Sozioökonomische Bildung als Innovation durch Tradition

Reinhold Hedtke

Der Beitrag beschreibt den sozioökonomischen Ansatz im Feld der Wirtschaftsdidaktik. Er stellt die Konzeption sozioökonomischer Bildung vor, definiert ihr Verhältnis zu den Bezugswissenschaften und erläutert ihre Prinzipien. Darüber hinaus analysiert er die Kontroversen um die Gestaltung und Institutionalisierung ökonomischer Bildung. Schließlich skizziert er die bildungstheoretische Begründung sozioökonomischer Bildung

Einleitung

Was ist ökonomische Bildung? Geht es um Bildung durch das Aneignen wirtschaftswissenschaftlichen Wissens und daraus ableitbarer Kompetenzen? Oder geht es um eine sozial-wissenschaftlich fundierte Orientierung über den Realitätsbereich Wirtschaft und den Erwerb von Kompetenzen für wirtschaftliche Lebenssituationen? Sollen Schüler/innen zu wirtschaftswissenschaftlich denkenden und handelnden Menschen erzogen werden? Oder sollen sie in wirtschaftlichen Situationen selbstständig auf unterschiedliche Konzepte des Denkens und Handelns zurückgreifen können? Darüber wird seit Jahrzehnten bildungspolitisch und wirtschaftsdidaktisch kontrovers diskutiert. Die Kontroversen reichen zurück bis in die 1960er Jahre. In Deutschland erregt diese Debatte seit einigen Jahren erneut öffentliche Aufmerksamkeit, in einigen Ländern scheint sie mehr oder weniger latent zu bleiben, andere – so auch Österreich – erleben wiederholte bildungspolitische Vorstöße für eine Expansion ökonomischer Bildung (vgl. Tab. 1). In diesen Fällen kommt die Forderung nach einem separaten Schulfach Wirtschaft immer wieder hoch, vorgebracht von konservativ-wirtschaftsliberaler Seite und Wirtschaftsverbänden und von der Wirtschaftspresse kampagnenförmig verstärkt. Über ähnliche Vorstöße von Arbeitgeberverbänden und konservativen Bildungspolitikern diskutierte auch die französische Öffentlichkeit kontrovers. Gegen den Vormarsch einer wirtschaftswissenschaftlichen Verengung ökonomischer Bildung melden sich in beiden Ländern kritische Stimmen zu Wort. In Frankreich verteidigen sie eine sozialwissenschaftliche Bildung gegen deren Ökonomisierung. In Deutschland berufen sie sich auf den Ansatz der lebenssituationsorientierten und sozioökonomischen Bildung, dem viele europäische Länder folgen. Die Diskussion dieser Konzeption steht im Mittelpunkt meines Beitrags. Im Folgenden skizziere ich die sozioökonomische Position im Feld der Wirtschaftsdidaktik und ihren konzeptionellen Konflikten. Aus Platzgründen vernachlässige ich hier die Tradition wirtschaftspädagogischer Zugänge zu allgemeiner ökonomischer Bildung, die eine eigene Würdigung verdienen (vgl. z.B. Beck 1997; Schanz 1997). Nach einem kurzen Überblick stelle ich in einem ersten Block die sozioökonomische Bildung vor, benenne kurz ihre Leitziele und Themenfelder, beschreibe ihr Verhältnis zu den Bezugswissenschaften und präsentiere ihre wichtigsten Prinzipien (Kap. 1–5). Im zweiten Block greife ich aktuelle Kontroversen um die Gestaltung und Institutionalisierung ökonomischer Bildung auf und arbeite den konzeptionellen Konflikt heraus, der diese Auseinandersetzungen prägt (Kap. 5–6). Im dritten Block umreiße ich die bildungstheoretische Begründung sozioökonomischer Bildung (Kap. 7). Für eine detailliertere Darstellung der Kernelemente sozioökonomischer Bildung verweise ich auf meinen Aufsatz „Was ist sozio-ökonomische Bildung?“ und Birgit Webers Beitrag „Grundzüge einer Didaktik sozio-ökonomischer Allgemeinbildung“ (Hedtke 2014a; Weber 2014).

