssen Kenntnis über die Handlungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten zur Realisierung ihrer Lebenspläne im Beschäftigungssystem und für dessen Mitgestaltung erhalten. Sie sollen darüber hinaus Einsichten über die Möglichkeiten einer eigenverantwortlichen, sachkundigen und persönlichkeitsbezogenen Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Studium und die folgende berufliche Laufbahn erwerben. Letztendlich gilt es, die politische Gestaltung des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems und der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu verstehen.
In der Berufsorientierung sind deshalb folgende Leitfragen zu beantworten:
Um diese Fragen beantworten zu können, um sie mit der Lebenswirklichkeit verbinden zu können, bedarf es einer aktiven Auseinandersetzung und damit einer Öffnung des Unterrichts. Im berufsorientierenden Unterricht - aber nicht nur dort - brauchen wir einen verstärkten Praxisbezug. Lernen soll und kann kein geschlossenes Weltbild ergeben, sondern verschiedene Zugänge zur Realität zeigen. Dieses Verständnis von Lernen liegt jedoch bisher vielfach quer zur curricularen Praxis in Schulen. Dort findet sich noch oft die Vorstellung eines geschlossenen Wissenskanon, der sich vom traditionellen Lernbegriff aus begründet. Die Orientierung ist hier das überprüfbare Wissen. Die Lernprozesse selbst, die Entwicklung von Interessen und die Erweiterung von Handlungskompetenz einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden sozialen Erfahrungen werden darin vernachlässigt.
Gerade die Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt, dass Anwendungsbezug
und Praxisorientierung viel stärker zum schulischen Alltag gehören
müssen: gegen die herrschende Form der lehrerfixierten Wissensvermittlung
optiert eigenverantwortliches, selbst gesteuertes Lernen, gegen einen Unterricht
im 45-Minuten-Takt spricht alles für einen projektorientierten Lernzusammenhang,
gegen die Vermittlung von bloß abstrakten Wissensinhalten sind praxisbezogene
und projektorientierte Formen der Wissensvermittlung zu setzen, gegen die
fortschreitende Verdichtung der Stoffpläne wird die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
benötigt.
Dies ist dann auch eine wesentliche Voraussetzung für ihre spätere
berufliche Karriere.
Schule bewegt sich nicht im luftleeren Raum, sondern muss auch mit ihrem
gesellschaftlichen Umfeld, dem Stadtteil, der Region besser vernetzt werden.
Neue Arbeitsformen gelingen nur dort, wo vor Ort Eltern, Vereine, Betriebe,
Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen aktiv mitwirken.
Es gilt, die Kooperation mit außerschulischen Experten zu verstärken.
Neue Beteiligungsformen und Initiativen hängen allerdings auch von der
Bereitschaft ab, Schulen nicht allein zu lassen. Es ist eigentlich eine unmögliche
Situation; die Schule ist eine der wichtigsten Einrichtungen unserer Gesellschaft,
aber der größte Teil der Gesellschaft hat nach dem Verlassen der
Schule nichts mehr damit zu tun. Das muss sich ändern. Wir können
nicht einseitig Motivation und Engagement von den Lehrerinnen und Lehrern
und den Schülerinnen und Schülern erwarten.
Die Anforderungen, die von außen an die Schule gestellt werden, stoßen
nur dann auf Akzeptanz, wenn auch die Bereitschaft zur Kommunikation und Kooperation,
zur Hilfe und Mitarbeit vorhanden ist.
Immer wieder hört man die Frage: Sind Schülerinnen und Schüler, ist die Schule fit für die Arbeitswelt? Dies muss natürlich auch für den Umkehrschluss gelten. Ist die Arbeitswelt eigentlich fit für die Schülerinnen und Schüler? Wirtschaft und Unternehmen müssen sich anders als bisher öffnen. Es geht nicht nur darum, ein breiteres Verständnis über das Wirtschafts- und Beschäftigungssystem in der Schulwelt zu verankern. Es geht in der Wirtschaft gleich wichtig darum, dies auf dem Weg über die Bereitschaft einer selbstkritischen Grundhaltung zu fördern.
Für den Ernstfall Arbeitswelt-Schule bedeutet das für den DGB [1],
sich eben nicht nur mit wohlfeilen Ratschlägen an der Debatte zu beteiligen,
sondern mit inhaltlichen und handfesten Angeboten zur verbesserten Berufsorientierung
einen Beitrag zu leisten.
Deshalb haben wir bundesweit ein Unterrichtsprojekt auf den Weg gebracht,
das sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Schulen gleichermaßen
richtet.
