Politikdidaktik zwischen Netzeuphorie und Medienkritik Nüchterne Anmerkungen zum Mythos Multimedia im Internet

Reinhold Hedtke

Inhalt

  1. Das Internet
    1. Das Charakteristische am Internet
    2. Das Internet-Publikum
    3. Die Vorlieben der Netznutzer
  2. Interessen der politischen Bildung am Internet

Übersicht: Das Internet als Medium und Thema politischer Bildung

  1. Dem Internet zugeschriebene pädagogische Wirkungen
    1. Bessere Verfügbarkeit und höhere Aktualität von Informationen im Internet?
    2. Authentische, seriöse und relevante Informationen aus dem Netz?
    3. Interaktives und selbstgesteuertes Lernen im Netz?
    4. Ist Netzlernen anschaulicheres Lernen?
    5. Motivierteres, leichteres und erfolgreicheres Lernen durch das Netz?
  2. Der multimediale Mythos - dekonstruiert
  3. Grundpositionen zum Netz als politisches Lehr- und Lernmedium
  4. Internet und Politikunterricht

Literatur
Anmerkungen

Kaum etwas scheint derzeit die pädagogische Phantasie stärker anzuregen als Multimedia und Internet. Voller Prognosemut werden paradiesische oder apokalyptische Zukünfte ausgemalt. Viel wird gewarnt, von den einen davor, den Zug der neuen Zeit in der Schule zu verpassen, von den anderen vor dem Zeitgeist Telekommunikation, der Bildung ins Virtuelle aufzulösen drohe. Auf allen Seiten ist die Debatte von mangelnder Differenzierung und spärlichem Interesse an empirischer Prüfung charakterisiert. Nicht einmal die Begriffe werden klar unterschieden. Multimedia und Internet gehen diffus durcheinander (1). Und noch immer trifft das Diktum von den didaktischen Zwergen im globalen Dorf (Witten/Ballier). In diesem Überblicksartikel soll aus Sicht der politischen Bildung ein wenig Klarheit in die Diskussion gebracht werden. Dabei geht es hier aus Platzgründen vor allem um das Internet. Zunächst werden typische Merkmale des Internets und typische Nutzer- und Nutzungsstrukturen dargestellt. Dann geht es um die grundsätzlichen Zugänge politischer Bildung zum Internet als Medium und Thema. Es folgt eine kritische Auseinandersetzung mit den Hoffnungen, die auf das Internet gesetzt werden. Schließlich werden politikdidaktische Grundpositionen skizziert und Kriterien eines didaktisch begründeten Internetlernen in der politischen Bildung vorgestellt.

1. Das Internet

1.1 Das Charakteristische am Internet

Was ist eigentlich am Internet das charakteristisch Neue? Entscheidendes Novum sind wohl die beispiellosen Möglichkeiten des sofortigen lokalen Zugriffs am Computer auf global beliebig verteilte Informationen beliebiger Art und Qualität. Umgekehrt bedeutet das die globale und jederzeitige Erreichbarkeit der von irgendeinem lokalen Rechner für das Netz zugänglich gemachten Informationen. Internet heißt also lokaler Zugriff auf globales Wissen (virtuelle Zentralisierung) und globaler Zugang zu lokalem Wissen (virtuelle Dezentralisierung). Zugleich läßt die Telekommunikationstechnik Raum und Zeit extrem schrumpfen, sie erlaubt schnellen und weltweiten Informationsaustausch. Wir haben es also mit einem Quantensprung in der Verfügbarkeit von Informationen und der Geschwindigkeit von Kommunikation zu tun.

Das Internet mit seinen Diensten E-Mail‚ Newsgroups, Filetransfer und World Wide Web bildet ein zentrales Element einer technologischen und sozialen Vernetzungsrevolution, die in den letzten Jahren in vielen westlichen Industrieländern und Japan begonnen hat und längst noch nicht beendet zu sein scheint. Daneben und damit verflochten vollzieht sich technologisch und sozial eine Visualisierungsexplosion (White 1997). Sie schlägt sich auch im Wachstum von Multimediaangeboten sowie in den optischen Oberflächen der Internetangebote nieder. Wie sich beides entwickeln wird, wie stark es welche gesellschaftlichen Bereiche durchdringen wird und welche Folgen es mit sich bringen wird, darüber gibt es heute nur mehr oder weniger elaborierte Spekulationen. Allerdings scheint der Mythos Internet eine Sogwirkung auszuüben, die immer mehr Anbieter von Informationen und Produkten jeglicher Art in das Netz zieht.

Die Revolution der Verfügbarkeit gründet inhaltlich darauf, daß Individuen und Organisationen freiwillig (!) im Netz Informationen veröffentlichen, die technisch durch die zunehmende Vernetzung von Rechnern, Informationsanbietern und Informationsquellen zu einem globalen Datenpool zusammenwachsen. Die Verfügbarkeitsrevolution umfaßt aber keineswegs automatisch eine Revolution an Zugänglichkeit und damit an Öffentlichkeit. Ob in diesem Prozeß bisher geheimgehaltene, streng kontrollierte, selektiv geöffnete oder nur gegen Bezahlung zugängliche Informationsbestände in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zugänglicher werden, ist völlig offen. Schließlich ist Macht heute wesentlich eine Frage von Definitionsmacht. Informationspolitik wird also zentral, Informationsfreiheit bleibt begrenzt.

Auch netzvermittelte Informationen bleiben interessierte Information wie jede konventionelle Form der Information. Informationen aus dem Netz können die politischen, sozialen und ökonomischen Ungleichheiten der Zugänge zu Informationen und Kommunikationsforen nur begrenzt beseitigen. Das Internet an sich gibt also keinen Anlaß, von einer allgemeinen Informationsrevolution zu sprechen und auf einen Demokratisierungsschub zu hoffen. In Deutschland bilden die Verengung auf kommerzielle Vermarktung von Netzdiensten, die korporatistische politische Kultur sowie eine sehr restriktive Informationspolitik der Administrationen erhebliche Barrieren gegen eine netzgestützte Ausweitung von Partizipation (Hagen).

Im Netz verschwimmen die Grenzen zwischen den Rollen Informationsproduzent und Informationskonsument stärker als bei klassischen Informationsmedien. Die technischen Mittel, eigene Informationen in das Netz zu stellen, werden immer bedienerfreundlicher und preiswerter, die Schwelle der technischen und ökonomischen Kommunikationsbarrieren sinkt. Darin liegen Chancen, eigene Beiträge wirksam zu veröffentlichen, auch für schwach organisierte und über wenig Ressourcen verfügende Gruppen und Individuen. Soweit deren Macht vom schnellen und überregionalen Austausch von Informationen abhängt, kann sie durchaus zunehmen. Das Risiko niedriger Schwellen ist, daß sich Hinz und Kunz im Netz zu Wort melden und selbstdarstellen können. Qualitätskontrollen und Qualitätslabels gibt es - bisher? - nicht.

Trotz des gemessen an Hostrechnern, Informationsmengen und Teilnehmern schnellen Wachstums des Internets ist es zumindest ungenau, wenn nicht unangemessen, von einer durch das Netz verursachten Informationsflut sprechen (Weidenmann 1996). Zwar produzieren Individuen und Organisationen im Form von privaten und kommerziellen Homepages, und allem, was dahinter liegt, vielfältigen Diskussionsbeiträgen in Newsgroups und endlosem Gerede per Tastatur Texte und andere Angebote, die es ohne Internet nicht gäbe. Die meisten, vor allem die für Wissenschaft, Politik, Schule und Lernen interessanten Informationen waren aber auch vor dem Netz vorhanden und theoretisch zugänglich. Insofern explodiert nicht die Menge an Informationen sondern die Zugänglichkeit. Der Eindruck einer Informationsflut entsteht durch den sofort realisierbaren Zugriff auf alles, was früher ausgeblendet und unbewußt geblieben ist.

1.2 Das Internet-Publikum

Die im folgenden vorgestellten Daten sind als Größenordnungen zu lesen, da die Ergebnisse verschiedener empirischer Erhebungen zum Internet streuen (2). Um die Jahreswende 1997/98 rechnet man mit rund 21 Mio. PCs in Deutschland, das reicht für ein Viertel der Haushalte; von den neuen Geräten haben gut 4 % einen Internetanschluß (3). Gut 10 % dürften ein CD-ROM-Laufwerk haben (4). Ein Zugang für alle ist also noch lange nicht in Sicht.