2 Schulfach Wirtschaft – eine deutsche Kontroverse?

Die Beschäftigung mit wirtschaftlichen Phänomenen, Problemen oder Themen gehört im deutschen Sprachraum und vielen mittel- und nordeuropäischen Ländern seit Jahrzehnten unbestritten zur schulischen Allgemeinbildung (Blankertz 1966). Der Gegenstands- und Lernbereich Wirtschaft hat sich seit langem in den Stundentafeln und Curricula der allgemeinbildenden Schulen in Deutschland etabliert. Gemessen an Raum, Rang, Reputation und Rechtsvorschriften befindet sich Wirtschaft in Schulen heute auf Augenhöhe mit Gesellschaft, Recht und meistens auch mit Politik. Bildungspolitisch, curricular, unterrichtlich und lernmedial herrscht ein Verständnis der ökonomischen Bildungsaufgabe vor, das Wirtschaft in den Kontext von Gesellschaft, Politik und Recht stellt (Sozialkunde und ähnliche Fächer). Das ist die sozialwissenschaftlich geprägte Tradition ökonomischer Bildung. In diese Linie gehört auch die österreichische Tradition, die sich – seit dem Paradigmenwechsel der 1980er Jahre – im allgemeinbildenden Unterrichtsgegenstand „Geographie und Wirtschaftskunde“ manifestiert. Das Fach wählt die Perspektive des „in gesellschaftlicher Bindung räumlich und wirtschaftlich handelnden Menschen“, verwendet also ein „gesellschaftsorientiertes Handlungskonzept“ (Sitte 2001, 164; Fridrich 2012, 21 ff.). Wirtschaft versteht man hier als gesellschaftlich eingebettet. Neben der sozialwissenschaftlichen existiert eine zweite, in vielfältigen Kombinationen häufig auftretende arbeitsorientierte Tradition, die Wirtschaft curricular vorwiegend mit Arbeit und Beruf verbindet, oft zugleich auch mit Technik (Arbeitslehre). Das eigenständige Schulfach Wirtschaft mit wirtschaftswissenschaftlichem Zuschnitt bildet die dritte, wesentlich seltenere Tradition. An beruflichen Vollzeitschulen haben sich allgemein bildend orientierte, wirtschaftswissenschaftlich akzentuierte Fächer seit langem etabliert, in Österreich etwa Volkswirtschaft an der Handelsakademie. Eine vierte, ebenfalls minoritäre Tradition verknüpft ökonomisches und rechtliches Lernen (Wirtschaft und Recht). Die Schweiz beispielsweise bietet ein buntes Bild, Fächer und Stundentafeln sind Kantonsangelegenheit. Wirtschaft kommt in der Sekundarstufe I selten vor, Hauswirtschaft ist häufig. Damit haben wir eine fünfte Traditionslinie ökonomischer Bildung identifiziert. In der Schweiz gibt es außerdem Staats- und Wirtschaftskunde, Lebenskunde/Berufswahlvorbereitung, Wirtschaft und Recht. An die sechste Tradition ökonomischer Bildung erinnert das schweizerische Fach Humanwissenschaften (Science humaines). Eine ganze Reihe von Fächerkonstrukten steht dem Konzept der breit angelegten obligatorischen Social Studies nahe, die traditionell Teil der kanadischen und US-amerikanischen Stundenpläne sind (Peukert 1984). Wie die Beispiele in Tabelle 1 belegen, sind einige Fächer noch breiter angelegt. Das sozialwissenschaftliche Schulfächerspektrum weist also einige strukturelle Besonderheiten mit recht unterschiedlichen Traditionen ökonomischer Bildung auf (vgl. Weber 2015). Die internationale bildungspolitische und curriculare Praxis belegt die Diversität der Traditionen und die Vielfalt an Alternativen, nach denen man ökonomische Bildung sinnvoll konzipieren und organisieren kann. Aus internationaler Sicht erscheint die Forderung nach einem separaten Schulfach Wirtschaft als deutscher Sonderweg. Der in Deutschland wirtschaftsdidaktisch wahrgenommene Lösungsraum bleibt optionsarm und eng, er scheint auf ein wirtschaftswissenschaftliches Schulfach als einzig richtige Lösung zu schrumpfen. In den Stundentafeln der Nachbarländer ist die Fachphilosophie nach der Formel „ein Schulfach, eine Wissenschaftsdisziplin, eine Weltsicht“ die große Ausnahme (Tab. 1). Multidisziplinarität, Problem-, Situations- und Lebensweltorientierung gelten dort als die didaktische Devise, nach der Fächer im weiten Feld der ökonomischen Bildung zu konstruieren sind. Man kann heute festhalten, dass sich zwei Traditionslinien breit durchgesetzt haben: die sozialwissenschaftliche Tradition an allen allgemeinbildenden Schulformen sowie ferner die arbeitsorientierte Tradition ökonomischer Bildung mit Schwerpunkten in bestimmten Schulformen. Alle sechs Traditionen verbindet ihre multidisziplinäre Ausrichtung. Gegen diese Traditionen kämpfen deutsche Wirtschaftsverbände und Teile der deutschen Wirtschaftsdidaktik seit Jahren. Sie wollen diese beiden Fachkulturen abschaffen und durch ein rein wirtschaftswissenschaftliches Schulfach ersetzen, in dem dann das breite wirtschaftswissenschaftliche Spektrum auf nur eine paradigmatische Perspektive verkürzt wird, die als „Ökonomik“ firmiert (z.B. Kaminski & Eggert 2008; Retzmann et al. 2010, vgl. Tab. 2).

Ein monoparadigmatisches Schulfachkonzept wäre ein absolutes Novum in der Schulfachphilosophie. Niemand forderte bisher paradigmatisch ausgerichtete Schulfächer. Die Strategie, die das neue Fach Wirtschaft gegenüber den bestehenden Fächern, aus denen seine Themen herausgenommen werden sollen, privilegieren und überproportional mit Ressourcen ausstatten will, ist gut dokumentiert (z.B. Kaminski 2008). Die Forderung lautet auf 12 Kontingentstunden in der Sekundarstufe I allein für das Fach Wirtschaft (Kaminski & Eggert 2008, 25). Das neue Separatfach soll auf Kosten der übrigen sozialwissenschaftlichen Fächer der Domäne entstehen. Argumente für so extreme Ansprüche müssen im Vergleich zu anderen etablierten oder potenziellen Domänen und Subdomänen überzeugen, etwa Recht, Gesellschaft, Medien, Politik. Aber diese Argumente fehlen. Als konzeptionelle Alternative führt die sozioökonomische Bildung die sozialwissenschaftliche Tradition ökonomischer Bildung fort und modernisiert sie. Sozioökonomische Bildung heute versteht sich als Teil der vielgestaltigen fachdidaktischen, curricularen und pragmatischen Traditionslinie des sozialwissenschaftlichen Felds der Allgemeinbildung, die Wirtschaft immer schon in ihrem gesellschaftlichen und politischen Kontext thematisiert hat. Die sozioökonomische Tradition prägte und prägt in der Wissenschaft die Arbeits-, Konsum- und Wirtschaftsdidaktik, in der Hochschule die Lehrerausbildung, in der Bildungsadministration die Curricula sowie die Lehrerfortbildungen, im Verlagswesen die Produktion von Schulbüchern und Lehr-Lernmaterialien und in der Unterrichtspraxis Themen, Fragestellungen und Herangehensweisen. Die sozioökonomische Orientierung greift bewusst innovative Ansätze in Wirtschaftswissenschaften, Konventionenökonomie und Wirtschaftssoziologie auf und bewegt sich damit auf der Höhe des internationalen sozialwissenschaftlichen state of the art.

2.1 Begriffe zum Begreifen

In der Wirtschaftsdidaktik herrscht eine Konfusion bei Kernbegriffen wie Wirtschaft und Ökonomie, Disziplin und Domäne. „Ökonomische“ Bildung bleibt deshalb ein vager Begriff, der mit wechselnden Bedeutungen benutzt wird. Der begrifflichen Klarheit halber verwende ich im Folgenden Wirtschaftswissenschaften und wirtschaftswissenschaftlich für die wissenschaftlichen Disziplinen (insbesondere VWL und BWL), ihre Theorien, Modelle und Instrumente, Wirtschaft und wirtschaftlich bzw. Ökonomie und ökonomisch für Phänomene, die zum Realbereich Wirtschaft gehören. Die meisten Wirtschaftsdidaktiker gehen mit diesen Begriffen sorglos um, sie verwenden beispielsweise ökonomisches Denken mal für wirtschaftswissenschaftliches Denken, mal für wirtschaftliches Denken. Man muss aber klar unterscheiden: Einkaufen ist wirtschaftliches Handeln, ob es wirtschaftswissenschaftlich informiertes Handeln ist, bleibt dabei offen, man kann es zumindest mit wirtschaftswissenschaftlichen Mitteln beschreiben und analysieren, ebenso gut aber auch mit wirtschaftssoziologischen oder wirtschaftshistorischen Konzepten. Disziplinen heißen Disziplinen, nicht Domänen. Der Volkswirtschaftslehre lasse ich ihren angestammten Namen, sie als Ökonomik zu bezeichnen ist schick, aber zumindest im fachdidaktischen Kontext irreführend. Domäne und Subdomäne nutze ich ausschließlich für die Bezeichnung eines Bereichs der Allgemeinbildung, also etwa wirtschaftswissenschaftliche oder wirtschaftliche Domäne. Den vielgestaltigen Realitätsbereich Wirtschaft nenne ich aufgrund seiner dynamisch fließenden Grenzen auch das wirtschaftliche Feld. Eine ökonomische Bildung, die sich allein durch die Wirtschaftswissenschaften begründet und nur aus ihnen schöpft, heißt folgerichtig wirtschaftswissenschaftliche Bildung.

