Bundesweit werden in den Hochschulen und Universitäten umfangreiche, insbesondere personelle Ressourcen für die Einführung eines Systems gestufter Studiengänge beansprucht. Die ersten Modellversuche laufen und diverse Bachelorstudiengänge sind bereits akkreditiert. Auch wenn der Studienreformprozess von mannigfacher Kritik begleitet wird (vgl. z.B. van Lith 2005), so birgt er für die Einführung von Bildungsstandards in der Lehrerbildung eine große Chance. Die Standards müssen nicht nachträglich in bestehende Studiengänge implementiert werden, sondern können bei der Neukonzeption von Lehramtsstudiengängen, also bereits in deren Entwicklungsphase, Berücksichtigung finden. Durch die Stärkung fachwissenschaftlicher Studienanteile in der Bachelorphase kann eine solide und systematisch aufeinander aufbauende fachliche und fachdidaktische Lehramtsausbildung sichergestellt werden. Dies impliziert umgekehrt, dass die durch die aktuelle Studienreform gegebenen Rahmenbedingungen bei der Entwicklung von Standards mitzudenken sind.

Die aktuelle Studienreform in den deutschen Universitäten und Hochschulen ist Bestandteil des europaweiten Bologna–Prozesses und im Wesentlichen gekennzeichnet durch die Einführung eines Systems vergleichbarer Abschlüsse (sechssemestriger Bachelor mit einem Workload von 180 Leistungspunkten/ viersemestriger Master mit einem Workload von 120 LP/ Ausstellung eines Diploma Supplement etc.), durch die Einführung eines Studiensystems, das sich im Wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt (konsekutive Studiengänge/ Polyvalenz), durch die Einführung eines Leistungspunktesystems, durch die Modularisierung des Veranstaltungsangebotes und durch die Förderung der internationalen Mobilität in und nach dem Studium, der europäischen Zusammenarbeit sowie der erforderlichen europäischen Dimension im Hochschulbereich (vgl. Bologna–Deklaration vom 19.06.1999).

In Bezug auf die Lehrerbildung ist die geforderte Polyvalenz des Bachelorabschlusses der strittigste und mit den meisten Herausforderungen verbundene Aspekt im Rahmen dieser Studienreform (vgl. z.B. Tramm 2001). Den Lehramtsabschluss innerhalb eines Systems polyvalenter Studiengänge zu verankern, hat zur Folge, dass die Inhalte des Bachelorstudiums für mehr bzw. auch anderes als den Lehrerberuf qualifizieren müssen. Dies bedeutet, dass Lehramtsspezifisches eben nicht im Vordergrund der Bachelorausbildung stehen kann. Dies legt eine weitgehende Aufteilung der fachwissenschaftlichen und fach– sowie allgemeindidaktischen Studienanteile auf die beiden Studienstufen nahe und impliziert gleichsam den Ausstieg aus einer grundständigen Lehramtsausbildung. In der Bachelorphase findet vor allem die fachwissenschaftliche Ausbildung statt. Angesichts der mit dem Bachelorabschluss angestrebten Polyvalenz bedeutet dies, dass sich fachwissenschaftliche Studieninhalte sowohl an den Bedürfnissen späterer Lehrkräfte orientieren als auch eine möglichst breite und anschlussfähige fachwissenschaftliche Grundlage legen müssen. Erst der Master schließt mit einem für das Lehramt qualifizierenden Abschluss ab. Damit wird auch dem sachlogischen Zusammenhang von Inhalt und Methodik Rechnung getragen: Inhalte beziehen sich auf das "was?", Methodik auf das "wie?". Letztere ist sachlogisch nachzulagern.

Ein solches Modell polyvalenter Lehramtsstudiengänge wird innerhalb der Bildungswissenschaften kontrovers diskutiert. Kernpunkte der Kritik am polyvalenten BA/MA–Modell sind zum einen didaktisch–pädagogische Bedenken, die eine professionelle Ausbildung von Lehrkräften nur im Rahmen von grundständigen Lehramtsstudiengängen gewährleistet sehen. Zum anderen sind dies organisatorische Probleme der Vereinbarkeit eines Lehramtsstudiums mit anderen universitären Studienabschlüssen, denn Lehramtsstudiengänge sind aufgrund staatlicher Rahmenvorgaben und der Bündelung verschiedener Fächer innerhalb eines Studienganges schon immer schwer mit anderen Studiengängen vereinbar gewesen.

Wir halten gleichwohl die Umstellung der Lehramtsstudiengänge auf ein konsekutives Studienmodell für einen richtigen und zukunftsfähigen Weg. Vor allem drei Gründe sprechen u.E. für eine solche Reform: Erstens birgt die Einführung polyvalenter Bachelorstudiengänge für die Studierenden den Vorteil der internationalen Mehrwertigkeit (Vergleichbarkeit, Austauschbarkeit von Studienelementen etc.) und der Vielfalt an Studienoptionen. Verzichtet man auf Polyvalenz, dann verzichtet man auch auf diese Vorzüge. Zweitens würden eigenständige Lehramtsstudiengänge in einem System gestufter Studiengänge an den Hochschulen zunehmend an den Rand gedrängt, wenn sie zwar formal gestuft angeboten würden, Polyvalenz in der Bachelorphase dabei jedoch faktisch ignoriert würde. Ein Ausstieg aus ‚echten' BA/MA–Modellen wäre vorprogrammiert, wenn spezielle BA–Abschlüsse lediglich für das Lehramt qualifizieren. Drittens ist auch für ein Lehramtsstudium das fachwissenschaftliche Studium die unverzichtbare Basis, sodass mit einem eher fachwissenschaftlichen Bachelor und einem nachgelagerten (fach–) didaktischen Lehramtsmaster ein systematischer Studienaufbau gewährleistet werden kann. Dass dies nicht nur eine wissenschaftstheoretische Position, sondern auch ein konkretes Anliegen von Lehrkräften aus der Schule ist, belegt die Kritik der Lehrerverbände an der geplanten Studienreform in Rheinland-Pfalz (vgl. Philologenverband 2002).

Neben den Rahmenbedingungen, die durch die Umstellung der Lehrerbildung auf BA/MA–Studiengänge gesetzt sind, steht die ökonomische Bildung vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum gehen soll, Standards für die Lehrerbildung zu entwickeln.