Straßentheater

In plakativer Weise werden beim Straßentheater Themen dargestellt um Anstöße zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung zu geben. Die Szenen können dabei durchaus "überzogen" sein, das provoziert und fördert die Diskussion.

Straßentheater findet auf Straßen und Plätzen statt und muß sich in seiner Form mit den dort eigenen Kommunikations- und Gesellungsformen auseinandersetzen. Die Verhältnisse auf der Straße erfordern kurze und prägnante Stücke und weithin typisierte Figuren. Die Spielerinnen und Spieler müssen, wenn sie überhaupt sprechen, laut und deutlich und vor allem langsam sprechen. Die Ausstattung muß leicht transportierbar und schnell aufbaubar sein. Eine Spielfläche kann allenfalls symbolisch abgesteckt werden.


Was soll wie dargestellt werden?

  • Soll ein bereits bestehendes Stück "auf der Straße" aufgeführt werden?
  • Soll ein neues Stück für die Straße entwickelt werden?
  • Was soll mit dem Straßentheater erreicht werden?
  • Sollen die Leute zu den Spielerinnen und Spieler kommen oder gehen die Spielerinnen und Spieler dorthin, wo bereits viele Leute anzutreffen sind?
  • Sollen spezielle Zielgruppen erreicht werden (Schülerinnen bzw. Schüler nach Schulende oder in der Pause, Arbeiter vor Arbeitsbeginn, Hausfrauen beim Einkaufen, Passanten beim Bummeln, Kinder auf dem Spielplatz, Besucherinnen und Besucher eines Kongresses oder einer Aktionärsversammlung usw.)?
  • Erfordert das Stück einen speziellen Rahmen bzw. Spielort (z. B. eine Freitreppe, ein Gerichtsgebäude oder das Rathaus als Hintergrundkulisse)?
  • Welche speziellen Bevölkerungsgruppen kommen an den ausgewählten Ort?
  • Wie lange bleiben die Zuschauerinnen und Zuschauer maximal stehen, um dem Stück zuzusehen?
  • Soll das Spiel als stumme Szene oder als Sprechstück aufgeführt werden?
  • Muß das gesamte Stück gesehen werden, um es zu verstehen oder genügt ein kurzer Ausschnitt?
  • Wie soll (kann) auf das Stück aufmerksam gemacht werden (Ausrufer, Trommler, Plakate usw.)?

Ablauf

  • Kommen und Spielort aufsuchen
  • Aufmerksamkeit erzeugen und Leute anlocken
  • Interesse und Neugier wecken
  • Spielen und Interesse halten
  • Höhepunkt und Abschluß setzen
  • Spielort räumen und abgehen
  • Eventuell weiterziehen und wiederholen

Einige Tips

  • Der Anfang des Stückes muß Aufsehen erregen, die Passanten zum Stehenbleiben anregen.
  • Die Sprechtexte müssen laut und sehr deutlich artikuliert eingeübt werden, niemals in Richtung Boden sprechen, sondern immer zum Publikum; dasselbe gilt verstärkt für die Einübung von Liedern.
  • Wenn möglich, Kulissen aus Mobilitätsgründen vermeiden.
  • Nicht mit dem Stück beginnen, bevor sich ein halbwegs geschlossener Halbkreis gebildet hat.
  • Wenn möglich, mit dem Rücken zu einer Wand, Blumenkübel etc. spielen.
  • Während des Stückes evtl. Flugblätter ans Publikum verteilen.

Vgl. Batz, Michael / Horst Schroth: Theater zwischen Tür und Angel. Handbuch für Freies Theater. Reinbek 1984.
Baumgärtel, Werner: Ich will ein Stein des Anstoßes sein! Theater in der Gewaltfreien Aktion. Nürnberg o. J.


Straßentheater in der Bildungsarbeit

Im Rahmen von Seminaren kann die Produktion und Aufführung eines Straßentheaterstückes zur vertieften Auseinandersetzung mit einem Thema beitragen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind gezwungen, die Problembereiche klar herauszuarbeiten, Zusammenhänge zu begreifen und diese in einfache Szenen umzusetzen. Neben dieser thematischen Arbeit kommt die eigentliche spielerische Vorbereitung für die Aufführung.

Die Entwicklung und Aufführung solcher Stücke kosten zwar viel Zeit (mindestens einen Tag), ermöglichen jedoch ein ganzheitliches Lernen, verbunden mit der Erfahrung von Reaktionen anderer auf die Darstellung der eigenen Sichtweise der Dinge.