3 Gegenstandsbereich und Domäne: Wirtschaft in der Gesellschaft

Mit den Formeln „Wirtschaft in der Gesellschaft“ und „Wirtschaft für die Gesellschaft“ kann man das große Themenfeld umreißen, mit dem sich sozioökonomische Bildung in deskriptiver, analytischer, normativer und pragmatischer Hinsicht auseinandersetzt.

3.1 Gegenstandsbereich: Was ist Wirtschaft?

Gegenstandsbereich der sozioökonomischen Bildung sind Wirtschaft und Wirtschaften in der Gesellschaft. Sie erfüllen vor allem die Funktionen Produktion, Konsum, Verteilung, um die materielle Reproduktion der Gesellschaft und ihrer Mitglieder zu sichern. Sozioökonomische Bildung grenzt ihren Gegenstandsbereich mit Hilfe eines materialen Wirtschaftsbegriffs ab, verwendet im Unterricht aber auch einen formalen Begriff (zum Folgenden vgl. Hedtke 2014b, 15 f.). Aus materialer Perspektive geht es ihr um den spezifischen Realitätsbereich Wirtschaft – man kann differenzierungstheoretisch auch vom Funktionssystem Wirtschaft sprechen – und seine spezifische Reproduktionsfunktion. Der Gegenstandsbereich schließt also das Produzieren, Verteilen und Konsumieren von Gütern und Dienstleistungen ebenso ein wie Institutionen – etwa Regeln, Kulturen und Normen –, Märkte und Netzwerke, Organisationen wie Unternehmen oder Behörden und andere Akteure, die alle zur Reproduktion beitragen und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür schaffen oder die Folgen davon mitverursachen. Genau genommen ist der Gegenstandsbereich Wirtschaft ein soziales Konstrukt, mit dem man zahlreiche materielle und ideelle Phänomene ordnend zusammenfasst. „Wirtschaft“ ist eine kollektiv geteilte Vorstellung (soziale Repräsentation), die ausdrückt, welche Phänomene eine Gesellschaft in die Kategorie „Wirtschaft“ einordnet, indem sie ihnen einen vorwiegend „ökonomischen“ Sinn zuschreibt, etwa den der allgemeinen Wohlstandsproduktion, des individuellen Einkommenserwerbs oder der fortschreitenden Rationalisierung. Wirtschaft ist in den Kontext der Kultur einer Gesellschaft eingebettet, die spezifsche Wirtschaftskulturen entwickelt, in die sie Individuen hineinsozialisiert und zu denen sie sie heranerzieht. Sozioökonomische Bildung betrachtet deshalb Wirtschaft und Wirtschaften (auch) als historische, kulturelle, vielfältige und wandelbare Phänomene. Die konkreten Ausgestaltungen des Verhältnisses von Wirtschaft und Gesellschaft – etwa Wirtschaftsordnungen und -politiken, Energieerzeugungstechniken, Unternehmensformen, Haftungsregeln, industrielle Beziehungen, soziale Sicherung – verkörpern meist Kompromisse aus früheren Konflikten. Die Kompromisse bleiben latent umstritten, die zu Grunde liegenden Konflikte sind aber zurzeit stillgestellt. Sozioökonomische Bildung nimmt deshalb die gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen um die Zähmung oder Entfesselung des Kapitalismus und um die soziale Einbettung oder Entbettung der Wirtschaft in den Blick. Ökonomistische Bildung, insbesondere ihre monoparadigmatische Variante, trägt zur Legitimation der herrschenden wirtschaftlichen Verhältnisse bei, sie wirkt potenziell ideologisch. Mit den Konflikten um die Ausgestaltung ökonomischer Bildung und um ein Schulfach Wirtschaft verbinden sich deshalb auch politisch-ideologische Interessenlagen. Diese Bezeichnung des Gegenstandsbereichs sozioökonomischer Bildung entspricht in etwa dem Wirtschaftsbegriff, der in der Wirtschaft selbst sowie in Politik, Gesellschaft und Recht vorherrscht. Der Begriff Wirtschaft bestimmt sich in Abhängigkeit von Zeit, Ort und Perspektive, das gesellschaftliche Verständnis von Wirtschaft wandelt sich. Das zeigt das Exempel der Vorstellungen von Arbeit: Arbeit als Berufung und Ausdruck innerweltlicher Askese, als „rationalisierte Weltaneignung und Weltgestaltung“, als „Schaffung von wirtschaftlichen Werten“ und als „Selbstverwirklichung des Subjekts“ (Jochum 2010). Das Beispiel Arbeit zeigt zugleich, dass in der Wirtschaft einer pluralistischen Gesellschaft immer mehrere Auffassungen von wirtschaftlichen Phänomenen nebeneinander existieren (ökonomischer Multikulturalismus). Sozioökonomische Bildung arbeitet im Unterricht selbstverständlich auch mit einem formalen Wirtschaftsbegriff, der sich auf Konzepte wie Zweckrationalität, Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Rentabilität stützt. Denn in einem Teil ihrer Bezugswissenschaften, vor allem im Mainstream der Wirtschaftswissenschaften, spielt dieser Wirtschaftsbegriff in Theorieund Modellbildung eine wichtige Rolle. Er prägt die Modellvarianten des homo oeconomicus, nicht selten auch das implizite Menschenbild sowie viele, aus dieser Modellierungskultur abgeleitete Handlungsempfehlungen, etwa in Form der Steuerung individuellen Handelns durch von Seiten der Politik oder der Unternehmen strategisch eingesetzte Anreizstrukturen. Empirisch betrachtet passt er zum heute zunehmend verbreiteten zweckrational-kalkulativen Handlungstyp in vielen Bereichen der Gesellschaft. Der in die Jahre gekommene homo oeconomicus und seine modernen Verwandten wie homo socio-oeconomicus, monetärformale Maximen wie etwa Wirtschaftlichkeitsprinzip oder Rentabilität nehmen in der Wirtschaft, in ihren Organisationen und in den Sozialwissenschaften einen wichtigen Platz ein. Im fachdidaktisch-konzeptionellen Begründungszusammenhang versteht sozioökonomische Bildung im Anschluss an Max Weber wirtschaftliches Handeln als soziales, d. h. auf andere und an Anderen orientiertes Handeln. Sozioökonomische Bildung zieht im curricular-unterrichtlichen Planungs- und Praxiszusammenhang selbstverständlich als Kontrastfolie auch den Typus des isolierten wirtschaftlichen Kalküls des Einzelnen heran (homo oeconomicus). Das folgt zwingend aus dem Prinzip der Wissenschaftsorientierung, das verlangt, wissenschaftliche Pluralität angemessen zu berücksichtigen. Dass man den Gegenstandsbereich Wirtschaft flexibel abgrenzen muss, zeigt das Phänomen der Ökonomisierung. Als Ökonomisierung der Gesellschaft bezeichnet es die Ausdehnung des Modus von Kalkül, Monetarisierung und Maximierung auf bisher nicht oder nur nachrangig dem wirtschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Denken unterworfene Lebensbereiche. Als Ökonomisierung der Wirtschaft beschreibt es den zunehmenden „Zwang“ zu unablässiger und unbegrenzter Rationalisierung und Renditesteigerung. Die Subjekte sind in das wirtschaftliche Feld verstrickt. Die doppelte Ökonomisierung erleben Lernende als gesellschaftliche Erwartung, alles Handeln als entscheidungsförmig aufzufassen; die ökonomistische Bildung verstärkt diese Erwartung statt sie kritisch zu reflektieren; es wäre zu prüfen, ob die Wirtschaftspädagogik hier kritischere Impulse liefert als die Wirtschaftsdidaktik. Ökonomisierung können Lernende als Chance oder als persönliche Zumutung erfahren und bewerten. So spricht viel dafür, dass der faktische Zwang, sich selbst um eine private kapitalgedeckte Altersversorgung kümmern zu müssen, als Verlust an Lebensqualität erlebt wird, weil man so mehr Lebenszeit als bisher für monetär-instrumentelle Tätigkeiten aufwenden muss. Umgekehrt mögen die Lernenden die kapitalistische Leitidee des Arbeitskraftunternehmers, der renditeorientiert in die Akkumulation des eigenen Humankapitals investiert und sich optimal vermarktet, im Rahmen schulischer Berufsorientierung als eine willkommene Befreiung von den normativen Zwängen konventioneller Berufsethik und eine Chance zur instrumentell-kreativen Maximierung des eigenen Lebenseinkommens wahrnehmen. Beide Perspektiven – und ihr Gegenteil – können die Selbstund Weltverhältnisse der Jugendlichen verändern, sind also bildungsrelevant (vgl. Kap. 7.). Ökonomisierung verlangt deshalb nach differenzierten Deutungsmustern, persönlich verfügbaren Strategien und Umgangsweisen und nach kritischer Reflexion. Eine subjektsensible sozioökonomische Bildung passt deshalb bestens zu ihrem Gegenstandsbereich, seinen Themen und Problemen.