Der durchschnittliche deutsche Internetuser ist ein Mann, Ende Zwanzig/Anfang Dreißig, mit Abitur (5). Rund drei Viertel der Nutzer sind zwischen 20 und 39 Jahre alt, nur ca. 7 % jünger. Gut ein Zehntel der User sind Frauen (in den USA ein Drittel!) (6), zwei Fünftel Angestellte, ein gutes Fünftel Studenten, 3,7 % Schüler und Azubis. Einen engeren beruflichen Bezug zum Internet hat mehr als die Hälfte der Nutzer, entsprechend haben zwei Drittel einen subventionierten Netzzugang über Arbeitgeber oder Universität (7). Auch soziodemographisch kann von Vernetzung oder gar Durchnetzung der "Informationsgesellschaft" also keine Rede sein (8).

1.3 Die Vorlieben der Netznutzer

Durchschnittlich einmal arbeitstäglich geht man in das Internet und kommt dabei wöchentlich auf rund 5 Stunden (9). Favoriten der Nutzer sind die WWW-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften. Nach Umfragen im Netz konzentrieren sich die Nutzungsinteressen auf aktuelle Informationen und Herunterladen von Software (77,6 %, 74,6 %), Unterhaltung, Produktinformationen und Neugier (60,6 %, 59,8 %, 58 %) sowie Aus- und Weiterbildung, Kommunikation und Online-Magazine (55,9 %, 54,1 %, 50,7 %) (10). Internet-Shopping spielt nur eine untergeordnete Rolle (11). Und die Mehrheit surft auch einfach mal zum Vergnügen (66 %) (12).

Informationen sammeln und suchen sowie Kommunikation sind also die verbreitetsten Interessen am Netz - glaubt man den Selbstauskünften in den Umfragen. Die Zählwerke von Suchmaschinen beweisen ganz andere Interessen an speziellen Netzwelten. Zwei Beispiele: Von den 30 meistgefragten Suchworten einer "marktführenden, weltweiten" Suchmaschine fordern die ersten 6 und weitere 10 eindeutig pornographische Angebote, 5 wollen Software und ähnliches (13). Von 100 häufigsten Suchbegriffen in einer anderen betreffen 65 sexuelle und pornographische Inhalte (14). Das Internet dient also nicht nur nebenbei als Informations- und Bildquelle ganz besonderer Art.

Betrachtet man dagegen die 100 meistbesuchten Webseiten, wird der Internetuser etwas entlastet: rund ein Viertel davon sind Suchmaschinen, Hard- und Softwareanbieter und ähnliches. Weiter sind hier Filme, Spiele und Chatten gut vertreten. (15) - Insgesamt besteht also erheblicher Forschungsbedarf zu Nutzungssituationen und zum realen Nutzerverhalten im Internet. Man wird zumindest berufliche Anwendungsmuster, zu denen auch die breite Netznutzung für die wissenschaftliche Kommunikation gehört, von verschiedenen Typen privater Anwendungen und von politischen Nutzungen differenziert untersuchen müssen.

Festhalten läßt sich aber schon jetzt, daß die übergroße Mehrheit der privaten Nutzer auf der Nachfragerseite kaum an Politik interessiert ist, es sei denn, man läßt die Online-Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften pauschal als politische Aktivität gelten. Allerdings nutzen auf der Anbieterseite politische Organisationen und Interessengruppen wie CDU, SPD, Greenpeace, DIHT, BDA, Gewerkschaften, Ministerien usw. das Netz als politisches Kommunikationsmedium und Forum der Selbstdarstellung (Wadel, 48). Hier sind die Besucherfrequenzen allerdings sehr niedrig; und aus sich heraus wird das Internet wohl kein Politisierungspotential hervorbringen (Jöckel, 59-62).

2. Interessen der politischen Bildung am Internet

Im Unterschied zu anderen fachlichen Perspektiven sollte sich das politikdidaktische Interesse am Internet auf das Netz als Politikum und als Medium politischen Lernens (und politischen Handelns) richten. Aber oft folgt die Diskussion nur der allgemeinen pädagogischen Medieneuphorie, ohne einen spezifisch politikdidaktischen Zugang zu wählen. Man beschränkt sich dann oft auf einige Reflexionen zum Internet und auf die Angabe politisch interessanter Netzadressen.

Analytisch betrachtet kann sich ein politikdidaktisch motiviertes Interesse am Internet einmal auf zwei unterrichtliche Verwendungsformen beziehen: das Netz als Gegenstand und/oder Medium des Lehrens und Lernens. Zum anderen kann es sich auf drei Reflexionsebenen richten: unmittelbares Handlungs- und Erfahrungsfeld der Lernenden, Thema und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen sowie - metareflexiv - Thema und Gegenstand bildungspolitischer und didaktischer Steuerungsinteressen, die sich auf Schule, Unterricht und Lernen auswirken (vgl. die Übersicht mit Beispielen).

Übersicht: Das Internet als Medium und Thema politischer Bildung

Reflexionsebene unterrichtliche Verwendung
Medium Thema
private Handlungen und Erfahrungen eigene praktische Recherchen, eigenes Kommunizieren und Publizieren im Netz Das Internet als (politische) Informationsquelle und (politisches) Medium für Kommunikation
organisierte bildungspolitisch-pädagogische Steuerung Benutzung von Bildungsservern und des Servers von "Schulen ans Netz" Schulen und Schüler ans Netz?
öffentlicher politischer Diskurs
  • Konfrontation mit extremistischen oder pornographischen Internetangeboten
  • (Verteilung von privaten Internetzugängen unter den Lernenden)
  • Meinungsäußerung per E-Mail, Homepage, Webseiten, Newsgroupbeitrag
  • Zensur im Netz?
  • Netzzugang für alle?
  • Demokratisierung durch das Netz?

Für die beiden Felder "Private Handlungen und Erfahrungen" im Medium und als Thema sowie für die "organisierte Steuerung"/"Medium" sind keine spezifischen Lernprozesse politischer Bildung erforderlich, um hier medienkompetent zu werden. Die erworbenen Kompetenzen wie Recherchieren, Kommunizieren und Publizieren in unterschiedlichen Netzbereichen lassen sich ohne weiteres auf politische Inhalte und Netzbereiche übertragen. Einführungen in das Internet und seine Nutzung können also vom Politikunterricht völlig getrennt, z. B. in Informatik oder im Wahlpflichtbereich, erfolgen. Der politische Fächerbereich wäre damit auch fachlich und zeitlich überfordert.

Selbstverständlich kann Politikdidaktik einer Auseinandersetzung mit Aufbau, Funktionsweise, Inhalten und Politik des Internets nicht aus dem Wege gehen. Mit Blick auf Schule und Lernen gehört dazu auch die Prüfung der Potentiale für Bildungsprozesse, die dem Internet als Medium der Unterrichtsvorbereitung, der schul-, bildungs- und politikbezogenen Kommunikation und des Lernens zugeschrieben werden. Optimistische pädagogische Zuschreibungen beziehen sich meist auf Verbesserungen hinsichtlich Verfügbarkeit und Aktualität von Informationen, auf ihre Authentizität, auf Interaktivität und Selbststeuerung, Anschaulichkeit, Motivation und Lerneffektivität durch das Lernen mit dem Netz. Wieweit tragen diese Hoffnungen?

