Praxissemester Studienprojekte

Autor: Marcel Dick

Heterogenität und Vielfalt – Zwei Wörter, die auf den ersten Blick das gleiche zu meinen scheinen, jedoch gibt es einen Unterschied. Heterogenität meint die Verschiedenartigkeit, die Ungleichartigkeit, wohingegen Vielfalt die Fülle von verschiedenen Arten, Formen o. Ä. beschreibt. Ersterem steht die Homogenität, die Einheitlichkeit, gegenüber. Antonyme von Vielfalt sind bspw. die Monotonie oder die Gleichförmigkeit, je nach Kontext. Im Rahmen dieses Studienprojekts wurden Schüler_innen aus der gymnasialen Oberstufe zu ihren Verständnissen und Assoziationen zum Vielfaltsbegriff befragt, um Einblicke in die Konzepte und Vorstellungen zu (gesellschaftlicher) Heterogenität zu gewinnen. Dabei wurde sich des Konzepts der (Politik-)Didaktischen Rekonstruktion als Ausgangspunkt der Untersuchung bedient.

SS 17

Autor: Jan Handelmann

Betreuung: Gunnar Rettberg

Diese Ethnografie beschäftigt sich mit der Frage, wann Fälle im sozialwissenschaftlichen Unterricht (nicht) angewandt werden. Daran schließt unmittelbar die Frage an, was Lehrkräfte überhaupt als Fall definieren, wie Fälle im Unterricht behandelt werden und was als Problem bei der unterrichtspraktischen Umsetzung wahrgenommen wird. Als theoretische Rahmung wird das fachdidaktische Prinzip des Exemplarischen Lernens herangezogen. Durch die teilnehmende Beobachtung und informelle Gespräche im ethnografischen Forschungsdesign sowie durch das anschließende offene Codieren der Daten, konnten vor allem folgende Perspektiven gewonnen werden: Es gibt entlang der typischen bildungssoziologischen Perspektiven der Organisation, Selektion und Vermittlung von Wissen (Kalthoff 2012, 33) Probleme, die die Umsetzung von Fällen aus Sicht der Lehrkraft erschweren. Der normative Anspruch (Reinhardt 2010), Fälle als Umsetzung des Exemplarischen Lernens im Unterricht anzuwenden, wird vor allem dann erfüllt, wenn die Lehrkraft ihre Idealvorstellung der Schülerorientierung durch den Einsatz eines Falles als gegeben ansieht. Letztlich weist diese Arbeit auf das noch genauer zu bestimmende Verhältnis zwischen Fall, Beispiel und Exemplarischem Lernen hin.

SS 17

Autorin: Kim Isabella Hoyer

Betreuung: Karsten Riß

„Ich verstehe darunter irgendetwas aus der Zeit mit den Nazis. Es sind Leute, die gegen Ausländer sind.“ Aussagen wie diese lassen angehende Sowi-Lehrkräfte aufhorchen, denn es stellt sich zu Beginn eines neuen Themas immer wieder die Frage, was die SchülerInnen über das jeweilige Thema wissen bzw. mit welchen Vorstellungen sie in den Unterricht kommen. Im Rahmen der Kompetenzorientierung und der Entwicklung neuer Kernlehrpläne, wandelte sich das Ziel der Politischen Bildung allmählich von einer Inputorientierung mit Fokus auf der Wiedergabe fachwissenschaftlicher Aspekte, hin zu einer Outputorientierung, die ihre Adressaten und deren Lernprozesse verstärkt in den Blick nimmt.1 Die Forschung zu Präkonzepten setzt an dieser Stelle an und untersucht mithilfe qualitativer Forschungsmethoden die Sinnbildungskonzepte der SchülerInnen.

Im Rahmen des Praxissemesters im WS 2016/2017, wurden unter Berücksichtigung der Lehr-/Lernforschung, der Politischen Bildung und der Fachwissenschaft, Präkonzepte von SchülerInnen einer Realschule zum Themengebiet des Rechtsextremismus erforscht. Mithilfe eines Kombinationsverfahrens aus thematischer Zeichnung2 und offenen Fragebögen3 wurde nach dem Verständnis über den Rechtsextremismus, den Ursachen, den Orten, Strategien gegen rechts und einer Bewertung des Themas gefragt.

Wissenschaftliche Definitionsansätze zum Rechtsextremismus kennzeichnen sich oftmals durch sechs Kategorien, wie bspw. Rassismus, Sozialdarwinismus, Chauvinismus, etc. aus.4 Die Mehrzahl der SchülerInnen nennt hingegen lediglich 2-3 Merkmale. Der Fokus der SchülerInnen liegt auf einer engen begrifflichen Verbindung zum historischen Nationalsozialismus, „Ausländerfeindlichkeit“ und Gewalt.