3.2 Subdomäne: Wohin gehört Wirtschaft?

Weder die sozialwissenschaftlichen Fachdidaktiken insgesamt, noch die Wirtschaftsdidaktik als eine ihrer Disziplinen verfügen über ein konsensuelles Domänenkonzept. Ganz im Gegenteil, die Jahrzehnte alten Kontroversen darüber halten bis heute an, ihre Kernpositionen sind kaum verändert. Im Feld schulischer Bildung verortet sich die sozioökonomische Bildung in der Subdomäne Wirtschaft, die sie als Teil der Domäne Gesellschaft versteht. Das legt zum einen die Definition des Gegenstandsbereichs von sozioökonomischer Bildung nahe. Zum anderen ergibt sich dies aus Strukturierung des Allgemeinbildungskanons nach Weltzugängen und Leitperspektiven, die sich international in ganz ähnlichen Formen herausgebildet und etabliert hat (Baumert 2002, 106 ff., 113). Denn nur „vom Ganzen des Lehrkanons her“, so Josef Derbolav schon 1957, kann man „die Frage nach dem Bildungswert der Wirtschaftsfächer“ beantworten (Derbolav 1957 / 1975, 20). In dieser universalen kanonischen Grundstruktur steht unsere Domäne – mit im Einzelnen unterschiedlicher Abgrenzung und Bezeichnung – für einen Modus des Weltzugangs, des Weltverstehens, der Welterfahrung, für eine Weltsicht und damit für eine kanonische Dimension der Allgemeinbildung, die sich in einem Lernbereich Gesellschaft(swissenschaften) ausdrückt. Dafür gibt es unterschiedliche Bezeichnungen, man kann es den historisch-gesellschaftlichen Weltzugang nennen. Die Domäne Gesellschaft im engeren Sinne umfasst die Subdomänen Politik (nicht gleichzusetzen mit Politikwissenschaft), Wirtschaft (≠ Wirtschaftswissenschaften) und Gesellschaft (≠ Soziologie). Im weiteren Sinne schließt der Domänenbegriff auch Geschichte und Geographie ein. Beide Domänenbegriffe entsprechen der offenen Begrifflichkeit von Franz Weinert und in der Klieme-Expertise und vermeiden eine Verkürzung von Domäne auf Disziplin oder (Schul-) Fach. Man kann leicht erkennen, dass Domänen und Subdomänen kontingente und pfadabhängige Konstrukte sind (Weber 2010b, 105 f.). Alternative Domänenstrukturen wie z.B. Arbeit-Wirtschaft, Wirtschaft-Hauswirtschaft oder Geographie-Wirtschaft demonstrieren dies (vgl. Tab. 1). Man kann der Domäne auch die Konstruktion einer politisch-ökonomischen Bildung zu Grunde legen, z.B. für die allgemeine Bildung im beruflichen Schulwesen (Jung 2007; Zurstrassen 2009). Eine einzige, universal überlegene Best-Practice-Lösung gibt es nicht – aber die breiter angelegte sozioökonomische Bildung ist einer enggeführten wirtschaftswissenschaftlichen Bildung mit Blick auf den Gegenstandsbereich Wirtschaft und die Domäne Gesellschaft überlegen. Es liegt nahe, sozioökonomische Bildung als Teil einer umfassenderen sozialwissenschaftlich fundierten Bildung zu konzipieren und damit die sozialwissenschaftliche Tradition fortzuführen. Schon vor zwei Jahrzehnten brachten dies Dietmar Ochs und Bodo Steinmann programmatisch auf den Punkt und skizzierten den „Beitrag der Ökonomie zu einem sozialwissenschaftlichen Curriculum“ (Steinmann & Ochs 1994). Das Spezifikum von einer Bildung aus sozialwissenschaftlicher Perspektive liegt darin, dass sie sich vorrangig mit gesellschaftlichen, d.h. mit kollektiven politischen, wirtschaftlichen und sozialen Phänomenen und Problemen und mit gesellschaftlich bedingten individuellen Phänomenen und Problemen beschäftigt. Das schließt selbstverständlich die Mikroebene ein, etwa das mitbestimmte Unternehmen oder den durch Arbeitslosigkeit verarmten Privathaushalt. Sozioökonomische Bildung fördert dann „Fähigkeiten und Fertigkeiten in sozial, politisch und ökonomisch geprägten Situationen und Strukturen des gesellschaftlichen Zusammenlebens“ (Weber 2010a, 108, Hervorh. RH). Aus dem so umrissenen Zuständigkeitsbereich einer sozialwissenschaftlichen Bildung und aus ihrer Domäne würden allerdings private pragmatische Problemstellungen konsequenterweise herausfallen müssen. Dazu zählen Fragen für den Einzelfall wie die der optimalen Altersvorsorge, des passenden Versicherungsportfolios oder der aussichtsreichen Bewerbung für einen Ausbildungsplatz. Politische Fragen zu diesen Gebieten gehören selbstverständlich dazu, etwa wie man den Bereich privater Altersvorsorge regulieren, welche Anlageformen man erlauben und wie man das Risiko zwischen Finanzindustrie, Staat und Kunden verteilen soll. Pragmatisch motivierte Kompetenzen für konkrete Lebenssituationen (früher hieß das Lebenshilfe) könnte man dann einer speziell dafür ausgelegten Domäne überantworten. Sie könnte Arbeit–Wirtschaft– Hauswirtschaft oder Lebenskunde heißen, wie es in der Sekundarstufe I in vielen Schweizer Kantonen der Fall ist. Alles was hier gelehrt und gelernt würde, müsste selbstverständlich bildungstheoretischen Kriterien genügen: es muss für alle notwendig und von allen im Grundsatz anerkannt sein, es kann nur durch Schulunterricht ausreichend erworben werden, es respektiert die freie individuelle Lebensgestaltung und präsentiert deshalb Alternativen, es wird theoretisch angeleitet auch kritisch reflektiert. Die Bildungspolitik lagert solche pragmatischen Kompetenzen aber meist in vorhandene Domänen und Fächer ein, ganz unbeeindruckt davon, ob sie deren Struktur stören oder nicht. Die wissenschaftliche Fachdidaktik besitzt kein Primat für die Definition von Domänen der Bildung, wissenschaftsförmiges Wissen hat keine prinzipielle Priorität gegenüber anderen Wissensformen (Grammes 2009). Deshalb erkennt die sozioökonomische Bildung ein verteiltes Definitionsrecht über die Domäne und das ihr zugeordnete Wissen ausdrücklich an. Die oben angesprochene kanonische Struktur der Allgemeinbildung verkörpert einen ersten, tradierten und bildungstheoretisch legitimierten Anspruch auf Domänendefinition. Einen zweiten professionell, politisch und administrativ gestützten Anspruch bringt das kanonisierte und traditionsbildende schulspezifische Domänenwissen zum Ausdruck, das sich in Kerncurricula, Schulfächerstrukturen, Bildungsplänen, Unterrichtspraxis und Lehr-Lern-Mitteln manifestiert. Die Kultur des schulspezifischen Domänenwissens ist ein „Wissensbereich eigenen Rechts“ (Baumert & Kunter 2006) neben dem fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Wissen. In diesem Wissensbereich hat sich ein Kanon von Leitzielen und Themenfeldern der gesellschaftlichen Domäne herauskristallisiert (vgl. Tab. bei Weber 2012).

