Die Einbindung in ein soziales Umfeld kann für Schulabgängerinnen eine Unterstützung in einer Lebensphase sein, in der sie aus institutionalisierten Zusammenhängen zumindest vorübergehend herausfallen. Wenn es sich um marginalisierte Milieus, soziale Brennpunkte oder um Regionen mit schlechten Standortbedingungen handelt, kann eine solche Einbindung jedoch eine potenzielle Grenze für eigene Handlungsspielräume bedeuten.

Orientierung an Bezugspersonen aus dem persönlichen Umfeld unter schwierigen Ausbildungsmarktbedingungen

Unter schwierigen Arbeitsmarktbedingungen können Orientierungen von Schulabgängerinnen am eigenen Umfeld bzw. an Personen des Umfelds in der Phase der Berufswahl zu weiteren Einschränkungen ihres Handlungsspielraums beitragen: Die Erfahrung von schwierigen Bedingungen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt kann dazu führen, dass sich die eigenen Maßstäbe an eine Umgebung angleichen, in der viele Gleichaltrige keinen Ausbildungsplatz erhalten und die Elterngeneration (zum Teil) arbeitslos ist. Ausbildungslosigkeit, Arbeitslosigkeit oder chancengeminderte Ausbildungsgänge können unter diesen Bedingungen akzeptabel erscheinen. Selbst eine Ausbildung mit geringen Übernahmechancen wird hingenommen, wenn die Ausbildungsmarktlage als aussichtslos eingeschätzt wird.

So wird z. B. bei jungen Frauen, die an Förderlehrgängen der Jugendberufshilfe teilnehmen, deutlich, wie ambivalent ihre Orientierung an anderen Gleichaltrigen in derselben Lage ist. Zwar erleben sie, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind und erfahren so Unterstützung. Gleichzeitig kann die Orientierung an den Gelegenheiten innerhalb dieses Umfeldes aber auch verhindern, dass sie die notwendige Mobilität aufbringen, um ihre Chancen zu verbessern (Schittenhelm 1998). So laufen sie Gefahr, im Maßnahmen- und Hilfesystem zu verbleiben - weit entfernt von einem Einstieg in eine anerkannte Ausbildung. (2)

Auch die Einmündung in einen Ausbildungsberuf, der ursprünglich nicht angestrebt wurde, kann vor dem Hintergrund eines schwierigen Ausbildungsmarktes zu einer positiven Bewertung der Ausbildungsstelle führen, wenngleich ein beruflicher Einstieg im jetzigen Ausbildungsberuf als chancenlos eingeschätzt wird. Durch die Bewertung der eigenen Situation als unveränderbar, vertun die jungen Frauen Potenziale, um doch noch eine Ausbildungsalternative mit Zukunftsaussichten zu suchen.

Dies lässt sich am Beispiel einer Gruppe von Schulabgängerinnen mit Realschulabschluss zeigen, die nicht im Wunschberuf unterkommen. Ihren derzeitigen Ausbildungsberuf der Bäckereifachverkäuferin schätzen sie als aussichtslos ein, da sie beobachten, wie alle ihre Vorgängerinnen nicht übernommen, sondern durch neue Auszubildende ersetzt wurden. Doch angesichts der knappen Lehrstellensituation in ihrer Umgebung sehen sie für sich selbst keine Alternative. Dabei beurteilen sie ihre Situation im Vergleich zu arbeitslosen Jugendlichen ihrer Umgebung und sind froh, "überhaupt etwas zu haben".

Die Deutungsangebote und Lösungsstrategien, die im sozialen Umfeld praktiziert werden, bilden auch hier den Kontext für eigene Handlungsstrategien. In einem Umfeld, in dem die Lage allgemein als aussichtslos gilt, verschieben sich die Maßstäbe dergestalt, dass die jungen Frauen Möglichkeiten, in eine Ausbildung mit Übernahmechancen einzumünden, nicht mehr wahrnehmen: Sie schätzen ihre eigene Situation als unveränderbar ein und ziehen keine positiven Alternativen mehr in Betracht.

Orientierungen an Freizeit und privaten Lebensentwürfen als Form des Rückzug aus dem Qualifizierungsprozess

Bei den befragten Schulabgängerinnen ist unter bestimmten Bedingungen auch ein Rückzug aus den Bereichen Schule, Ausbildung und Beruf zu beobachten. Die Möglichkeit der Existenzsicherung über eine Familiengründung alternativ zu einem Beruf besteht für die jungen Frauen in den betreffenden Fällen nicht. Statt dessen zeigen sich andere Formen eines Rückzugs von berufsbezogenen Lebensplänen: Junge Frauen können als Alternative dazu auf Aktivitäten in Gruppen von ebenfalls marginalisierten Jugendlichen ausweichen.

Anhand von Fallstudien bei jungen Müttern, die in der Abschlussklasse oder unmittelbar nach dem Abgang von der Schule ein Kind bekommen, ließ sich zeigen, dass eine Orientierung an tradierten familiären Lebensformen für diese Schulabgängerinnen nicht mehr möglich war. Stattdessen nahmen sie sozialstaatliche Hilfe in Anspruch; dabei erfolgte der Einstieg in die Qualifizierungsphase später und über die Jugendberufshilfe (Schittenhelm 1998).

Insgesamt weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass heute für junge Frauen mit ungünstigen Bildungsabschlüssen oder unter schwierigen Ausbildungsbedingungen weder der Eintritt in eine anerkannte berufliche Qualifizierung noch der Rückzug auf eine Familiengründung als gesichert gelten können.