  1. Vgl. Lutter, Andreas: Schülervorstellungen. In: Rheinhardt, Volker (Hg.): Forschung und Bildungsbedingungen. Handbuch für den sozialwissenschaftlichen Unterricht, Bd. 4, Hohengehren 2010, S. 74. ↩︎

  2. Vgl. Fischer, Sebastian: Rechtsextremismus – Was denken Schüler darüber? Untersuchung von Schülervorstellungen als Grundlage einer nachhaltigen Bildung, Schwalbach/ Ts. 2013, S. 38ff. ↩︎

  3. Vgl. Döring, Nicola/ Bortz, Jürgen: Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften, Berlin 2016, S. 399ff. ↩︎

  4. Vgl. Decker, Oliver u.a. (Hg.): Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2010, Bonn 2010, S. 18. ↩︎

SS 17

WS 16/17

Autorinnen: Heike Friedebold und Laura Düllmann

Betreuung: Gunnar Rettberg (Universität Bielefeld)

Auf Grundlage ethnografischer Daten beschäftigt sich diese Studie mit Kontroversität im Fach Sozialwissenschaften der Sekundarstufe II einer Schule. Kontroversität in der Schule hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen die Lehrkräfte und ihre Planung, ebenso die von ihnen eingesetzten Methoden und die daraus resultierende Raumgestaltung sowie das diesen Prozessen zugrundeliegende Material inklusive der Arbeitsaufträge. Die Unterrichtsstunden im Fach Sozialwissenschaften wirken in diesem Zusammenhang wie eine Inszenierung, vergleichbar mit einer Theateraufführung. Alle zuvor genannten Faktoren tragen zum Erfolg oder Misserfolg der Inszenierung bei. Ihr Beitrag zur Inszenierung von Kontroversität wird in dieser Studie in Beziehung zur fachdidaktischen Theorie analysiert und erklärt. Am Ende stellt sich Frage: Wie fallen die Rezensionen aus? Vorhang auf.

WS 16/17

Autoren: Katharina Stürmer und Daniel Keil

Betreuung: Karsten Riß (Universität Köln)

Vor dem Hintergrund der Pluralisierung der Lebensformen hat sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Familie verändert. Darauf basierend untersucht diese Studie mithilfe qualitativer Leitfadeninterviews SchülerInnen-Präkonzepte von Familie heute. In den SchülerInnenantworten lassen sich zwei Ebenen erkennen, entlang derer die Präkonzepte zu Familie kategorisiert werden. Während die biologische Konstellation die biologische Verwandtschaft der Familienmitglieder fokussiert, spiegelt die soziale Ebene abstraktere Konzepte wie emotionale Sicherheit, Fürsorge und soziale Gemeinschaft wieder. Die Mehrheit der befragten SchülerInnen lassen in ihren Antworten ein Verständnis eines weiter gefassten Familienbegriffs erkennen, der über die konventionelle Kernfamilie hinaus reicht. Obwohl die Vorstellungen der Rollenverteilung innerhalb der Familie die private und berufliche Arbeitsteilung der Elternteile erkennen lassen, beschränken sich die Vorstellungen des Lebens vor 100 Jahren vor allem auf die Aspekte des technologischen Fortschrittes sowie der Zunahme des materiellen Wohlstandes.

WS 16/17

Autorin: Hajer Dahech

Betreuung: Gunnar Rettberg (Universität Bielefeld)

Im durchgeführten Forschungsprojekt wurde der Frage „Trägt die Pro-Contra-Debatte als methodisch-didaktischer Zugang, also das bewusste Anlegen von Kontroversität, dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler sich besonders intensiv und fundiert mit einem Sachverhalt auseinandersetzen?“ nachgegangen. Dabei sollte das Prinzip der Kontroversität exemplarisch an einigen Schülertexten sowie Beobachtungen, die mittels der ethnografischen Arbeit erhoben wurden, aufgezeigt werden. Zur Beantwortung der eigentlichen Frage diente die didaktische Methode der Pro-Contra-Debatte als Indikator für „gelungene“ Kontroversität. Abschließend konnte die Frage, die zu Beginn der Arbeit aufgestellt wurde, anhand der dargestellten Ergebnisse positiv beantwortet werden. Die gewählte didaktische Methode der Pro-Contra-Debatte führte bei einem Großteil der Schülerinnen und Schüler zu einem beachtlichen Lernerfolg. Sie hatten sich intensiv im sachbezogenen Argumentieren geübt und alle Jugendlichen hatten dabei Fortschritte gemacht. Zusammenfassend hat die Pro-Contra-Methode aufgrund ihrer didaktischen Prinzipienvielfalt (Problemorientierung, Handlungsorientierung, Exemplarität, Schülerorientierung und Kontroversität) den Schülerinnen und Schülern unterschiedliche Zugänge zum Lerngegenstand eröffnet.

WS 16/17

Autor: Marius Schröter

Betreuung: Gunnar Rettberg (Universität Bielefeld)

Das Studienprojekt ist das Resultat eines schulhalbjährlichen Feldaufenthalts im schulischen Praxisfeld. Mithilfe ethnografischer Methoden wird der Frage nachgegangen, wie die Lehrenden unter Verwendung des fachdidaktischen Prinzips der Kontroversität Unterricht inszenieren und was als das „Kontroverse“ inszeniert wird. Das Kontroversitätsprinzip als Bestandteil des Beutelsbacher Konsens findet im Unterricht Anwendung und erfüllt somit dessen normativen Vorgaben. Die Lehrenden besitzen jedoch unterschiedliche Auffassungen – und Unterrichtspraktiken – darüber wie kontroverser Unterricht zu inszenieren ist. Eine hohe Verknüpfung mit anderen fachdidaktischen Prinzipien konnte erkannt werden (Problemorientierung, Aktualität). Der Kernlehrplan als thematisches und zeitliches Gerüst für den Unterricht wird teilweise als hinderlich festgestellt. Um dennoch Unterricht kontrovers gestalten zu können, werden aktuelle politische Themen integriert und die Rahmenvorgaben des Kernlehrplans ergänzt. Weitere Perspektiven und Positionen aus der „Wirklichkeit“ gelangen so in die Welt des Unterrichts. Auch didaktisch-methodisch wird lehrergesteuert kontroverser Unterricht inszeniert, beispielsweise durch externe Expertise oder tieferführende Analyse von Schulmaterialquellen.

WS 16/17