4 Leitziele, Themenfelder und Prinzipien

Hinter obligatorischen Themenfeldern stehen allgemeindidaktische, fachdidaktische und bildungspolitische Ziele, die man mit deren Behandlung im Unterricht zu erreichen hofft. Hier seien die Leitziele der sozioökonomischen Bildung nur konzentriert zusammengefasst, ausführlichere Erläuterungen finden sich andernorts (Famulla et al. 2011; Hedtke 2014a, 85 ff.; Weber 2014, 136 ff.; Kutscha 2014, 73 ff.; Engartner & Krisanthan 2014, 165 ff.; Kölzer & Schwier 2014, 332 ff.). Mit der bildungstheoretischen Begründung der Ziele setze ich mich in Kap. 8 auseinander. Man kann man die Leitziele sozioökonomischer Bildung mit Bezug auf Günter Kutscha und Birgit Weber zusammenfassen. Zunächst lassen sich drei Basiskompetenzen bestimmen:

  • „wirtschaftliche Phänomene im Kontext ihrer sozialen und politischen Handlungsbedingungen differenziert wahrzunehmen und zu verstehen (Wahrnehmungs- und Orientierungsfähigkeit),
  • vernünftig begründungsfähige Entscheidungen in Bezug auf ausgewählte und für die Lernenden bedeutsame ökonomische Handlungspraxen zu entwickeln (Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeit) sowie
  • die gesellschaftlichen und individuellen Folgen ökonomischer Entscheidungen und wirtschaftspolitischer Maßnahmen kritisch abzuwägen und selbständig zu beurteilen (Urteils- und Kritikfähigkeit)“ (Kutscha 2014, 74).

Quer zu diesen Basiskompetenzen liegen Ziele, die sich auf Bildung für Lebenssituationen, die dafür relevanten Kategorien und die wissenschaftlichen und politischen Alternativen beziehen:

  • „Aufklärung über ökonomisch geprägte Lebenssituationen, ihre Gefährdungen und Handlungsspielräume […]
  • Ermittlung und kritische Reflexion relevanter ökonomischer Kategorien statt bloßer Legitimation […]
  • Einbeziehung alternativer ökonomischer und sozialwissenschaftlicher Denkansätze und Wirtschaftsformen“ (Weber 2014, 136, Hervorh. entfernt).

Die sozioökonomische Bildung betont die kritische Perspektive und begründet dies nicht nur fachlichfachdidaktisch, sondern auch bildungstheoretisch und allgemeindidaktisch (vgl. Kap. 6). Das Leitziel einer kritischen Bildung zieht sich wie ein roter Faden durch den fachdidaktischen Diskurs der letzten vierzig Jahre. Dagegen hat „die ökonomistische Wirtschaftsdidaktik […] das kritische Moment zunehmend aus ihrer Konzeption herausgeschrieben“ (Zurstrassen 2014, 25). Das bestärkt auch der für den Anspruch von Bildung unabdingbare Subjektbezug, der auch die „Sozialdimension von Subjektivität“ beinhaltet: er „rekurriert auf das Prinzip der Emanzipation“ (Kutscha 2014, 74).