3. Dem Internet zugeschriebene pädagogische Wirkungen

Der ersten Ernüchterung, bewirkt durch die Daten über Netznutzer und ihre Nutzungsweisen, folgt die zweite angesichts des Realitätsgehalts der dem Internet zugeschriebenen positiven pädagogischen und politikdidaktischen Wirkungen und Möglichkeiten. Welchen pädagogischen Mehrwert (Bremekamp) birgt das Netz? Die wichtigste und zugleich schlichteste Einsicht wird meist verpaßt: Das Internet, seine Dienste und Informationsangebote bedienen wissenschaftliche, kommerzielle, organisierte, private und politische Interessen. Sie sind keine Veranstaltung für Lernen, Schule und Unterricht. Die meisten Informationsangebote, die für den politischen Unterricht relevant sein könnten, sind den Lernenden inhaltlich und sprachlich meist so fern wie ein Stapel Bücher aus einer Universitätsbibliothek. Ihre Darstellungsformen sind im günstigsten Fall so didaktisch, wie Werbeanzeigen in einer Illustrierten. Deshalb müssen sie oft erst brauchbar gemacht, didaktisch gewendet werden. Das ist ein meist komplexes, arbeitsaufwendiges und riskantes Vorhaben. Im folgenden werden die wichtigsten Hoffnungsträger der pädagogischen Diskussion um das Internet aus der Sicht der Lernenden und des Lernens kritisch hinterfragt. 16

3.1 Bessere Verfügbarkeit und höhere Aktualität von Informationen im Internet?

Gerade für die politische Bildung sind diese beiden Merkmale ein Hoffnungsträger von hohem Wert (z. B. Braun, 152; Sander; Wadel, 35). Die Hoffnungen werden aber von Internetangeboten nur eingeschränkt erfüllt; sie können sie auch nur begrenzt einlösen. Das Internet kann "Zugänglichkeit" nur im Sinne der beschriebenen Verfügbarkeit verschaffen. Es öffnet keine bisher verschlossenen Datenbestände. Verfügbarkeit präsentiert sich als potentieller Zugriff auf große Informationsmengen unterschiedlichster Qualität. Wenn man von einer Informationsgesellschaft sinnvoll sprechen kann, könnte das ihr wesentliches Merkmal sein (Weidenmann 1996, 66).

Eine kleine Nebenbemerkung zur politischen Relevanz der Verfügbarkeit von Informationen: Die politische Lösung von Problemen, z. B. der Regenwaldvernichtung, scheiterte bisher weniger an fehlenden Informationen, als an fehlender oder falscher Umweltpolitik. Mit Hilfe des Internets können sich Kritiker und andere Interessenten jetzt allerdings leichter und besser argumentativ munitionieren.

Hohe Verfügbarkeit ist unauflösbar verbunden mit hoher Komplexität. Die läßt sich für Lernende online im Internet nur bei erheblichen Vorarbeiten und Vorkenntnissen (Fragestellung, Suchstrategien, Thesauri, Netzstrukturen, Quellenkritik usw.) und mit großen Anstrengungen bei Suche und Auswertung anders als zufallsbedingt reduzieren. Das Netz verfügt über keine Systematik wie eine Bibliothek. Hinzu kommen gigantische Mengen an Informationsmüll (vgl. Wadel, 34; White, 148; Rose/Fernlund, 164), zu dessen Anhäufen auch die pädagogisch und politisch fröhlich angefeuerte Produktion von Webseiten durch Schulen und Lernende kräftig beitragen wird (van Lück, 16). Es gibt auch keinen Netzbibliothekar, der das Qualitätsniveau regelt und sich im Bestand auskennt (Rose/Fernlund, 164). Die Anforderungen an die Informationskompetenz und Urteilsfähigkeit der Lernenden sind also sehr hoch. Schon die Teilnahme an einer einfachen Mailingliste für Schulen kann zu unüberschaubaren Mailingmengen an die eigene Klasse führen (Feldner/Körber, 39).

Der Verfügbarkeitsvorteil wandelt sich also in ein Quantitäts- und Qualitätsproblem. An dessen Lösung wird pädagogisch längst gearbeitet. Listen von "guten" Internetadressen, CD-ROMs für das offline Surfen, Abspeichern von thematisch passenden Internetmaterialien auf der Festplatte oder die Einrichtung von Bildungsservern sind Beispiele dafür. Damit werden aber die unbeschränkte Verfügbarkeit und die Authentizität, die ja gerade das Internetlernen auszeichnen sollen, kassiert. Ich finde, daß man das aus den genannten Gründen in Kauf nehmen sollte.

Sicher bietet das Netz potentiell größere Aktualität von Informationen als Printmedien (17), vor allem als Fachbücher. Gegenüber Rundfunk und Fernsehen ist der Aktualitätsvorteil aber schon viel seltener. Auch sind Netzinformationen nur dann aktueller, wenn ihre Aktualisierung durch irgendeinen Anbieter organisiert und realisiert wird. Damit ist die aktuelle Information aber noch lange nicht frei zugänglich, wenn z. B. Einzelpreise oder Mitgliedschaften verlangt werden. Unter diesen Einschränkungen kann man aktuelle Angebote für politisches Lernen sinnvoll nutzen. Man sollte sich dabei bewußt sein, daß man mit einer aktualitätszentrierten Netznutzung den allgemeinen Prozeß von Gegenwartspräferenz und Beschleunigung in der Gesellschaft fördert, wenn der Aktualitätsgrad von Information zum heimlichen Qualitätskriterium wird (18). Bereits beim Einsatz konventioneller Daten im Politikunterricht gibt die verbreitete Übersteigerung des Aktualitätskriteriums Anlaß genug zur grundsätzlichen Frage: Wozu müssen z. B. die Arbeitslosenzahlen, die Zahl der Drogentoten und die der Asylbewerber tagesfrisch sein?

3.2 Authentische, seriöse und relevante Informationen aus dem Netz?

Die Authentizität der Informationen im Netz reduziert sich bei genauerem Hinsehen auf das bei konventionellen Medien bekannte Niveau. Internetinformationen stellen erstens konventionelle Informationsangebote dar, die in elektronischer Form online präsentiert werden (z. B. Bibliotheken, Datenbanken, Statistiken, Kataloge, Diskussionsbeiträge, Fotos, Pressetexte). Zweitens sind es meistens klassische Selbstdarstellungen, die sich von konventionellen nur dadurch unterscheiden, daß sie jetzt digitalisiert und durch grafisch gestaltete Umgebungen etwas ansprechender gestaltet sind oder sein könnten (z. B. Homepages von politischen Institutionen, Universitäten oder Unternehmen). Drittens bringt Authentizität im Netz, besonders in vielen Newsgroups, Chats und privaten Homepages, Unmengen von privat produziertem Textmüll mit sich. Den mußten Lernende bisher überhaupt nicht herausfiltern, weil sie ihn erst gar nicht sahen. Online-Lernen kann zu aufwendigem und unproduktivem Müllsortieren zwingen. Viertens schließlich wird man in der Regel auch von authentischen Dokumenten aus dem Netz erwarten, daß sie seriös und relevant sind, wenn sie in politisches Lernen Eingang finden sollen. Aber selbst in pädagogischen Mailboxen wird die authentische Kommunikation zwischen Schülern anscheinend von einem Trend zum Niveauverlust regiert (Feldner/Körber 1997) (19). Und viele Newsgroups beweisen: "Ernsthafte Diskussionen im Netz sind jedoch zur Zeit rar" (van Lück, 17) (20). Insgesamt gilt also auch für den zweiten Hoffnungsträger: Das Netz ist kein Selbstläufer zum Lernerfolg. Eine konsequente didaktische Gestaltung der Rahmenbedingungen - und soweit möglich, auch der Inhalte - ist unverzichtbar. Das zu leisten heißt aber eine Didaktik des Netzlernens anzugehen.

3.3 Interaktives und selbstgesteuertes Lernen im Netz?

Interaktivität und Selbststeuerung sind mehr Programm als Realität. Das gilt trotz gegenteiliger Werbeaussagen für die meisten Multimediaangebote und erst recht für die Angebote des Internets. Welche Netzmerkmale können Interaktivität und Selbststeuerung von Lernenden stützen?

Selbststeuerung ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal effektiver Lernmedien (Paechter, 238; Weidenmann 1997, 203). Sie könnte gefördert werden durch die schnelle Verfügbarkeit, die große Menge, die breite Palette und den Aktualitätsgrad von Informationsangeboten, die große Vielfalt der Informationsanbieter sowie durch die vielleicht erleichterte Weiterbearbeitung der Funde am PC. Auch das scheinbar freie Springen von Link zu Link in Hypertexten gehört hier her. Von Selbststeuerung kann aber erst die Rede sein, wenn man sich vom zufälligen Surfen auf die Stufe des gezielten Navigierens hochgeübt und hochgearbeitet hat.

