Im Rahmen der Umstellung auf eine neue Steuerung im deutschen Bildungswesen
wird die herkömmliche Inputorientierung um Elemente der Outputkontrolle
ergänzt. Die Entwicklung von Standards und die Überprüfung der
Standarderreichung sind zentrale Elemente in diesem bildungspolitischen Reformprozess.
Bildungsstandards – so die Hoffnung – können den Lernenden
ebenso wie den Lehrenden Orientierung stiften, indem sie Transparenz über
die erwarteten Leistungen herstellen. Sie sind – für alle gleichermaßen
verbindliche – Zielvorgaben. Damit fördern sie nicht nur den pädagogischen
Zielsetzungsprozess, sondern sorgen darüber hinaus auch für ein Mindestmaß
an Gleichheit der Abschlüsse und schützen vor Beliebigkeit.
Die Deutsche Gesellschaft für Ökonomische Bildung (DeGöb) hat
im Mai 2004 ein Kompetenzmodell und – darauf aufbauend – abschlussbezogene
Bildungsstandards für die ökonomische Bildung für den mittleren
Schulabschluss veröffentlicht. Damit liegt ein erster Entwurf vor, der
all die Unterrichtsfächer auf den bildungspolitischen Paradigmenwechsel
von der Input- zur Outputsteuerung vorbereiten soll, in denen die ökonomische
Bildung curricular verankert ist.
Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen deutschlandweiten Studienreformen
stellt sich nun auch die Frage, ob und wie Standards für die Lehrerbildung
definiert werden können. Zur Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung
im Rahmen der ökonomischen Bildung hat sich im Anschluss an die DeGöb–Jahrestagung
im März 2005 auf Initiative von Andreas Fischer eine Arbeitsgruppe gebildet,
deren Aufgabe es ist, einen Entwurf für ein Memorandum "Lehrerausbildung
und ökonomische Bildung im BA und MA" zu erarbeiten(2).
In einem solchen Memorandum ist unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen
des Bolognaprozesses und der bildungstheoretischen Zielsetzungen einer ökonomischen
Bildung die Frage zu beantworten: Was sollen Lehramtsstudierende in der ökonomischen
Bildung am Ende ihres Studiums wissen und was sollen sie können? Mit anderen
Worten: Lassen sich – auch über die Grenzen von Bundesländern
hinweg – Standards formulieren, denen eine professionelle Ausbildung von
Lehrkräften der ökonomischen Bildung folgen sollte? Um die Auseinandersetzung
mit dieser Fragestellung geht es in dem vorliegenden Diskussionsbeitrag.
Vorweg vier grundsätzliche Anmerkungen:
- Die Möglichkeit, sich zu Standards der Lehrerbildung äußern
zu können, verführt dazu, Schule, Unterricht und Lehrerbildung neu
erfinden zu wollen (vgl. z.B. DIHK 2005). So sehr
dies manchmal angebracht erscheint – dies ist nicht unser Anliegen.
Ansätze für Standards in unserem Beitrag haben nicht die Veränderung
der Schulorganisation zur Voraussetzung. Sie beziehen sich auf eine Lehrerbildung
in gestufter Form (Bachelor– und Masterstudiengänge), die in Deutschland
in naher Zukunft die Regel sein wird.
- Standards in der Lehrerbildung orientieren sich an Kompetenzen, die eine
Lehrkraft haben sollte. Da die Lehramtsausbildung in Deutschland in zwei Phasen
verläuft (Universität bzw. Hochschule sowie Vorbereitungsdienst(3)),
verbinden sich die erwünschten Kompetenzen sinnvollerweise mit dem ‚fertigen'
Lehrer nach der zweiten Phase. Dennoch erscheint es insbesondere aus praktischen
Überlegungen heraus sinnvoll, beide Ausbildungsphasen, die vielfach institutionell
getrennt voneinander ablaufen, unter dem Gesichtspunkt der Standardsetzung
gesondert zu betrachten (vgl. dazu auch Terhart 2002).
Unsere Vorschläge für Standards beziehen sich daher allein auf die
universitäre Ausbildung der ersten Phase und verbinden sich mit dem Status
der werdenden Lehrkräfte, so wie sie von den Universitäten und Hochschulen
an die Studienseminare und Schulen als Träger der zweiten Ausbildungsphase
übergeben werden. Diese erste Phase enthält neben den erziehungswissenschaftlichen
und ersten schulpraktischen Elementen fachwissenschaftliche und fachdidaktische
Bestandteile.
- Die Frage, was ein Lehrer können soll, ließe sich ganz einfach
beantworten: er soll in der Lage sein, Lehr–Lern–Prozesse zu initialisieren,
die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, die mit der Schulbildung
angestrebten Kompetenzen und Bildungsstandards zu erreichen. Diese Feststellung
ist zwar richtig, sie hilft jedoch für sich genommen nicht wirklich weiter,
denn sie sagt noch nichts darüber aus, welche konkreten Kompetenzen eine
Lehrkraft in ihrer Ausbildung erwerben und welche Standards sie erreichen
sollte. Aus diesem Grund gibt es in dem vorliegenden Papier auch keine direkten
Bezüge oder Verweise bspw. zu den DeGöb–Bildungsstandards
für den mittleren Schulabschluss.
- Im Zuge der Umstellung auf konsekutive Lehramtsstudiengänge gibt es
in der Lehrerbildung unterschiedliche Studienstufen (BA/MA) mit wiederum
unterschiedlichen Modellen (zwei gleichberechtigte Fächer/ Major–Minor)
und unterschiedlichen Lehramtsabschlüssen (nach Schulstufen
bzw. nach Schulformen). Der vorliegende Vorschlag versteht sich als ein Versuch,
einheitliche Bildungsstandards für ein Lehramtsstudium in der ökonomischen
Bildung vorzulegen. Es wird noch zu klären sein, ob diese einheitlichen
Standards spezifischer Modifikationen bedürfen, ob zum Beispiel unterschiedliche
Varianten für die Sekundarstufe I und für die Sekundarstufe II konzipiert
werden müssen.
Im Folgenden sollen zunächst die hochschulpolitischen und die bildungstheoretischen
Rahmenbedingungen für die Konzeption von Standards für die Lehrerbildung
in der ökonomischen Bildung dargelegt werden. Daran anknüpfend stellen
wir unseren Entwurf dar und erläutern die sich daraus ergebenden Konsequenzen
für die Konzeption von Studiengängen. Abschließend veranschaulichen
wir die theoretischen Ausführungen exemplarisch an dem in Münster
bereits akkreditierten Bachelor ‚Ökonomik' und den dazu geplanten
Masterstudiengängen.