Ziel ist es, insbesondere die Berufsorientierung und Berufswahlwahlkompetenz der Jugendlichen zu fördern und auf eine sich ständig wandelnde Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten. Dazu sind nicht nur 10 Themenhefte für Schülerinnen, Schüler und Lehrekräfte veröffentlicht worden, sondern es wird auch parallel ein interaktiver Dialog via Internet für Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Schulen angeboten. Lehrende und Lernende werden ausdrücklich ermutigt, selbst gestaltend in die Wirklichkeit von Schule und Unterricht einzugreifen. Deshalb werden auch keine curricular geschlossenen Themen vorgestellt. Angeboten werden vorstrukturierte Print- und Online-Materialien, die arbeitsweltbezogene Konfliktlagen verdeutlichen und Raum für schüler- und handlungsorientierte Lernprozesse eröffnen.
Unter der Adresse www.workshop-zukunft.de [2] wurde eine Lernwelt im Internet eingerichtet. Aktuelle Entwicklungen in Arbeitswelt und Sozialleben werden für den Unterricht schülerorientiert vorbereitet. Die interaktiven Mitmach-Projekte ermöglichen innovative Formen selbstbestimmten Lernens und Lehrens. Zentrale Schlüsselqualifikationen für das spätere Berufsleben wie Medienkompetenz, Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit können hier erworben werden. Ein weiteres Ziel der Mitmach-Projekte ist es, die Vernetzung von Schule und Arbeitswelt zu fördern. Über die Kommunikation im Netz können die Schulen mit relativ geringem Aufwand Kontakt zu Expertinnen und Experten der Arbeitswelt knüpfen. Per E-Mail oder im Chat können die Schülerinnen und Schüler Fragen stellen und Probleme diskutieren.
"Workshop Zukunft" setzt auf die Öffnung von Schule. Außerschulische Lernorte - Betriebe, Gewerkschaften, Verbände, Arbeitsämter - sollen intensiv in den Unterricht einbezogen werden, sei es virtuell oder in der persönlichen Kommunikation. Die Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt, die Kooperation mit außerschulischen Expertinnen und Experten soll Jugendliche frühzeitig für die Anforderungen, Interessen und Konflikte in der Arbeitswelt sensibilisieren.
Berufsorientierung ist kein "heiteres Beruferaten". Sie ist mehr als Anpassungsqualifizierung. Berufsorientierung leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Lebensorientierung. Jungen Menschen muss deutlich werden, dass Zukunft und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandel- und gestaltbar sind. Berufsorientierung zielt auch darauf ab, sich mit den gesellschaftlichen Aspekten von Arbeit und Beruf in der persönlichen Lebensplanung auseinander zu setzen.
Schule darf nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden - dieser Satz hat lange Zeit als pädagogisches Leitmotiv gegolten und gilt immer noch. Gleichzeitig gilt aber auch: Ziel aller Bildung ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Leben zu gestalten und die Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Dazu gehört für jeden Einzelnen auch, arbeits- und erwerbsfähig zu werden, und zur Gesellschaft gehört als elementarer Bereich die Arbeitswelt und mit ihr die Berufsorientierung. Diese Erkenntnis umzusetzen und die Distanz zwischen den Systemen abzubauen, ist dringende Aufgabe für die Bildungspolitik und alle Beteiligten.
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung [3] und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Berufsorientierung ist kein "heiteres Beruferaten". Sie ist mehr als Anpassungsqualifizierung. Berufsorientierung leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Lebensorientierung. Jungen Menschen muss deutlich werden, dass Zukunft und Gesellschaft durch die aktive Teilnahme jedes Einzelnen wandel- und gestaltbar sind. Berufsorientierung zielt auch darauf ab, sich mit den gesellschaftlichen Aspekten von Arbeit und Beruf in der persönlichen Lebensplanung auseinander zu setzen.
Schule darf nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden - dieser Satz hat lange Zeit als pädagogisches Leitmotiv gegolten und gilt immer noch. Gleichzeitig gilt aber auch: Ziel aller Bildung ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, ihr Leben zu gestalten und die Gesellschaft verantwortlich mitzugestalten. Dazu gehört für jeden Einzelnen auch, arbeits- und erwerbsfähig zu werden, und zur Gesellschaft gehört als elementarer Bereich die Arbeitswelt und mit ihr die Berufsorientierung. Diese Erkenntnis umzusetzen und die Distanz zwischen den Systemen abzubauen, ist dringende Aufgabe für die Bildungspolitik und alle Beteiligten.
Dieser Beitrag ist entstanden auf Anregung der wissenschaftlichen Begleitung des Programms "Schule - Wirtschaft/ Arbeitsleben". Das Programm wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung [3] und durch den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union. Der Inhalt liegt in der Verantwortung des Verfassers bzw. der Verfasserin.
Links
[1] http://www.dgb.de/
[2] http://www.workshop-zukunft.de/
[3] http://www.bmbf.de/