Erhebliche Einschränkungen erfährt die Selbststeuerungschance der Lernenden, wenn sie sich zu mehreren einen Internetzugang teilen müssen (Drabe/Garbe, 5), wie es wohl noch jahrelang, wenn nicht sogar immer der Normalfall sein wird. Ein Trost mag darin gesehen werden, daß die Knappheit die Teamfähigkeit fördern kann.

Interaktivität kommt im Netz nur in sehr rudimentären Formen vor. Einfache Interaktivität ermöglicht das wenig aufwendige Verschicken (21) von direkten E-Mails - elektronische Briefe! -, auf die schnell und einfach geantwortet werden kann, oder das online Chatten - per Tastatur! Es handelt sich also (noch?) um schriftliche Kommunikation per Internet. Etwas elaboriertere Möglichkeiten bieten einige Lernspiele und Simulationen, auf die man aber selten stößt. Immerhin erleichtert E-Mail, in Eigeninitiative Kontakt zu Organisationen aufzunehmen, zu kommunizieren, Erfahrungen auszutauschen, in Kooperation mit anderen Lernenden überregionale und internationale Projekte durchzuführen. Aber entstehen auch Nebenfolgen als Mengenproblem. Ein Beispiel: Wenn E-Mails an Organisationen zur verbreiteten Praxis in allen Schulen werden, kann es entweder nur noch Standardantworten geben (also Pseudo-Interaktivität), oder die Kommunikationskosten explodieren. Zugleich sinkt die Authentizität der Kommunikation.

Die genannten Interaktivitätsformen zeichnen sich aber, abgesehen von Spielen und Simulationen, nur durch die Überwindung von räumlichen, zeitlichen und praktischen Grenzen aus, nicht durch eine neue Qualität von Interaktivität gegenüber konventionellen Lern- und Kommunikationsformen. E-Mails z. B. sind nicht interaktiver als Briefe, sondern schneller, und billiger gegenüber dem Telefonieren. Insofern handelt es sich hier zum Teil um eine didaktische Mogelpackung: Interaktivität ist keineswegs ein Charakteristikum der Neuen Technologien (so Eschenauer, 23), und schon gar nicht typisch für das Internet. Angemessener scheint zur Zeit eine nüchterne Beschreibung als technisch vereinfachte und beschleunigte schriftliche Information, Kommunikation und Präsentation zu sein. Auch die für deren Bearbeitung im Netz verfügbaren Such-, Analyse- und Verarbeitungsfunktionen gehen über die Werkzeuge eines modernen Text- und Datenverarbeitungsprogramms nicht grundsätzlich hinaus. Im übrigen verlaufen die meisten Kommunikationen mit politischen Institutionen und Organisationen auch im Netz von oben nach unten (Sarcinelli/Wissel, 40; Wadel, 48).

Selbst die viel gepriesenen Möglichkeiten von Hypertext bilden ebenfalls keine radikale Alternative zu herkömmlichem Text. Hypertext ist weder nichtlinear noch interaktiv, sondern multilinear, ihn zu rezipieren ist nicht weniger anspruchsvoll als linearen Text zu lesen (Fischbach, 1058 f.), und meist wird vergessen, daß selbst Hypertext nur sequentiell aufgenommen werden kann (Bundestag, 109).

Interaktivität und Selbststeuerung im Internet gibt es schließlich nicht umsonst. Die Lernenden müssen Probleme wie Fragmentierung von Zusammenhängen, Orientierungsschwierigkeiten im Netz und im Thema selbst in Kauf nehmen (vgl. Bundestag, 95). Bezahlt wird auch mit einer Reduzierung von Interaktion auf das Klicken mit der Maus und das Tippen auf der Tastatur. Andererseits verändert Lernen mit dem Internet quasi nebenbei die Lehr-Lern-Arrangements. Frontalunterricht nimmt ab, individuellere Lernformen nehmen zu (Roberts, 77). Dieser positive Nebeneffekt kann aber die übrigen Abstriche vom dritten Hoffnungsträger nicht kompensieren; schließlich braucht man dafür nicht das Internet.

3.4 Ist Netzlernen anschaulicheres Lernen?

Das Internet ist nicht Multimedia, sondern meistens einfach Text oder Zahl. Aber selbst bei multimedialen Angeboten gründen die faszinierenden Möglichkeiten von Anschaulichkeit und Verständlichkeit von Informationen auf deren inhaltlicher und didaktischer Qualität (Bundestag, 95), also darauf, daß sie gezielt für Lernzwecke sinnvoll durchkonstruiert werden. Eine Multimedia- oder Internet-Didaktik gibt es aber auf der Angebotsseite nicht (es sei denn, man möchte Marketingtechniken dafür durchgehen lassen). Dementsprechend schlecht ist die (didaktische) Darstellungsqualität der meisten Angebote im Netz.

Auch machen Abbilder und Bilder an sich Texte und Zahlen keineswegs verständlicher, denn sie selbst müssen erst einmal verstanden werden (Fischbach, 1058). Das Verstehen bildlicher Codes verlangt eine "piktoriale Literalität", die aber in den Schulen kaum vermittelt wird (Weidenmann 1991, 18); Lernende neigen (deswegen?) dazu, Bilder zu unterschätzen und sich bei Texten mehr anzustrengen (Weidenmann 1997, 201). Politische Bildung verlangt übrigens ein hohes Maß an visueller Bildung, da Politik auch mit Bildern inszeniert wird, vor allem über das Fernsehen (vgl. Sarcinelli/Wissel, 40). Das Lernpotential von Bildern, ob aus dem Netz oder Multimedia, bleibt eingeschränkt, weil didaktisch gute Bilder durch gezielt aufbereitete (Re)Konstruktion von Realität entstehen, nicht einfach durch ihre direkte Wiedergabe (Weidenmann 1991, 79 f.). Der Multimediatrend zu "realistischen Bildern" entspricht nicht "den auf Typisierung hinarbeitenden kognitiven Prozessen" (Bundestag, 105).

Besonders bei den politischen Informationsangeboten im Netz dominieren Texte nach dem Prinzip: Wir kopieren Printmedien ins und im Netz. Die Angebote unterscheiden sich kaum von den unterrichtlich konventionell genutzten Printmedien. Oft sind die Internettexte sogar deutlich anspruchsloser gestaltet und formuliert - sie haben eben keine didaktischen Ambitionen! Man findet mit Tabellen, Grafiken, Fotos ergänzte Textelemente, verziert mit eher sinnlosen dekorativen Elementen. Ein gezieltes Navigieren zu 100 politisch und für den Politikunterricht interessanten und einschlägigen WWW-Adressen ergab Ende 1997 insgesamt 89 textdominierte Angebote. Die meisten waren reine Texte, viermal gab es zusätzlich Tabellen, neunmal Grafiken (darunter sehr dilettantische bei der SPD), 19 nicht nur raumfüllende Fotos, darunter 8 Personenfotos, sonst Gebäude und Konferenzräume. Zweimal stieß ich auf ein Spiel (22), einmal auf eine PowerPoint-Präsentation (23). Fehlanzeige für Videos (24), Animationen, Originaltöne. (25)

Dabei verfehlen die Selbstdarstellungen z. B. von politischen Institutionen im Netz bis heute den didaktisch-methodischen Durchschnitt von Politikschulbüchern fast immer bei weitem. Nicht einmal schlichteste Veranschaulichungen wie statische Struktogramme werden genutzt, von Videos oder Animationen ganz zu schweigen. Wer sich über das Amt des Bundespräsidenten informieren will, greift deshalb besser zum Schulbuch als zur Homepage des Bundespräsidialamtes. Dort könnte er sich allerdings Fotos von Empfängen ansehen und die Redetexte des Präsidenten herunterladen, als geschriebenes Wort mit Foto. Das ist natürlich ein Vorteil der Netzarbeit.

