Bei einer Analyse der Berufsdefinitionen und -vorstellungen wird die 
    Vielschichtigkeit sehr deutlich (siehe Übersicht 1). 
    So scheint die Berufszugehörigkeit viele gesellschaftliche Strukturen 
    abzubilden und die Allokation des Individuums in der Gesellschaft weitgehend 
    zu bestimmen. Folgende Aspekte erscheinen besonders relevant: (vgl. Übersicht 
    1)
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| Autor/ Quelle | wesentliche Elemente/ Aspekte der Definition | 
| M. Weber (1925) |  Die durch Spezifizierung und (eine typische) Kombination abgehobene 
          Leistung einer Person, die Basis einer kontinuierlichen Versorgungs- und Erwerbschance ist
 | 
| Berufspädagogische Deutungen   nach H.A. Hesse 
 |  Beruf als Chance zur Persönlichkeitsbildung und -entfaltung die aus freien Stücken, der Eignung und Neigung folgend, übernommene 
          Aufgabe durch deren Erfüllung das Individuum der Gemeinschaft dient
 | 
|  nach W. Voigt (1975) (in Anlehnung an M. Weber, 1925)
 |  die durch Spezifizierung und eine typische Kombination abgehobene 
          Leistung einer Person die Chancen zur Eingliederung in gesellschaftliche Positionen, Normen 
          und Strukturen bietet aber die Fähigkeit zu kritischer Distanz und Veränderung 
          der Strukturen einschließt und die Basis für eine kontinuierliche Versorgung darstellt.
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|  nach H. Blankertz
 |  Medium der Bildung· Erwerbschance Kombination von Tätigkeiten
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|  nach W. Arnold
 |  wertorientierte und gesinnungsmäßige Erfüllung einer 
          Leistungsaufgabe
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| nach A. Fischer
 |  Arbeit als Zwang, Spiel, Pflicht, Gemeinschaftsdienst, Gottesdienst
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| nach A. Huth
 |  Berufsidee ist an zwei leitende Begriffe gebunden: Eignung und Leistung
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| Th. Scharmann (1956) |  Entgeltliche Dienstleistung zur Befriedung materieller und geistiger 
          Bedürfnisse sie wird kontinuierlich erbracht aus freien Stücken übernommen (nach Eignung/Neigung) ist spezialisiert und wird erlernt
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| E. Ulrich, M. Lahner (1970) | Drei Aspekte werden genannt:  der wirtschaftliche Aspekt: Die Tätigkeit, die dem Beruf zugrunde 
          liegt, dient dem Lebensunterhalt und dem Erwerb von Gütern der fachliche und stoffliche Aspekt: Das Arbeitsgebiet, die Aufgabe 
          und das Ergebnis der Arbeit sind festlegbar und gegenüber anderen 
          Aufgaben, Arbeitsgebieten und Arbeitsergebnissen abgrenzbar der "Blumenstrauß"-Aspekt: Die Aufgaben, die Funktionen, 
          die Tätigkeiten und Verrichtungen sind mehr oder weniger vollkommen 
          gruppiert. Wesentlich ist, dass die Kombination ein bestimmtes charakteristisches 
          oder institutionell festgelegtes Bild ergibt
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| H.A. Hesse (1972) | Beruf als "Vorgabe" (der Gesellschaft) - als Aktivitätsrahmen, 
        den das Individuum vorfindet und mitgestaltet  Beruf als planvoll konstruiertes Muster das der Qualifizierung und dem Tausch von Arbeitskraft dient
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| H. Hartmann  (bei Luckmann u. Sprondel, Hrsg., 1972) 
         in Erweiterung des Ansatzes von H. Daheim |  Beruf als Prozess und als Interaktionsfeld als kontinuierliche Veränderung der Dimensionen "Wissen" 
          (Qualifikation) und "soziale Orientierung" wobei bezogen auf die Fixpunkte "Arbeit", "Beruf" 
          und "Profession" typische Ausprägungen (Kombinationen) 
          entstehen
 | 
| M. Brater (1975) |  Kombination von Arbeitsfähigkeiten, über die Berufsinhaber 
          verfügen sie werden in speziell strukturiertes Arbeitsangebot eingebracht Ausdruck der gesellschaftlichen Realität und damit Organisationsform 
          gesellschaftlicher Arbeitsteilung
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| G. Büschges (1975) | Drei Dimensionen sind zu unterscheiden:  das in der beruflichen Sozialisation erworbene Arbeitsvermögen 
          (die Berufsqualifikation) die aufgrund vorherrschender Formen gesellschaftlicher Arbeitsteilung 
          entstehenden Berufspositionen die am Arbeitsmarkt nachgefragten, an person- und organisationsspezifischen 
          Merkmalen orientierten Berufsmuster (Kombinationen)
 | 
| J. Kühl, L. Pusse, B. Teriet, E. Ulrich (1975) |  Beruf als Bündelung von Arbeitskräfteprofilelementen zu 
          einer Einheit
