(1) Der Text lag einem Vortrag in Bad Harzburg am 30. November 1991 zugrunde. In den Anmerkungen gebe ich nur Nachweise oder Hinweise auf unmittelbar genannte oder berührte Literatur. Die wissenschaftstheoretische und didaktische Literatur zum Verhältnis von Geschichte und Politik in Wissenschaft und Unterricht ist kaum noch zu überblicken.

(2) Einen solchen Versuch hatte eine Herausgebergruppe gemacht. s. Behrmann, G. C. u.a. (1976) Geschichte und Politik. Didaktische Grundlegung eines kooperativen Unterrichts. Paderborn. und dies. (Hrsg.) (1976ff.) Geschichte/Politik. Unterrichtseinheiten für ein Curriculum. Paderborn. Die einzelnen Unterrichtseinheiten fanden weithin Anklang; die Gesamtkonzeption eines kooperativen Curriculums konnte sich nicht durchsetzen.

(3) Siehe Weniger, Erich (1949) Neue Wege im Geschichtsunterricht. Frankfurt/M. dazu Quandt, Siegfried (Hrsg.) (1978): Deutsche Geschichtsdidaktiker des 19. und 20. Jahrhunderts. Wege, Konzeptionen, Wirkungen. Paderborn. darin ders.: Weniger, Erich (1894-1961), S. 327-364; Weniger, Erich (1989) Erziehung, Politik, Geschichte. Politik, Gesellschaft, Erziehung in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik. Ausg. und komm. von Gaßen, Helmut. Bd.4. Weinheim, Basel.

(4) Auf die ausgedehnte Diskussion zum Verhältnis von Theorie und Praxis, das aus der marxistischen Geschichtsteleologie folgt, kann hier nicht im einzelnen verwiesen werden. Zu ihrem methodischen Niederschlag auf den Geschichtsunterricht s. die jüngeren Titel der DDR-Literatur in knapper Auswahl bei Schmid, Hans Dieter (1979) Geschichtsunterricht in der DDR, Stuttgart. und Jeismann, Karl-Ernst; Kosthorst, Erich (1956) Deutschlandbild und Deutsche Frage in den geschichtlichen Unterrichtswerken der Deutschen Demokratischen Republik. In: Wolfgang Jacobmeyer (Hrsg.) (1956): Deutschlandbild und Deutsche Frage in den historischen, geographischen und sozialwissenschaftlichen Unterrichtswerken der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik von 1949 bis in die 80cr Jahre. Braunschweig. (Studien zur internationalen Schulbuchforschung, Bd. 43); ferner Gies, Horst (1989) Geschichtsbewusstsein und Geschichtsunterricht in der Deutschen Demokratischen Republik. In: GWU 40 (1989), S. 618-625; die marxistische Position während der letzten Jahrzehnte in der Bundesrepublik bei Jung, Ernst (Hrsg.): Marxismus im historisch-politischen Unterricht. Stuttgart 1979 (Anmerkungen und Argumente zur historischen und politischen Bildung, 24).

(5) Siehe Schneider, Gerhard (1988): Geschichtsdidaktik und Geschichtsunterricht am Ende des Kaiserreichs (vorwiegend in Preußen). In: Geschichtsunterricht und Geschichtsdidaktik vom Kaiserreich bis zur Gegenwart. Festschrift des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands zum 75jährigen Bestehen. Stuttgart, 54-67. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Geschichtswissenschaft und Geschichtsunterricht Tendenzen, Urteile und Wertungen in der Geschichte übergeschichtlich - aber säkular - zu fundieren. Am bekanntesten die Schlusswendung Friedrich Meineckes(1948) in "Die deutsche Katastrophe", S. 168; s. auch Wilmanns, Ernst (1950) Geschichtsunterricht, Weltanschauung und Christentum. In: GWU 1, 1989, S. 65-80; und ders.: Geschichtsunterricht. Grundlegung seiner Methodik. Stuttgart 1949. Ein &Uml;berblick über diese Problematik bei Jeismann, Karl-Ernst (1989) Der Geschichtslehrer im Spannungsfeld von Politik, Erziehung und Wissenschaft. In: GWU 40 (1989), S. 515-533.

(6) Die immer wieder zu lesende Beschwörung eines "demokratischen Geschichtsunterrichts" ist bestenfalls eine Verkürzung dessen, was legitimerweise allein gemeint ist: Geschichtsunterricht in einem demokratischen, und zwar parlamentarisch-liberal verfassten demokratischen Rechts- und Sozialstaat. Sonst wäre "demokratischer" Geschichtsunterricht nichts anderes als dynastische (hohenzollernsche oder wittelsbach'sche), nationale ("deutsche"), nationalsozialistische, sozialistische usw. Indoktrinierung mit historischem Anschauungs- und Argumentationsmaterial. "Demokratisch" kann in diesem Zusammenhang nicht den Inhalt und die Urteile meinen, sondern allein das Verfahren der Urteilsbildung und Wertung, das sich auf Nachweis, Argument und Diskussion stützen und dogmatische, Herrschaft beanspruchende Auslegung nicht gelten lässt. Zum Begriff "Demokratie" und seinen Objektivationen in der Geschichte s. Meier, Christian; Reimann, Hans Leo; Maier, Hans; Koselleck, Reinhart; Conze, Werner (1972) Demokratie. In: Brunner, Otto; Conze, Werner; Koselleck, Reinhart (Hrsg.) (1972) Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. 1. Stuttgart, 821-899. Zur aktuellen Problematik s. die differenzierte Diskussion in der Historischen Kommission der SPD bei Miller, Susanne (Hrsg.) (1985) Geschichte in der demokratischen Gesellschaft. Düsseldorf.