Nun sind sicher erhebliche Verbesserungen der äußerlichen Präsentationsformen zu erwarten, wenn der technische Aufwand, multimediale Webseiten zu erstellen, weiter so deutlich sinkt wie in den vergangenen Jahren. Damit entstehen aber noch keine didaktisch wertvollen Angebote, nur deren technische Umsetzbarkeit vereinfacht sich. Ein Quantensprung in der Anschaulichkeit von Internetangeboten nach didaktischen Qualitätsmaßstäben ist deshalb solange nicht zu erwarten, wie es keine Sach- und Personalmittel für die Entwicklung didaktischer Angebote gibt. Multimediaprodukte erfordern einen 5- bis 20mal höheren Entwicklungsaufwand als konventionelle (Bundestag, 98 f.). Will man sie aus dem Netz herunterladen lassen, braucht man große Speicherkapazitäten. Hinter der scheinbaren Mühelosigkeit der Informationsvermittlung per Internet taucht die wohlbekannte Mühe didaktischer Forschung, Entwicklung und Konstruktion wieder auf.

Den vierten Hoffnungsträger Anschaulichkeit werden die kommerziellen Interessen stützen. Die marketingorientierte Anschaulichkeit von Angeboten im Netz wird vorangetrieben werden, soweit sie die Umsätze fördert, die didaktische, soweit dafür bezahlt wird, von den Nachfragern direkt oder durch bildungspolitisch motivierte Subventionen. Anschaulichkeit, so kann man zusammenfassen, ist ein Ergebnis didaktisch-methodischer Anstrengung, nicht ein Produkt von Internet und Multimedia. Die neuen Medien können die technische Realisierung von Anschaulichkeit erleichtern.

3.5 Motivierteres, leichteres und erfolgreicheres Lernen durch das Netz?

Bei genauerem Hinsehen verblaßt die lernmotivierende Wirkung des Internets erheblich (Seydel 1997). Der Motivationsschub, den viele erwarten, wirkt nur kurze Zeit aufgrund der Neuigkeit des Mediums (van Lück, 17; Landesinstitut, 47). Das Navigieren im Netz wird schnell zur Normalität, und bald werden die Lernenden im Politikunterricht erfahren, daß auch das Internet vor allem das Lesen von Texten erfordert. Das Medium an sich kann kein längerfristiges Interesse an Fragen, Problemen, Themen und Inhalten produzieren; es kann es bestenfalls stützen (26). Inhaltliches Interesse entsteht nur durch relevante, sinnvolle Inhalte, gut auf diese abgestimmte Präsentation und spürbare Lernerfolge (vgl. Bundestag, 112 f.). Spannung sollte vor allem über die Sache selbst entstehen (Jöckel, 66).

Multimedia - und erst recht das Internet - garantiert keine Wunderwandlung von Lernarbeit und Übung in easy fun und Edutainment. Erstens will auch das Lernen (und Schreiben!) am Rechner gelernt sein (Jöckel, 56). Schon das verlangt über einen langen Zeitraum eine hohe Frustrationstoleranz, besonders, wenn es weitgehend selbständig geschieht. Diese läßt sich auch durch gute Einführungsseminare nicht überflüssig machen. Zweitens ist das Internet kein Schlaraffenland der Information. Man muß Informationen oft mühevoll suchen, viel Zeit für die Suche aufwenden, sich dann doch mit wenigen, oft mageren Ergebnissen zufrieden geben und sich trotzdem zu skeptischer Kritik gegenüber den Quellen zwingen. Drittens läßt sich auch im Internet Bildung nicht einfach konsumieren, denn es fordert eine hartnäckige und zeitraubende intellektuelle Auseinandersetzung mit seinen Inhalten und Formen (vgl. Schuh/Engerer 1997). Viertens befreien elektronisches Navigieren und visuelle Anreicherung von Informationen keineswegs von der Anstrengung des Begriffs. Wenn es bei Multimedia und Internet doch so scheinen sollte, dann nur, weil sie vermieden wird. Am Ende fehlen dann aber auch Begriff und Begreifen.

Die großen multimedial-telekommunikativen Hoffnungen müssen, empirisch betrachtet, ziemlich gedämpft werden: "Die Hoffnung liegt darin, mit Multimedia gerade die Formen des einsichtigen und komplexen Lernens (z. B. das Problemlösen) zu unterstützen. Wir werden allerdings sehen, daß sich diese Hoffnungen häufig nicht erfüllen" (Bundestag, 92). Zum Netz- und Internetlernen gibt es bisher keine Erhebungen (Weidenmann 1996, 66), aber einige Ergebnisse von Multimedia-Evaluationen lassen sich wohl übertragen. Zunächst sollte Lernsoftware trotz großer Steuerungsfreiheiten übersichtlich sein (Paechter, 238). Selbststeuerung muß mit einem hohen Grad von Unübersichtlichkeit beim WWW und rund 8000 Newsgroups im Usenet bezahlt werden. Auch Suchmaschinen schaffen keine Übersichtlichkeit, sondern eine bestimmte Zahl von Suchergebnissen. Ob die deutliche Reduzierung der Lernzeiten, die lernergesteuertes Lernen mit Lernsoftwareprodukten auszeichnet (Bundestag, 100), nicht durch die Unübersichtlichkeit des Internets überkompensiert wird (vgl. Olberding, 24), muß sich noch erweisen. Dabei hängt das Potential multimedialer Lernprogramme vor allem von ihrer inhaltlichen und didaktischen Konzeption ab (Bundestag, 101). Diese beiden konzeptionellen Qualitäten fehlen aber dem Netz als ganzem und der großen Mehrzahl seiner Informationsangebote. Das Internet ist eben kein globales Lernmedium; um mit ihm und an ihm zu lernen, braucht es Netzdidaktik und Evaluation. Evaluationsergebnisse werden aber aufgrund der extrem individualisierten Struktur der Kombination von Informationsangeboten und Lernwegen kaum verallgemeinerbar sein (vgl. Weidenmann 1997, 203).

Schließlich gilt auch hier, was schon zur Anschaulichkeit gesagt wurde. Abgesehen davon, daß im Internet bei politisch relevanten Inhalten sowieso Texte dominieren, spricht die Empirie keineswegs für eine prinzipielle Überlegenheit bildhafter Codierungen, sondern nur für die Wirksamkeit sinnvoller Text-Bild-Kombinationen (Weidenmann 1997, 201). Selbst Animationen sind statischen Bildern nicht prinzipiell überlegen (Lewalter, 218). Gerade Bilder zeichnen sich aber bei den meisten Webseiten dadurch aus, daß sie ornamentale und illustrative Funktionen haben oder einfach realistische Abbilder sind. Erkenntnisgewinne und Lernhilfen kann man sich von der ersten Form nicht versprechen, von der zweiten nur bedingt. Schlecht koordinierte "Multimedialität" kann sich sogar negativ auswirken (Strittmatter, 195 f.). Außerdem nimmt die Gefahr unproduktiver Ablenkung vom Wesentlichen zu. Durch die Vielzahl weiterer, leicht erreichbarer Angebote wird das Internet, besonders das WWW, zu einem idealen Medium der Zerstreuung und Abschweifung. Auch das ist ein Preis, der für das Netzlernen zu zahlen ist.

4. Der multimediale Mythos - dekonstruiert

Was läßt sich aus dieser knappen Desillusionierung pädagogischer Hoffnungen lernen? Offensichtlich kann das Internet im Rahmen schulischen Lernens erst dann sein Lernpotential ungestört entfalten, wenn die Zugänge systematisch auf Exemplarisches begrenzt und die Inhalte didaktisiert werden (27). Damit werden zwei seiner Charakteristika aus didaktischen Motiven zerstört: die globale Verfügbarkeit von Quellen und Informationen von jedem Ort zu jeder Zeit sowie seine Offenheit für Beiträge von jedermann und jeder Art. Übrig bleiben didaktisch ausgewählte, vielleicht sogar aufbereitete Pools von Anbietern, Webseiten und Links, mit denen man Internetnavigieren lernen oder sich zu bestimmten Themenkomplexen selbständig informieren kann. Ob das offline per CD-ROM oder Festplatte (van Lück, 26) oder online über einen Bildungsserver geschieht, dürfte zweitrangig sein. So nimmt man zwar dem Internetlernen viel von seinem magisch-virtuellen Charme der Grenzenlosigkeit in Raum und Zeit. Für diesen Verlust entschädigt aber der damit erzielte große Gewinn an Lernwirksamkeit sowie organisatorischer, technischer und finanzieller Effektivität. Nicht zuletzt kann erwartet werden, daß mit der knappen und kostbaren Lern- und Lebenszeit der Lernenden auf diesem produktiven Umweg sorgfältiger und sparsamer umgegangen wird. Haben die Navigationsschüler in den freundlichen Gewässern didaktischer Netzsimulationen genügend Erfahrungen gesammelt, spricht nichts dagegen, sie auch online auf das offene Meer des Internets segeln zu lassen.