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| DDR-Arbeitskräftesystematiken (1978) | Beruf = Komplex von Voraussetzungen - Kenntnisse, Fähigkeiten 
        und Fertigkeiten -,  der zur Ausführung gesellschaftlich notwendiger Tätigkeiten 
          auf einem bestimmten Arbeitsgebiet erforderlich und durch Berufsart und Berufsniveau gekennzeichnet ist.Tätigkeit 
          = Teil der gesellschaftlichen Gesamtheit, die ein Werktätiger im 
          Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung überwiegend verrichtet
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| R. Crusius, R.M. Wilke (1979) |  Beruf als interessenbezogenes Kriterium für das individuelle 
          und kollektive Handeln der abhängigen Beschäftigten und ihrer 
          Gewerkschaften, das dem Rentabilitätsprinzip des Kapitals entgegengesetzt 
          werden kann
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| U. Beck, B. Brater, H. Daheim (1979) |  Beruf ist Kristallisationspunkt der beruflichen Identität Struktur und Gliederungsprinzip der Gesellschaft Kompetenzdomäne
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| Amtliche Berufsklassifizierung (Statistisches Bundesamt Wiesbaden  1961, 1970, 1975, 1992) |  (von der Arbeitsaufgabe her) bestimmte Verrichtungskombination die zu charakteristischer Bündelung personaler Fertigkeiten 
          und Erfahrungen führt auf Erwerb ausgerichtet ist wodurch der Einzelne zur Leistung der Volkswirtschaft beiträgt
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| H. Maier (1996) |  ursprünglichste Form dessen, was heute "lebenslanges Lernen" 
          bedeutet
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Quelle: von Henninges, H., Stooß, F., Troll, L., Berufsforschung im IAB: 
  In MittAB 1/1976, Seite 5 (veränderte und erweiterte Wiedergabe 1998)
  
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  | | | Attribute/ Befriedigungsangebote | Berufswahl-Komponenten | Arbeitslose diskriminierende Elemente |  | Einen Beruf auszuüben heißt: | Am Ende der Berufsausbildung entscheidet 
                  sich... | Diskriminiert sind Arbeitslose durch... | 
 | 
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| | eine Arbeitsaufgabe dauerhaft übernehmen, 
            etwas Sinnhaftes tun | wer in der Berufsarbeit den Mittelpunkt 
            seiner Lebensbeziehungen findet | das Fehlen einer Aufgabe, keine sinnvolle, 
            anerkannte Arbeit haben |  | spezifischen Anforderungen gerecht werden, 
            nach denen sich Berufe voneinander unterscheiden | wer durch Weiterlernen Zugang zu neuen 
            Tätigkeitsfeldern (Zukunftsberufen) erhält | nicht ausgelastet sein, seine Kräfte, 
            Wissen und Können nicht anwenden und nutzen können (fehlende 
            Selbstbestätigung) |  | eingebunden sein ins soziale Netz durch 
            Rechtsansprüche | welcher soziale Status erreichbar ist und 
            wie er verbessert werden kann | angewiesen sein auf "Sozialleistungen" 
            (Gefahr sozialen Abstiegs!) |  | über eigenes Einkommen frei verfügen 
            können | welche Perspektiven sich eröffnen, 
            ein adäquates Einkommen zu erzielen | kein selbst erarbeitetes Einkommen zur 
            freien Verfügung haben |  | seine berufliche Position verbessern, ggf. 
            weit über den Berufsstart hinaus | wer mit/ohne Weiterbildung in höhere 
            Positionen aufsteigen kann | fehlende Berufsperspepktiven, "Entfremdung 
            vom Beruf", Ungewißheit, ob Rückkehr in den Beruf 
            gelingen wird |  | anerkannt und sozial integriert sein, darauf 
            soziale Kontakte aufbauen und pflegen | wer "Beruf" in seiner Ganzheit, 
            mit all seinen Attributen erfährt | Verlust sozialen Ansehens, Gefährdung 
            der sozialen Integration (Isolation!) |  | eine gefragte Qualifikation haben und sie 
            bei der Berufsarbeit laufend aktualisieren | wer seine Qualifikation anwenden/aufstocken 
            und so mit der Entwicklung Schritt halten kann | Risiko, den Status einer qualifizierten 
            Fachkraft bzw. den Anschluß zu verlieren (Dequalifizierung!) |  | Berufliche und persönliche Identität 
            aufbauen, sich selber verwirklichen, teilhaben an der Fortentwicklung 
            des Berufsbildes | wer im Beruf personale Identität und 
            soziale Anerkennung (Ansehen) gewinnt bzw. seinen Lebensmittelpunkt 
            woanders suchen muß | Gefährdung personaler Identität, 
            nicht mehr teilhaben an der Fortentwicklung der Berufemuster | 
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