(7) Er ist in der didaktischen Grundliteratur zur politischen Bildung ebenso umschrieben wie in einer Vielzahl von Unterrichtsmodellen konkretisiert und braucht hier nicht näher bezeichnet zu werden. Schon 1971 zählte eine Bibliographie (Politische Bildung. Eine Bücherkunde. Hrsg. v.d. Landeszentrale für politische Bildung. Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. Bonn - Bad Godesberg 1971) 177 einschlägige Titel auf. Ich verweise nur auf einige grundlegende und die Formierungsphase des Politikunterrichts prägende Werke: Giesecke, Hermann (1972 ) Didaktik der politischen Bildung. Neue Ausgabe. München; Sutor, Bernhard (1971) Didaktik des politischen Unterrichts. Eine Theorie der politischen Bildung. 2. Aufl. Paderborn; Hilligen, Wolfgang (1985) Zur Didaktik des politischen Unterrichts. 4. Aufl. Opladen; Behrmann, Günther C.(1972) Soziales System und politische Sozialisation. Eine Kritik der politischen Pädagogik. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz; Schörken, Rolf (Hrsg.) (1974) Curriculum "Politik". Von der Curriculumtheorie zur Unterrichtspraxis. Opladen.

(8) Siehe dazu die Beiträge in Schneider, Gerhard u.a. (Hrsg.) (1988) Geschichte und Geschichtsbewusstsein. Jahrbuch der Geschichtsdidaktik 1. Pfaffenweiler. Die grundlegenderen neueren geschichtsdidaktischen Veröffentlichungen erschienen als Antworten auf die Herausforderungen durch die neuen Ansätze im politischen Unterricht (s. Anm. 7); Süssmuth, Hans (Hrsg.) (1972) Geschichtsunterricht ohne Zukunft- 2 Bde., Stuttgart. eröffnete, noch deutlich in älteren Diskussionen z. B. um das exemplarische Lernen befangen, die neue Periode der didaktischen Fundierung des Geschichtsunterrichts. Zum Fortgang der Diskussion s. die Hinweise in der umfangreichen Bibliographie bei Rohlfes, Joachim (1986) Geschichte und ihre Didaktik. Göttingen, 389 f.

(9) Das gilt selbst für die Rückbeziehung auf die deutsche nationaldemokratische Bewegung des Vormärz und der Revolution von 1848 in politisch-pädagogischer Absicht, wie sie der Bundespräsident Gustav Heinemann einem demokratisch-patriotischen Geschichtsunterricht zur historischen Identitätsstiftung empfahl (s. Susanne Miller S. 12 f.). So wichtig es ist, diese &Uml;berlieferung deutlicher in Forschung und Lehre zu kennzeichnen, als es in der Tradition des nationalstaatlichen, bildungsbürgerlichen Geschichtsunterrichts geschah, so wenig handelt es sich um eine einfache Ableitung unserer Gesellschaftsordnung aus unproblematischen historischen Beständen. Die sozial-psychisch verständliche Suche nach "founding fathers" bedarf der historischen Kritik, soll sie nicht zu erstarrten, schließlich falsch orientierenden Monumentalbildern führen, die, wie in den USA, nur mit großer Mühe und gesellschaftlichen Schmerzen auf das richtige Maß reduziert und in erkenntnisfördernde Beleuchtung gerückt werden können. Der Gefahr, aus "politisch-pädagogischem Wirkungswillen" in direkter Aktion geschichtliche Bildung in "Schwarz-weiß"-Bilder zu sortieren, ist auch Helga Grebing trotz aller vorweggeschickten Einschränkungen nicht entgangen: s. Grebing, Helga (1988) Bismarck und Bebel - zweierlei Kontinuität- Die schwarze und die weiße Linie in der deutschen Geschichte. In: Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (1988) Streitfall Deutsche Geschichte. Geschichts- und Gegenwartsbewusstsein in den 80er Jahren. Essen, 71-86.

(10) Nicht einlösbar wegen der Zahl verbindlicher Themen ist z. B. der in den Lehrplänen mehrerer Länder dem Lehrer eingeräumte Stundenfreiraum für eigene Schwerpunktsetzung - so z. B. in den Richtlinien für die gymnasiale Oberstufe in NRW von 1982; s. dazu Jeismann, Karl-Ernst; Schönemann, Bernd (1989) Geschichte amtlich. Lehrpläne und Richtlinien der Bundesländer. Analyse, Vergleich, Kritik. Frankfurt, S. 79 ff., 151.