4.1 Sozioökonomische Problemlagen und Philosophien

Die sozioökonomische Bildung muss grundsätzlich die Inhaltsgebiete und Themenfelder bedienen, die sich im Laufe der Zeit im schulspezifischen Domänenwissen etabliert haben. Unter den klassischen Feldern finden sich dort – mit wechselnden Bezeichnungen – Haushalt und Konsum, Berufswahlorientierung, Unternehmen, Wirtschaftsordnung und internationale Wirtschaftsbeziehungen (Weber 2007). Diese Bereiche korrespondieren im Großen und Ganzen den Inhaltsbereichen, Themen oder Handlungsfeldern in konventionellen wirtschaftsdidaktischen Konzepten (z.B. Kaminski & Eggert 2008, 45; Seeber et al. 2012, 75).

Aus fachdidaktikwissenschaftlicher Sicht muss sozioökonomische Bildung darüber hinaus prüfen, ob diese curricularen Felder noch dem Stand der Wissenschaft, den Bildungszielen und den Bildungsbedürfnissen der Subjekte entsprechen. In der Tradition sozialwissenschaftlicher Bildung kann sie dazu Herausforderungen, existentielle Probleme oder Schlüsselprobleme als Strukturierungsprinzip verwenden (vgl. Klafki 1996, 43 ff.; Hilligen 1985, 28 ff., 183 ff.; Gagel 2000, 243 ff.). Im lockeren Anschluss an Wolfgang Klafki schlägt Thorsten Hippe sechs kollektive Schlüsselprobleme vor, die als Strukturraster dienen, um das sozial-wissenschaftliche Wissen auszuwählen, was dazu beizutragen kann, sie in Bildungsprozessen zu beschreiben, zu erklären und zu bearbeiten (Hippe 2010, 49 ff., 384 ffl.). In Kurzform und ergänzt lauten sie:

  • Effektivität und Legitimität politischer Entscheidungen,
  • internationaler Frieden und Unterbindung von Gewalt,
  • gesamtwirtschaftlicher Wohlstand und sozioökonomische Gerechtigkeit,
  • ökologische Lebensgrundlagen und Nachhaltigkeit,
  • friedlich-produktives Zusammenleben und sozioökonomische und kulturelle Integration,
  • Armut und Verwirklichungschancen im globalen Kontext.

Das ist weder vollständig noch endgültig, es bedarf vielmehr weiterer, auch grundlegender und kritischer Diskussion und regelmäßiger Revision. Schlüsselprobleme müssen einer wissenschaftlichen, vor allem sozialwissenschaftlichen Prüfung standhalten. Vor allem aber benötigen sie eine politische Legitimation durch demokratische Prozesse, wenn sie die obligatorische Bildung strukturieren und motivieren sollen.

Die Relevanz der vier letztgenannten Probleme für die sozioökonomische Bildung leuchtet unmittelbar ein. Dass das zweite Problem relevant ist, zeigt die klassische These, Arbeitsteilung, Handel und Marktwirtschaft wirkten zivilisierend und friedensstiftend (doux commerce-These, vgl. Hirschman 1989, 192 ff.). Das erste Problem betrifft in Verbindung mit dem dritten die politische Gestaltung des wirtschaftlichen Feldes. Alle sechs legen eine kombiniert politisch-ökonomisch-soziale Herangehensweise nach dem Motto Wirtschaft in der Gesellschaft nahe. Diese Konfiguration kollektiver Probleme reicht nicht aus. Man muss sozioökonomisch relevante subjektive Schlüsselprobleme der Bildungsprozesse in Kindheit und Jugend als außerordentlich wichtigen Auswahlmaßstab ergänzen. Jugendliche erleben vor allem den antizipierten Übergang von der Schule in die Ausbildungs- und Arbeitswelt als ein subjektives Schlüsselproblem (Gaupp 2013; Oechsle et al. 2009, 55 ff., vgl. Kap. 6). Es ist Aufgabe der Didaktik der sozioökonomischen Bildung die relevanten subjektiven Schlüsselprobleme zu identifizieren. Mit Blick auf die eigenen Welt-, Selbst- und Fremdverhältnisse umfasst die sozioökonomische Bildungsaufgabe des zunehmenden Erwachsenwerdens auch die eigene Entwicklung wissenschaftlich aufgeklärter, erfahrungsbezogener und wertgeladener philosophischer Konzepte und damit verbundener Agenden. Die Forderung, Wirtschaft in einem fächerintegrierenden „philosophischen Gedankengang“ zu reflektieren, erhebt schon Josef Derbolav (Derbolav 1957 /1975, 24). Meine vorläufige Liste lautet:

  • Was ist meine Leitvorstellung von Arbeit und von mir als Erwerbstätige? Wie komme ich ihr näher? (Arbeitsphilosophie)
  • An welchen Ideen soll(en) sich meine Konsumkultur(en) orientieren? Wie kann ich mich dahin entwickeln? (Konsumphilosophie)
  • Was soll mein Verhältnis zu Geld und materiellem Wohlstand sein? Was kann ich tun, um dies zu realisieren? (Wohlstandsphilosophie)
  • Wie soll das sozioökonomische Zusammenleben gestaltet sein? Wie will ich und wie soll man dabei mit Einzelnen und Gruppen umgehen? (Sozialitätsphilosophie)
  • Welches Leitbild von einer guten Wirtschaft überzeugt mich? Wie kann ich mich dafür einsetzen und will ich das tun? (Wirtschaftsphilosophie)

Diese wirtschaftsphilosophischen Vorstellungen durchdringen das subjektive Denken und Handeln, sie durchwirken es mit allgegenwärtiger Normativität und verbinden es mit sozioökonomischen Kulturen. Kollektive wirtschaftskulturelle Vorstellungen rahmen und prägen diese persönlichen, durch Bildungsarbeit an sich selbst und in Auseinandersetzung mit der Welt und mit anderen zu entwickelnden Vorstellungen und Positionen. Hier geht es um die – für das eigene und für das Leben aller – wirklich wichtigen Fragen, die sich unter der Formel „Was ist das gute wirtschaftliche Leben?“ fassen lassen. Dies kann man nicht auf Entscheidungen, Wahlhandlungen oder Optimierungsprozesse reduzieren, an die ethische Reflexionen von außen herangetragen werden. Es würde den Charakter dieser sozioökonomischen Bildungsaufgaben verfehlen.