5. Grundpositionen zum Netz als politisches Lehr- und Lernmedium

Eine politikdidaktische Diskussion zum Internet - und zu Multimedia - steckt noch in den Anfängen. Die wenigen Veröffentlichungen von Politikdidaktikern oder in politikdidaktischen Publikationen beschäftigen sich überwiegend mit gesellschaftspolitischen Überlegungen zur Informationsgesellschaft (Hagen), allgemeindidaktischen Vorschlägen zum Lernpotential vor allem von Multimedia (Hagedorn, Schuh/Engerer) und Hinweisen auf für Politik Lehrende und Lernende nützliche Netzanbieter und Informationsangebote (Wadel). Im engeren Sinne politikdidaktische Argumentationen sind seltener (Bremekamp, Jöckel, Wadel) und meistens recht kurz. Durchgängig kritische Positionen kommen kaum vor (Fischbach), eine begründet sich extrem esoterisch (Mettler-Meibom). Ausländische politikdidaktische Publikationen zum Thema werden nicht zur Kenntnis genommen (z. B. White, Braun, Rose/Fernlund). Es herrscht eine eigenartige Mischung aus wahrgenommenem Handlungsdruck, pädagogischer Hoffnung und verhaltener Skepsis. Empirische Prüfung und kritische Diskussion wird kaum verlangt, weder für den proklamierten Trend zur Informationsgesellschaft, die schon eingetreten zu sein scheint (Bremekamp, Hagedorn, Wadel) und per Multimedia eine "pädagogische Kulturrevolution" auslösen könnte (Sander; Wadel, 44), noch für die Wunderwirkungen multimedialen und telekommunikativen Lernens. Besonnenheit und Distanz bilden nur manchmal den roten Faden didaktischen Denkens (Fischbach, Jöckel). Die zentrale Frage nach dem pädagogischen Mehrwert von Multimedia und Internet (Bremekamp, Schuh/Engerer) bildet eher einen euphorischen Fluchtpunkt als einen kritischen Maßstab der Diskussion. Bisher wird ausgerechnet die Frage nach den politischen Hintergründen und den treibenden Interessen hinter den Kampagnen zur Telekommunikatisierung von Schule und Unterricht im politikdidaktischen Umfeld nicht gestellt (außer kurz bei Fischbach). Auch das Nachdenken über mögliche ungewollte Nebenfolgen des Internetlernens findet nur jenseits des Atlantiks statt (Braun, 152).

Eine grundsätzlich kritische bis ablehnende Position zu "Schulen ans Netz" nimmt allein Fischbach ein. Für ihn speist sich die Begeisterung für das Internet vor allem aus der fiskalischen und wirtschaftlichen Erwartung einer Effektivierung und Verbilligung des Bildungssystems sowie aus der postmodernen Hoffnung, die bilderlose Textualität der Moderne mit Multimedia überwinden zu können (1058). "Investitionen in Geräte - statt Investitionen in Menschen" sei das Gegenteil dessen, was die Schulen brauchen (1059). Dennoch sieht er Möglichkeiten für Netzlernen, wenn geklärt wird, welche "Kulturtechniken" dabei eigentlich gelernt werden sollen (1057). Ähnlich kritisch, und nicht nur rhetorisch, fragt auch van Lück "Schulen ans Netz - Warum eigentlich?"

Dem stehen grundsätzlich positive Positionen gegenüber, die sich manchmal begeistert über die neue Medienwelt äußern, und diese Grundsatzfrage erst gar nicht mehr stellen (Wadel; Sander). Von interessierter Seite besteht schon gar kein Zweifel mehr, daß das "alte Lernen" überflüssig ist. Für sie ist klar, das "sequentielle, vollständige Lesen von Texten paßt offenbar nicht mehr in die Zeit" (Eschenauer, 17). Noch radikaler sieht Hagedorn durch Multimedia und Internet das Bildungssystem insgesamt in Frage gestellt (16). Andere Politikdidaktiker sind hier zurückhaltender. Wadel (29) formuliert die These: "Das Internet ... ist ein ausgezeichnetes Medium für den Politikunterricht, indem es ortsunabhängige, weltweite, jederzeit zugängliche Informationsrecherche und Kommunikation ermöglicht. Es dient sowohl der Unterrichtsvorbereitung des Lehrers wie der Schüler als auch der Kommunikation über Unterrichtsfragen und -inhalte und der Organisation einer neuen Form des Lernens, der ‚virtuellen Lerngemeinschaften'". Das Internet ist ein "virtueller Wissensspeicher von unglaublichem Umfang und in noch nie dagewesener Verfügbarkeit" (35). Daraus erwächst für Wadel die Herausforderung für die Bildung: "Wie man dieses Wissen allerdings für seine Zwecke verfügbar macht, ist eine eigene Wissenschaft und aus dieser Sicht schon wert, Eingang in den schulischen Unterricht zu finden, da die elektronische Speicherung und Abfrage von Wissen zu einer Schlüsselqualifikation der nächsten Zukunft werden wird." (35) Man wird hier einwenden können, daß nicht unbedingt die politische Bildung diese Herausforderung bearbeiten muß. Informationstechnische und telekommunikative Grundbildung ist vielleicht besser in fächerübergreifenden Lernzusammenhängen aufgehoben (van Lück, 14).

Typisch scheinen jedoch Mischungen aus Hoffnung, Skepsis und Pragmatismus zu sein. Sie akzeptieren im Prinzip den gesellschaftlichen, politisch formulierten Erwartungsdruck gegenüber Schule und politischer Bildung. Meist versuchen sie, gegen den Trenddruck die Didaktik in den Mittelpunkt zu stellen, nicht das Medium, und die Qualität von Medienangeboten mit didaktischen Maßstäben zu messen (Bremekamp, Hagedorn, Jöckel, Schuh/Engerer, van Lück; White, Braun, Rose/Fernlund). Ähnlich wie Wadel sehen sie große Potentiale des Internets im Klassenzimmer (Jöckel, 55 f.; White, 163; Braun, 152). Zugleich betonen sie didaktische Herausforderungen, die dabei zu bewältigen sind: die Qualifikation der Nutzer, die Qualität der Angebote, die Konstruktion angemessener Lehr-Lern-Arrangements sowie die Prüfung von konventionellen Alternativen zum Internetlernen (Jöckel, 56-58; Hagedorn, 14; Bremekamp, 23; Braun, 153; van Lück, 16). Netzangebote kritisch-distanziert bewerten zu können, sich von technischen Tricks und optischer Gefälligkeit nicht täuschen zu lassen, gilt als wichtige zu lernende Fähigkeit (Bremekamp, 20; Jöckel 65 f.; Braun, 153). Auffällig selten thematisiert wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Internetlernen ( Bremekamp, 24) (28). Nur gelegentlich wird das Internet selbst als Gegenstand politischer Bildung hervorgehoben (Bremekamp, 24; van Lück, 14; Jöckel, 67).

Auch Themen der politischen Diskussion über das Internet werden in den Publikationen gestreift. So findet man Passagen zu den Kontroversen um Informationsfreiheit und staatliche Regulierung ("Zensur im Netz") sowie um Datenschutz und staatliche bzw. kommerzielle Ausforschung ("gläserner User") (Wadel, Jöckel), um die Chancen politischer Partizipation durch das Netz ("elektronische Demokratie") (Hagen, Jöckel, Sarcinelli, Wadel), um Multimedia und Internet als Spiegel einer visuellen Gesellschaft (White) oder einer Informationsgesellschaft (Bremekamp) sowie um einen Funktionsverlust institutionalisierter Bildung durch Medien ("neue Lernkultur") (Hagedorn).

