Petra Luise Schmitz
Inhalt
Motivationsbrücken schaffen
Unterrichtsanregung: Annäherung an Europa per E-Mail und Internet
Vorgehensweisen
Erste Themenerarbeitung (Internet-Recherche)
Zweite Themenerarbeitung (Austausch über E-Mail)
Bestellung der Materialien und weitere Informationen
Zur Autorin
Europa ist in der Politik wie im Unterricht ein schwieriges Thema und stellt hohe Anforderungen an die Vermittlungskompetenz. Schaut man in die Schulbücher, stellt sich als Hauptproblem der vorhandenen Unterrichtsmaterialien die Dominanz der Institutionenkunde heraus. Dies gilt insbesondere für die Sekundarstufe II. Oft fehlt es an Unterrichtsmaterial, das auch emotionale Motive für das Lernen über Europa anbietet. Ein fächerübergreifendes Projekt des Adolf-Grimme-Instituts versucht, diese Lücke zu füllen.
Das Adolf-Grimme-Institut hat die Frage: "Was wissen wir von den Einstellungen unserer Nachbarn über Europa?" zum Ausgangspunkt genommen, um auf der Grundlage einer Presseanalyse unterschiedliche Haltungen zu und Erwartungen an Europa darzustellen. Dabei spielen verschiedene Ebenen der Annäherung eine Rolle: Neugier, spontane Vergleiche mit der eigenen Situation, die Auseinandersetzung mit Stereotypen im Blick auf die Nachbarländer, Überraschung über Differenzen. Sie sind das emotionale Unterfutter für ein Thema, das in der Regel als äußerst abstrakt wahrgenommen wird. Der interkulturelle Vergleich ist eine Motivationsbrücke, um das Thema "Europa" attraktiver zu gestalten. Schülerinnen und Schüler sollen lernen, dass
- ihre Einstellungen zu Europa nur einige von vielen anderen in Europa sind,
- sich die eigenen Einstellungen als solche identifizieren und nachvollziehbar darstellen lassen,
- die europäischen Nachbarstaaten bedenkenswerte Lösungen und Modelle für gemeinsame Probleme anbieten können,
- erst ein transnationaler Austausch die Dimensionen der europäischen Integration vertieft und die Europapolitik des eigenen Landes einordnen hilft.
Motivationsbrücken schaffen
Das zweite Anliegen des Adolf-Grimme-Projektes war es, das Thema "Europa" interdisziplinär zu verankern. Die mehrsprachige Auswertung europäischer Berichterstattung wird begleitet von der Präsentation exemplarischer Artikel in der jeweiligen Landesssprache. Daher bietet es sich an, "Europa" nicht nur im Fach Sozialwissenschaften/Politik zu behandeln, sondern auch während einer Lektürestunde oder der Texterarbeitung im Fremdsprachenunterricht. Nahe liegt die Kombination des Themas "Europa" mit dem Sprachenlernen auch im Bereich der Landeskunde (z.B. durch Unterrichtsstunden zu Themen wie "Großbritanniens Rolle in Europa", "Die Europabegeisterung der Franzosen - woher kommt sie?").
Als dritte Motivationshilfe für die Beschäftigung mit den Nachbarn und deren Einstellungen zu Europa dienen die neuen Medien, die als Recherchemittel und als Austauschmedium mit Lerngruppen in anderen Ländern im Unterricht eingesetzt werden können. In zwei Materialienbänden "Die Anderen in Europa" (1996) und "Schlüssel zum Nachbarn" (1997) hat das Adolf-Grimme-Institut die unterschiedlichen Einstellungen zu Europa beschrieben und dokumentiert. Einbezogen wurden die Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Polen sowie in einer zweiten Analyse Schweden und Spanien. Die Presseauswertungen sind nach Ländern geordnet und in Themenkapiteln, u.a. zur Finanz- und Wirtschaftspolitik oder zur sozialen Lage in Europa, präsentiert.
In "Schlüssel zum Nachbarn" finden sich im Anhang einige Vorschläge für Oberstufenprojekte und für die Erwachsenenbildung, die auf eine Verknüpfung des Materials mit weiteren Lerninhalten und Lernzielen angelegt sind. Ein Unterrichtsbeispiel für die berufliche Bildung, entwickelt vom National Institute for Curriculum Development - SLO (Enschede), ist in einem Handbuch dokumentiert (Intercultural Perspective on Europe - Europa als Thema interkulturellen Unterrichts, http://www.grimme-institut.de/scripts/bildung/bildung.html).
Unterrichtsanregung: Annäherung an Europa per E-Mail und Internet
Ausführlich können die Materialien im Fach Sozialwissenschaften der Sekundarstufe II behandelt werden, etwa im Rahmen eines Projektes oder einer längeren Kurseinheit.
Motivation:
Die Lernenden sammeln Informationen darüber, was sie von den verbreiteten Einstellungen in ihrem Land und in anderen Ländern zur Europapolitik und zur europäischen Integration wissen. Sie stellen die Themen heraus, die sie im Moment für aktuell halten und zu denen sie mehr Informationen aus einigen anderen Ländern erhalten wollen. Ein Thema könnte beispielsweise sein: "Die Währungsunion bzw. der Euro".