4.2 Sozioökonomische Bildungsprinzipien

Sozioökonomische Bildung zeichnet sich schließlich durch eine Reihe von Bildungsprinzipien aus, die sie besonders betont. Auch diese kann ich hier nur zusammenfassend benennen (ausführlicher in Famulla et al. 2011; Famulla 2014, 390 ff.; Hedtke 2014a; Weber 2014; Engartner & Krisanthan 2014). Die elf wichtigsten Prinzipien der sozioökonomischen Bildung lauten:

  • In Bezug auf Bildungssubjekte:
    1. Subjektorientierung durch inhaltlich-thematischen Bezug auf sozioökonomische Lebenswelten, Lebenssituationen, Alltagsphilosophien sowie Weltorientierungen;
    2. Bildungsrelevanz: Beitrag zur persönlichen Entwicklung von Welt-, Selbst- und Fremdverhältnissen mit Bezug auf das Feld Wirtschaft und kritische Reflexion als Relevanzkriterien (vgl. Kap. 6).
  • In Bezug auf Gegenstandsbereiche:
    1. Problemorientierung: Beitrag zu sozioökonomischen Schlüsselproblemen als Auswahlkriterium für Wissensbestände und Kompetenzen;1
    2. Einbettung: soziale, historische und räumliche Kontextualisierung wirtschaftlicher Phänomene und Probleme;
    3. Wissenspluralität: Anerkennung und Relationierung unterschiedlicher Wissensformen (vor allem Alltags-, Kultur-, Professions-, Wissenschaftswissen);
    4. Diversität: Anerkennung und Reflexion ökonomischer Vielfalt und Multikulturalität im wirtschaftlichen Feld;
    5. Kontroversität: Anerkennung und Reflexion unterschiedlicher wirtschaftlicher Weltbilder, Menschenbilder, Normen, Ideologien, auf Wirtschaft bezogener politischer Grundorientierungen und Interessenlagen;
    6. Kritik: theoretisch, empirisch und normativ kritische Analyse der real existierenden Wirtschaft in der Gesellschaft und ihrer Alternativen.
  • In Bezug auf Wissenschaft:
    1. Wissenschaftsorientierung: Wissenschaftlichkeit als ein allgemeines, transdisziplinär methodisches Prinzip der Gewinnung und Prüfung von Wissen und als dessen Gütekriterium; Skepsis und Kritik als wissenschaftlicher Habitus;
    2. Sozialwissenschaftlichkeit: sozialwissenschaftliche Multidisziplinarität und Transdisziplinarität mit Fokus auf den Gegenstandsbereich Wirtschaft;
    3. Multiparadigmatizität: wissenschaftliche Mehrperspektivität durch einen paradigmatischen Pluralismus sozialwissenschaftlicher Konzepte.

Die sozioökonomische Bildung beansprucht für diese Prinzipien kein exklusives Eigentumsrecht. Einige mögen ganz oder teilweise mit Vorstellungen von wirtschaftswissenschaftlicher Bildung übereinstimmen, andere mögen sich miteinander mischen. Das ist noch im Einzelnen zu prüfen. Deshalb kann man den Vergleich der Positionen nicht als dichotomische Gegenüberstellung mit klarer Grenzziehung lesen (vgl. Tab. 2). Die größten Unterschiede bestehen vermutlich bei den fünf auf Gesellschaft bezogenen Prinzipien sowie bei Sozialwissenschaftlichkeit und Multiparadigmatizität. Die eben genannten Prinzipien stellen sicher, dass sozioökonomische Bildung auf der Lehrplan- und Unterrichtsebene selbstverständlich auch wirtschaftswissenschaftliche Perspektiven und Wissensbestände, darunter unter anderem die „Ökonomik“, das mechanistische Weltbild, das Modell des naturgegebenen homo oeconomicus, den kalkulativen Zugang zu den Wirtschaftswelten einschließt. Dies ergibt sich auch aus der Definition des Gegenstandsbereichs, weil all dies empirisch in Wirtschaft und Gesellschaft vorkommt und vorherrscht. Hier müsste eine Skizze der Lebenssituationsorientierung folgen (vgl. Fridrich 2012, 30 ff.). Darauf muss ich an dieser Stelle verzichten, da der wirtschaftsdidaktisch vielbeschworene Begriff „ökonomisch geprägte Lebenssituation“ theoretisch und empirisch unzureichend ausgearbeitet und voller Widersprüche ist. Die Didaktik der sozioökonomischen Bildung braucht Zeit, um dieses Defizit aufzuarbeiten. Im Folgenden erläutere ich kurz, wie sozioökonomische Bildung ihr Verhältnis zu den Bezugsdisziplinen definiert.

5 Zum Wissenschaftsbezug sozioökonomischer Bildung

Ihren Prinzipien folgend pflegt die sozioökonomische Bildung ein „problem- und gegenstandsorientiertes Wissenschaftsverständnis“ (Moldaschl 2015, 362, Hervorh. entf.). Allgemeinbildung soll wissenschaftsorientiert und in der Oberstufe auch wissenschaftspropädeutisch sein, Einführungen in einzelne Disziplinen gehören definitiv nicht zu ihren Aufgaben (vgl. Kap. 7). Es ist trivial, dass man keiner sozialwissenschaftlichen Disziplin die exklusive Zuständigkeit für den Objektbereich „Wirtschaft“ und seine Problemlagen zusprechen kann. Auch innerhalb der Wirtschaftswissenschaften herrscht keineswegs Konsens über den Gegenstandsbereich der Disziplinen (Weber 2010b, 98 ff.). In der Konsequenz muss man ein Schulfach Wirtschaft multidisziplinär anlegen. Solange das Prinzip der Wissenschaftsorientierung für schulisches Lernens greift, verbieten es Pluralismus und Multiparadigmatizität der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, einem Paradigma Priorität zu geben. Denn Schüler/innen könnten der Einseitigkeit eines solchen Schulfachprogramms nicht entkommen, da sie der Schulpflicht unterliegen. Damit stellt sich das Problem, wie man den Wissenschaftsbezug der sozioökonomischen Bildung gestalten soll.