6. Internet und Politikunterricht

Auch heute ist es keineswegs ausgemacht, daß das Internet im Politikunterricht als Medium oder Thema vorkommen muß. Die notwendige Auseinandersetzung mit der Informatisierung und Telekommunikatisierung von Wirtschaft und Gesellschaft kann auch anders angegangen werden. Erst recht sollte politische Bildung, die als beliebte Adresse für die Behandlung gesellschaftlicher Problemlagen schon genügend überlastet wird, sich nicht zum Ort der Vermittlung von Grundkenntnissen und Grundfertigkeiten der Internetrecherche und der Informationsbearbeitung machen lassen. Die Annahme, daß jeder später einmal das Internet privat oder beruflich brauchen wird, kann - unabhängig von ihrem Realitätsgehalt - kein Argument dafür sein, dafür im Politikunterricht zu trainieren. Politikdidaktik stünde es übrigens gut an, politische Ansprüche an Bildung dann zurückzuweisen, wenn sie gesellschaftliche Probleme pädagogisieren und damit entpolitisieren oder Bildung einfach überfordern.

Ob das Medium Internet eingesetzt oder internetbezogene politische und gesellschaftliche Themen behandelt werden sollen, muß nach didaktischen Kriterien entschieden werden: Wo ist der Weg über das Internet als Medium politischen Lernens

  • inhaltlich-qualitativ,
  • methodisch-lernerfolgsmäßig,
  • technisch-organisatorisch oder
  • geld- oder zeitökonomisch besser

als über konventionelle Medien? Zu fragen in erster Linie nach dem didaktisch Sinnvollen. Politische Bildung wird sich auf die politischen Aspekte und Angebote des Internets konzentrieren. Das technisch Mögliche bildet dabei nur restriktive oder förderliche Rahmenbedingungen, aber kein Argument. Die faszinierenden Zukunftsentwürfe des Internets als Inbegriff von globaler Vernetzung, freier Information, offener Kommunikation und nachhaltiger Motivation lassen das allzu leicht vergessen.

Es gibt viele, als gute Beispiele für Internetlernen vorgestellte Projekte, die das Internet illegitimerweise zum Selbstzweck machen, weil sie es für die Inszenierung von medialem Thrill mißbrauchen, obwohl das gleiche Ergebnis, oft sogar besser, mit konventionellen Instrumenten erreicht werden kann. Noch gibt es kaum Beispiele dafür, wie das Internet als politisches Mittel in den Händen der Lernenden genutzt werden kann, für bessere politische Information, wirkungsvollere Meinungsäußerung, mehr politischen Einfluß usw. Das aber sollte ein zentrales Anliegen von Politikdidaktik sein, denn sie hat die Frage zu beantworten, für welche politischen Verwendungen des Internets außerhalb von Schule die Lernenden durch politische Bildung kompetent gemacht werden sollen.

Genauso ist darüber zu entscheiden, ob und unter welcher Fragestellung der Gegenstand Internet zum Thema des Lernens werden soll. Zunächst sehe ich politische Bildung gefordert, sich im Interesse der Lernenden kritisch mit Absatzinteressen und Akzeptanzpolitik auseinanderzusetzen, die zwei treibende Motive der Telekommunikatisierung der Schulen sind. Mir ist es völlig unverständlich, warum das bisher politikdidaktisch unthematisiert geblieben ist. Neben dieser Aufgabe wäre zu analysieren, welche politischen Fragen sich durch die Entwicklung des Internets selbst stellen, welche davon in welchen Kontexten im Politikunterricht behandelt werden sollen, und welche Themen und Probleme sich am Beispiel des Internets behandeln lassen.

Genuin politikdidaktische Zugänge zum Internet wurden hier nur knapp angedeutet. Zu klären ist, ob etwa die Entwicklung einer politischen Didaktik der Informatisierung, Telekommunikatisierung und "Multimedialisierung" oder eine Integration der neuen Medien in vorhandene Konzeptionen sinnvoller ist (vgl. Hedtke 1997b). Beide Varianten verlangen sorgfältige und nüchterne konzeptionelle Analysen und Vorschläge. Neomediale Euphorie kann dabei nur hinderlich sein.

Literatur

Bertelsmann Stiftung (Hg.) (1996): Die Informationsgesellschaft von morgen - Herausforderung an die Schule von heute. Vierter Deutsch-Amerikanischer Dialog zur Medienkompetenz als Herausforderung an Schule und Bildung. Gütersloh.

Braun, Joseph A., Jr. (1997): Past, Possibilities and Potholes on the Information Superhighway. In: Social Education 61 (1997) 3, S. 149-153.

Bremekamp, Elisabeth (1997): Online und multimedial in die Zukunft!? Ideen und Fragen aus der Praxis außerschulischer politischer Jugendbildung. In: Kursiv 1 (1997) 3, S. 18-25.

Bundestag (1995) = Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technikfolgenabschätzung (19. Ausschuß) hier: Multimedia - Mythen, Chancen und Herausforderungen. Bonn (Deutscher Bundestag, Drucksache 13/2475 vom 28.09.95):

Eschenauer, Barbara (1997): Konferenzbericht. In: Bertelsmann Stiftung (Hg.), S. 11-38.

Fischbach, Rainer (1997): Schulen ans Netz? In: Blätter für deutsche und internationale Politik 42 (1997) 9, S. 1055-1059.

Hagedorn, Friedrich (1997): Lernort Cyberspace - Bildung auf dem Weg zur Medienkompetenz. In: Kursiv 1 (1997) 3, S. 12-17.

Hagen, Martin (1997): Elektronische Demokratie - eine amerikanische Herausforderung. In: Kursiv 1 (1997) 3, S. 26-31.

Hedtke, Reinhold (Hg.) (1997): Vom Buch zum Internet und zurück, Medien- und Informationskompetenz im Unterricht. Darmstadt: Winklers.

Hedtke, Reinhold (1997a): Informationskompetenz und Internet. Zur Didaktik der Netzarbeit im Unterricht. In: ders. (Hg.) (1997), S. 5-23.

Hedtke, Reinhold (1997b): Bibliothek mit Datenautobahn. Der integrierte Lernort Infothek. In: ders. (Hg.) (1997), S. 24-38.

Jöckel, Peter (1997): Schulen ans Netz - politische Bildung ans Netz! Multimedia und Internet - politische Bildung im Netz. In: Politisches Lernen 15 (1997) 1-2, S. 54-67.

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.) (1996): Telekommunikation in der Schule. Soest.

Lewalter, Doris (1997): Kognitive Informationsverarbeitung beim Lernen mit computerpräsentierten statischen und dynamischen Illustrationen. In: Unterrichtswissenschaft 25 (1997) 3, S. 207-222.

Lück, Willi van (1997): "Schulen ans Netz" - Warum eigentlich? In: Computer und Unterricht 7 (1997) 25, S. 14-18.

Paechter, Manuela (1997): Auditive und visuelle Texte in Lernsoftware. In: Unterrichtswissenschaft 25 (1997) 3, S. 223-240.

Politische Bildung im Internet: Wegweiser mit 19 Tips (S. I-IV) von Reiner Wadel.

Roberts, Linda (1996): Today's Challenge to the School: What Is the School's Educational Potential - The American Perspektive. In: Bertelsmann Stiftung (Hg), S. 73-83.

Rose; Stephen A.; Fernlund, Phyllis Maxey (1997): Using Technology for Powerful Social Studies Learning. In: Social Education 61 (1997) 3, S. 160-166.

Sander, Wolfgang (1997): Editorial. In: Kursiv 1 (1997) 3, S. 4.

Sarcinelli, Ulrich (1995): Moderne Medien für Politik-Information und politische Bildung. In: Beck, Uwe; Sommer, Winfried (Hg.), Learntec. Europäischer Kongreß für Bildungstechnologie und betriebliche Bildung. Tagungsband. Berlin u. a.: Springer, S. 53-66.

Sarcinelli, Ulrich; Wissel, Manfred (1996): "Internetisierung" von Öffentlichkeit und Demokratie? Trends, Chancen und Probleme für Politikvermittlung und politische Bildung im Online-Zeitalter. In: Akademie der Politischen Bildung (Hg.), Jahrbuch 1996. Medien, Politik, Politische Bildung. Bonn, S. 31-44.

Schuh, Georg; Engerer, Martin (1997): Multimedia - ein Weg aus der Bildungskrise? In: Kursiv 1 (1997) 3, S. 32-34.