Der "Deutsche Michel" verteilt Entwicklungshilfe

Spielidee

Das Spiel soll zeichenhaft deutlich machen, wie "Entwicklungshilfe" funktioniert. Was scheinbar großzügig an andere verteilt wird, landet in Wirklichkeit unversehrt in der eigenen Tasche des "Gebers".

Durchführung

Eine Mitspielerin bzw. ein Mitspieler wird als "Deutscher Michel" ausstaffiert und auf eine Tragbare gesetzt. Er wird von vier Mitspielerinnen bzw. Mitspielern durch die Menge getragen und wirft seine goldene Kugel mit großzügiger Spendergeste zu den Leuten. Da die Kugel am Gummiband hängt, kommt sie freilich immer unversehrt zu ihm zurück. (Das Werfen und Wiedereinfangen der Kugel muß vorher gut geübt werden!)
Vor der Trägergruppe läuft eine Mitspielerin bzw. ein Mitspieler mit dem Schild "Der Deutsche Michel beim Verteilen von Entwicklungshilfe", hinter der Gruppe eine Mitspielerin bzw. ein Mitspieler mit dem Schild, das zu weiterführenden Gesprächen einlädt. Die übrigen Spielerinnen und Spieler verteilen Flugblätter.
Das Spiel eignet sich besonders für Kongresse, Parteitage, Kirchentage usw.

Benötigtes Material

  • Eine Tragbahre (vom DRK ausleihbar).
  • Eine in Goldpapier eingewickelte Styroporkugel, tennisballgroß, an einem langen Gummiband.
  • Eine Zipfelmütze und andere Insignien des "Deutschen Michels".
  • Ein tragbares Schild mit der Aufschrift "Der Deutsche Michel beim Verteilen von Entwicklungshilfe".
  • Ein zweites tragbares Schild mit einem Hinweis auf das Angebot zu weiterführenden Gesprächen.
  • Ein Informationsblatt zum Thema "Entwicklungshilfe - Hilfe oder Ausbeutung?"

Das Aktionsstück wurde von der Aktion Selbstbesteuerung für die Eröffnungsveranstaltung der 21. Aktion "Brot für die Welt", 1979 in Mainz entwickelt.

Vgl. Aktion Selbstbesteuerung (Hrsg. ): Materialien 5. Texte für Entwicklungspolitisches Straßentheater. Stuttgart o. J. , S. 16.


Waffenexport schafft Arbeitsplätze

Auf der Straße. Plötzlich hörst Du hinter Dir zwei Menschen streiten: "Das ist mein Brot!" "Ich brauche es unbedingt, meine Familie hungert!" Erschrocken drehst Du Dich wie viele andere Leute um und siehst, wie zwei versuchen, sich ein Brot aus den Händen zu reißen. Glücklicherweise greifen jetzt zwei seriöse Herren ein und trennen die beiden Streitenden. Aber was ist denn das? Die sauberen Geschäftsleute versuchen, den beiden Messer zu verkaufen. Jeder hat einen auf die Seite genommen und verkauft ihm ein Messer, gegen das halbe Brot, das er hat. Schon gehen die beiden wieder aufeinander los. Diesmal mit Messern.

Die Runde geht unentschieden aus und jeder der beiden Waffenhändler verkauft seinem Klienten ein Gewehr, als Zahlung nimmt er das Hemd. Die Runde bringt einen Leichtverletzten. Gegen die Hose können Bomben erworben werden und mit denen bringen sich die beiden frierenden, halbnackten Gestalten um. Über den beiden Leichen vereinbaren die Waffenhändler weiterhin zusammenzuarbeiten, der Markt ist ja noch sehr erweiterungsfähig. Die beiden Leichen werden mit einem Tuch zugedeckt, darauf kann man lesen: Waffenexport schafft Arbeitsplätze - auf den Friedhöfen.

Walter Keller: Blitztheaterbuch. Herford 1978, S. 5.


Grundfunktionen der Straße

Gehen, passieren, verkaufen, transportieren, fahren, reden, ausstellen, anschauen usw.

Straßen und Plätze

  • Einkaufszonen
  • Hinterhöfe
  • Liegewiesen
  • Kirchplätze
  • Parks
  • Parkplätze
  • Promenaden
  • Einfahrten
  • Spielplätze
  • Märkte
  • Zebrastreifen
  • Unterführungen

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