Vorgehensweisen:
Bei beiden vorgeschlagenen Vorgehensweisen ist bilinguales Arbeiten, der Einsatz einer oder mehrerer Fremdsprachen als Arbeitssprache Voraussetzung, ebenso Kenntnisse im Umgang mit Internet und E-Mail. [/S. 27 :]
Die Nutzung der neuen Medien kann ebenfalls ein Unterrichtsziel sein. Es bieten sich zwei Themenerarbeitungen an:
- Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die Länderberichte aus dem Band "Schlüssel zum Nachbarn" und benennen die Unterschiede in den Einstellungen, Erwartungen und Befürchtungen bezüglich des "Euro" in verschiedenen Ländern. Sie erstellen eine Präsentation.
- Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten zusammen mit Lerngruppen in anderen Ländern das Thema für ihr jeweiliges Land und tauschen die Ergebnisse über E-Mail aus. Die Ergebnisse diskutieren sie untereinander per E-Mail. Sie präsentieren die Ergebnisse im Internet als Projektbericht oder Tele-Zeitung.
Erste Themenerarbeitung (Internet-Recherche)
Die am Projekt Beteiligten erarbeiten mit Hilfe der angebotenen Materialien den Stand der Diskussion in Deutschland und in den Ländern, die sie interessieren. Sie entwickeln weitere Fragestellungen und sammeln arbeitsteilig zusätzliches Material u.a. im Internet. In tagesaktuellen Artikeln aus den Online-Diensten deutscher und ausländischer Zeitungen verfolgen sie den Verlauf der aktuellen Diskussion. Die zuvor erstellten Länderberichte sowie einige ältere Artikel (Sammelauftrag zur Vorbereitung der Unterrichtseinheit im Vorfeld, da die Online-Archivrecherche oft kostenpflichtig ist) helfen dabei einzuschätzen, ob die aktuelle Diskussion und die bereits festgestellten Einstellungsunterschiede noch übereinstimmen oder differieren.
Rechercheansätze bieten learn:line (Links zu den Online-Diensten englischer Zeitungen) und die Web-Seiten des "Centre for Modern Languages" der Universität Hull mit Links zu französischen und spanischen Zeitungen (http://www.fredriley.org.uk/call/langsite/).
Natürlich lassen sich die Web-Seiten der großen europäischen Zeitungen auch direkt anwählen. Eine ergänzende Recherche auf den Web-Seiten von Banken (Adressen in Zeitungsannoncen, bei ausländischen Banken über Suchmaschinen) kann wichtige Hintergrundinformationen liefern. Bei ausländischen Institutionen ist eine Internet-Recherche aus Zeitgründen angebracht, in Deutschland kann man auch Broschüren etc. einbeziehen.
Die Jugendlichen stellen ihre Ergebnisse in Form eines Readers oder einer (hypermedialen) Präsentation zusammen und diskutieren die Ergebnisse. Fragestellungen der Präsentation können beispielsweise sein:
- Welche unterschiedlichen Einstellungen der Bevölkerungen zum "Euro" gibt es?
- Welche Unterschiede in der Bewertung der Währungsunion (ihrer Vorteile, ihrer Nachteile) lassen sich in den verschiedenen Ländern feststellen?
- Welche Unterschiede sind besonders überraschend oder irritierend?
- Welche Maßnahmen müssen auch noch nach der Euro-Einführung ergriffen werden, damit eine gemeinsame Währung in Europa akzeptiert werden kann?
Zweite Themenerarbeitung (Austausch über E-Mail)
Falls bereits ein E-Mail-Kontakt mit anderen Schulen besteht, können die Schülerinnen und Schüler ihr Thema in Kooperation mit Klassen aus anderen Ländern bearbeiten. Die in Deutsch, Englisch und Französisch vorliegenden Materialbände des Adolf-Grimme-Instituts lassen sich dabei als gemeinsame Grundlage für Fragestellungen und Arbeitsaufträge nutzen.
Die Lernenden recherchieren die Positionen zum "Euro" und zur Währungsunion im eigenen Land mit Hilfe weiterer Quellen, die sie auch aus dem Internet zusammenstellen (siehe "Erste Themenerarbeitung"). Die Arbeitsergebnisse werden in Berichten zusammengestellt und über E-Mail mit den anderen Lerngruppen ausgetauscht.
Anschließend vergleichen die Jugendlichen die Berichte aus den anderen Ländern mit ihren eigenen Ergebnissen, entwickeln Fragestellungen für eine Diskussion der Ergebnisse untereinander und stimmen diese via E-Mail ab (mögliche Fragestellungen finden sich am Ende des vorangegangenen Abschnitts). Die Diskussion erfolgt über E-Mail und vervollständigt bzw. korrigiert die zuvor ausgetauschten Arbeitsberichte.
Die Klasse erarbeitet eine Internet-Präsentation in Form einer Tele-Zeitung und stellt sie z.B. in einem Foyer von learn:line aus oder sie eröffnet ein Internet-Forum, um ihre Ergebnisse mit weiteren Schulen oder Lerngruppen zu diskutieren.
Bestellung der Materialien und weitere Informationen
Adolf-Grimme-Institut
Eduard-Weitsch-Weg 25
45741 Marl
Fax: (0 23 65) 91 89-89
Zur Autorin
Petra Luise Schmitz
Rundfunkjournalistin und Beraterin für Europaprojekte.
Josephstr. 59 a
44791 Bochum
Fax: (02 34) 5 83 98 89
<p Class="tnt"> Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen in: <a style="color: #660000;" href="http://www.friedrich-verlagsgruppe.de">Computer
und Unterricht</a> 8. Jg. 1998, H. 30, S. 26-27. <br>
(c) 2001 Petra Luise Schmitz, Bochum <br>
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals
in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:]. <br>
sowi-online dankt dem Verfasser für die freundliche Genehmigung zum "Nachdruck"
dieses Textes im Internet.<br>
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