Strittmatter, Peter (1997): Einführung. In: Unterrichtswissenschaft 25 (1997) 3, S. 195-196.

Wadel, Reiner (1997): Computer und Internet als Medium politischer Bildung. In: Politisches Lernen 15 (1997) 1-2, S. 24-53.

Weidenmann, Bernd (1991): Lernen mit Bildmedien. Psychologische und didaktische Grundlagen (Mit den Augen lernen; 1). Weinheim u. a.

Weidenmann, Bernd (1996): Die Informationsgesellschaft von morgen: Was müssen wir lernen? Kapazitäten und Mechanismen der Informationsverarbeitung. In: Bertelsmann Stiftung (Hg.), S. 63-72.

Weidenmann, Bernd (1997): "Multimedia": Mehrere Medien, mehrere Codes, mehrere Sinneskanäle? In: Unterrichtswissenschaft 25 (1997) 3, S. 197-206.

White, Charles S. (1997): Technology and Social Studies: An Introduction. In: Social Education 61 (1997) 3, S. 147-148.

Witten, Helmut; Ballier, Ralph (1993): Didaktische Zwerge im globalen Dorf? In: LOG IN, 13 (1993) 3, S. 3.

Anmerkungen

  1. Anregend und hilfreich, weil klärend, sind die Unterscheidungen von Weidenmann (1997, 200). Er konstruiert ein dreidimensionales Raster aus den Begriffen Medium (monomedial z. B. Buch, multimedial PC + Videorecorder), Codierung (monocodal nur Text, nur Bilder, nur Zahlen, multicodal z. B. Text mit Bildern) und Sinnesmodalität (monomodal z. B. nur visuell, multimodal audiovisuell). Multicodal sind dann Produkte, die mehrere Codierungen verwenden (z. B. Sprache und Zahlen), multimedial meint die Verwendung von mindestens zwei Medientechniken.
  2. Die Ergebnisse der meisten der im folgenden verwendeten Erhebungen sind leicht zugänglich über http://www.internet-shop.de/stati.html
  3. "Computermarkt legt zu", in: Berliner Morgenpost, 18.10.97.
  4. Erhebung "Typologie der Wünsche": im Mai 1996 waren es 8,9 %. Quelle: http://www.focus.de/dd/dd36/dd36/dd36J/dd36J.htm (Aug. 1997).
  5. Durchschnittsalter: 32 Jahre, 71,6 % der User mit Abitur: Diese und die folgenden Daten aus: W3B (April/Mai 1997, 16299 User, Oktober 1996, 7500 User; Adresse: http://www.w3b.de/w3b-1997/April-Mai/Zusammenfassung.html (Aug. 1997)); ergänzt mit: Fraunhofer IAO, Zentrum Telecomputing (Dez. 1995/Feb. 1996, 2009 User; Adresse: http://www.e.-business.iao.fhg.de/idc-umfrage/ergebnis.htm (Aug. 1997).
  6. GVU's 7th WWW User Survey, April/Mai 1997, 19970 Befragte weltweit, darunter ca. 80 % aus den USA. (Adresse: http://www.cc.gatech.edu/gvu/user_surveys/survey-1997-04 (Aug. 1997)).
  7. 29,9 % aus EDV/Elektronik, 11,8 % aus Medien/Werbung, 7 % aus Wissenschaft/Bildung/Kunst, 4,9 % aus Telekommunikation (lt. W3B 1997). Ähnlich Zahlen aus den USA, aber mit hohem Anteil von Bildungspersonal (24,5 %) (GVU's 7th).
  8. Um so erstaunlicher klingt die Marketingbotschaft der Protagonisten von Initiativen zur Telekommunikatisierung der Schule: "Geht man davon aus, daß den heutigen Kindern und Jugendlichen Modem, E-Mail und World Wide Web vertraut sind und daß sich mit der Zeit neue Kulturtechniken etabliert haben, so dürften einige der heute noch existierenden Barrieren künftig marginal sein." (Eschenauer, 35). Ähnlich Hildebrandt (75) in seinem Internetratgeber für Lehrer.
  9. Fraunhofer IAO 1995/1996.
  10. W3B Oktober 1996.
  11. 11,7 % (W3B Okt. 1996), in USA 18,7 % (GVU's 7th, April/Mai 1997).
  12. Fraunhofer IAO, Dez. 1995/Febr. 1996
  13. Lt. Focus.de Online, Daten von Dezember 1996.
  14. "Die Top 100 Suchbegriffe des Monats April" (1997); Quelle: www.kolibri.de\topten9704.html (Aug. 1997)
  15. 100hot Websites vom 20. Oktober 1997; Quelle: www.100hot.com (Aug. 1997).
  16. Die Nutzung des Internets als Instrument für den Lehrenden, z. B. zur Unterrichtsvorbereitung, muß nach ganz anderen Kriterien beurteilt werden.
  17. Damit kann man Schüler vorübergehend beeindrucken: Das Arbeitsblatt enthält tagesaktuelle Artikel aus Zeitungen. Mit etwas Glück kann man bei internationalen Zeitungen als Frühaufsteher sogar Artikel vom nächsten Tag "mitbringen".
  18. Auch bildungspolitisch muß alles schnell gehen: "Bei der Umsetzung von Empfehlungen und bei der Suche nach Lösungen für die offenen Fragen ist keine Zeit zu verlieren. Denn ... wir leben bereits in einer Informationsgesellschaft ..." (Eschenauer, 37)
  19. Kein Wunder, wenn Kommunikation in einigen Fremdsprachenprojekten zum puren Mittel des Sprachgebrauchs und folgerichtig zum Schwätzen wird.
  20. Wer das nicht glauben mag, schaue sich doch mal exemplarisch die folgenden an, die eher Müllhalden als Diskussionsforen ähneln: "Z-Netz/Wissenschaft/Soziologie", "de/sci/Politologie" oder "de/soc/Verkehr".
  21. Sieht man einmal vom ökonomischen, technischen und zeitlichen Aufwand für Hardware, Software, Wartung und Instandhaltung ab.
  22. Von Greenpeace zur Gensojabohne, bei der SPD ein Städteraten!
  23. Nichts anderes als farbig gestaltete Folien mit knappem Textinhalt präsentiert in Form einer Diashow.
  24. Selbst ein virtueller Ausflug in die Regionen Nordrhein-Westfalens entpuppt sich schon bei der ersten Station als mit ein paar Miniaturfotos garnierter Text (http://www.nrw.de).
  25. Nicht einmal bei den Protagonisten der Telekommunikatisierung, auf dem Server der Initiative "Schulen ans Netz" findet man viel mehr als Texte, Texte, Texte (http://www.san-ev.de).
  26. So z. B. bei internationalen E-Mail-Projekten, die technisch einen relativ spontanen Informationsaustausch ermöglichen.
  27. Genau das machen auch die "virtuellen Lerngemeinschaften", z. B. als E-Mail-Projekte, die Wadel hervorhebt (29).
  28. Nicht nur gemessen am Verhältnis von Lernzeit und Lernergebnissen der Schüler, sondern auch aus Sicht der Schulen und der Lehrkräfte ist das ein wichtiger Aspekt: Für Lehrkräfte vor allem deshalb, weil Kosten und Risiken der Telekommunikatisierung der Schulen zu einem erheblichen Teil zu ihren Lasten privatisiert werden (vgl. Hedtke 1997a, 21-23). Streng betrachtet vergibt Bildungspolitik publikumswirksam einen Großauftrag, den sie aus eigenen Mitteln nicht bezahlen kann.

<p class="tnt"> Das Original ist unter dem gleichen Titel erschienen in: <a style="color: #660000;" href="http://www.geist.de/cgi-bin/Titel?S=D&amp;V=VI35&amp;T=TI001658751">Gege...
46. Jg. 1997, H. 4, S. 519-530 (<a style="color: #660000;" href="http://www.sozialextra.de/leske-budrich/">Leske + Budrich,
Opladen</a>). <br>
(c) 2001 Reinhold Hedtke, Bielefeld<br>
Um den Text zitierfähig zu machen, sind die Seitenwechsel des Originals
in eckigen Klammern angegeben, z. B. [/S. 53:]. <br>
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