Bezugswissenschaften einer Domäne oder Subdomäne kann man nur aus Bildungszielen heraus begründen. Bildungstheoretische und allgemeindidaktische Anforderungen (vgl. Kap. 7), die Traditionen der ökonomischen Bildung (vgl. Kap. 6), die konstitutiven Charakteristika des Gegenstandsbereichs als Wirtschaft in der Gesellschaft und die gesellschaftliche Einbettung des wirtschaftlichen Erlebens, Denkens und Handelns der Lernenden und das Prinzip der Problemorientierung verlangen eine Bezugnahme auf die Sozialwissenschaften. Hans Bokelmann (1975, 131 ff.) schlug schon 1968 für die ökonomische Bildung relevante Wissensbereiche vor: historisch-politisches, gesellschaftlich-strukturelles, praktisch-betriebliches sowie theoretisch-begriffliches Wissen. Er unterstreicht, dass für die „Analyse der Wirtschaftsgesellschaft […] Die Erkenntnisse der Wirtschafts-und Sozialwissenschaften, insbesondere der Soziologie, genutzt werden“ müssen (ebd., 138). Die zur Bestimmung von Bildungsinhalten bevorzugten Bezugsdisziplinen der sozioökonomischen Bildung sind die, in sich multiparadigmatisch differenzierten Wirtschaftswissenschaften – vor allem der internationale Diskussionsstand der Volkswirtschaftslehre des 21. Jahrhunderts (vgl. Colander et al. 2004) sowie ferner insbesondere die sozialwissenschaftlich interdisziplinär orientierte, von paradigmatischen Kontroversen charakterisierte Betriebswirtschaftslehre (vgl. Schanz 2014, aus Sicht der Wirtschaftspädagogik Aff 2008) –, die Konventionenökonomie (vgl. Diaz-Bone 2015), die Wirtschaftssoziologie und andere wirtschaftlich bildungsrelevante Bereiche der Soziologie (vgl. Hedtke 2014b), die Politische Ökonomie (vgl. Schirm 2013) sowie wirtschaftsbezogene Felder der Politikwissenschaft. Ein so breiter wissenschaftlicher Bezug überfordert nicht, denn hier handelt es sich nur um die Bezeichnung der disziplinären Felder, aus denen die Didaktik der sozioökonomischen Bildung nach den bisher beschriebenen Prinzipien eine der verfügbaren Lern- und Studienzeit angepasste begrenzte Zahl bildungsrelevanter sozialwissenschaftlicher Konzepte auswählt. In keinem Fall geht es um eine mehr oder weniger systematische Einführung in disziplinäre Denkmuster dieser Einzelwissenschaften. Ihre Wissensbestände und Konzepte müssen sich vielmehr durch ihren spezifischen Bildungsbeitrag zu den Welt-, Selbst- und Fremdverhältnissen der Lernenden, zu den kanonischen Inhaltsfeldern und Themen der Subdomäne sowie zu kollektiven und individuellen Schlüsselproblemen ausweisen. Auch das Einüben eines einzigen disziplinären oder transdisziplinären Denkschemas oder einer einzigen Perspektive – etwa „der“ Perspektive „des“ Ökonomen – lehnt die sozioökonomische Bildung als bezugswissenschaftlich und fachdidaktisch unvertretbar ab. Diese wirtschaftsdidaktische Erfindung eines bezugswissenschaftlichen „Methodenmonismus“ verwirft sie als dogmatisch, da „die Komplexität der wirtschaftlich-sozialen Erscheinungen nur mit Hilfe eines ‚Bündels‘ wissenschaftlicher Methoden aufgeklärt werden kann“ (Bokelmann 1975, 133). Vielmehr strebt die sozioökonomische Bildung die Grund legende Kompetenz des reflexiven Theoriegebrauchs an (Moldaschl 2015, 359 ff.). Sie sollte sich aber auch einer vorsichtigen fachdidaktischen Neubewertung des meist verfemten eklektizistischen Denkens nicht von vornherein verschließen (Kutscha 2014, 75 f.). Sozioökonomische Bildung bindet sich bezugswissenschaftlich an keine spezielle Strömung. Das gilt auch für ihr Verhältnis zur Sozioökonomie. Der Dachbegriff Sozioökonomie bezeichnet zwar eine, ihr konzeptionell nahestehende Strömung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Hedtke 2015c; Hellmich 2015). Das resultiert aus den drei konstitutiven Perspektiven sozioökonomischer Wissenschaft: Einbettung / Sozialität, Historizität/Evolution der Wirtschaft, Multimotivationalität/Multikonventionalität der wirtschaftlichen Welten und Handlungsweisen (Hedtke 2015b, 44). Aber Sozioökonomie dient der sozioökonomischen Bildung nur als eine Quelle von wissenschaftlichem Wissen und als eine wissenschaftliche Perspektive neben anderen. Sozioökonomie genießt in der sozioökonomischen Bildung keinen privilegierten Status, dies würde ihren Bildungsprinzipien widersprechen. Anders verfährt dagegen die ordoliberal orientierte deutsche Didaktik, die die hiesige Variante von sozialer Marktwirtschaft zur besten aller Wirtschaftswelten erklärt und ihre Mission als „Bildung zur Sozialen Marktwirtschaft“ versteht. Verglichen mit dem internationalen state of the art bezieht sie allerdings eine national-ökonomische Randposition. Das zog schon in den 1960er Jahren wirtschaftspädagogische Kritik auf sich und motivierte die lapidare Diagnose „Die Schule hinkt, wie immer, hinterher“ (Brakemeier & Lisop 1975, 44). Auch die in Konzepten konventioneller ökonomischer Bildung als Bezugsrahmen beliebte „Ökonomik“ von Karl Homann und Andreas Suchanek (2005) präsentiert eine (minoritäre) Position neben anderen Positionen und eignet sich deshalb nicht als fachwissenschaftliches Fundament für fachdidaktische Bildungskonzepte. Sie kann gleichwohl im Curriculum einen Platz neben anderen Ansätzen finden. Insgesamt fällt auf, dass Konzeptionen konventioneller ökonomischer Bildung die internationale fachwissenschaftliche Literatur kaum rezipieren und sich hauptsächlich auf deutsche Ökonomen stützen (z.B. Kaminski 2008, 22 ff.). Zuspitzend zusammenfassend zeigt die Tab. 2 die wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden fachdidaktischen Strömungen. Bei den Auseinandersetzungen um wirtschaftsdidaktische Konzepte geht es nicht um strategische Züge und taktische Schritte in einem fachdidaktischen Glasperlenspiel. Die Programme und Prinzipien, die sich durchsetzen, bestimmen nämlich die alltägliche Bildungspraxis und ihre curricularen Rahmenbedingungen mit. Die beiden fachdidaktischen Strömungen der wirtschaftswissenschaftlichen Bildung und der sozioökonomischen Bildung spielen auch eine Rolle in bildungs- und gesellschaftspolitischen sowie in weltanschaulichen Konflikten. Als Hintergrundvorstellung strukturieren sie die öffentlichen und bildungspolitischen deutschen Debatten der letzten zwei Jahrzehnte. Initiiert, gespeist und aufrechterhalten wurden sie von seit mehr als 15 Jahren agierenden konservativ-wirtschaftsliberalen Advocacy-Koalitionen für ein Schulfach Wirtschaft (Hedtke 2012; Hedtke 2015a). Dies zeigt sich beispielhaft an zwei Memoranden zur ökonomischen Bildung.

6 Zwei politische Konzepte für ein Schulfach Wirtschaft

Im Jahr 2000 erzielte in Deutschland ein Memorandum zu ökonomischen Bildung öffentliche Aufmerksamkeit, auf das sich Eltern- und Lehrerverbände, Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, Deutscher Gewerkschaftsbund und Gesellschaft für ökonomische Bildung geeinigt hatten (Gemeinsame Initiative von Eltern, Lehrern, Wissenschaft, Arbeitgebern und Gewerkschaften 2000; Kahsnitz 1999, 38, vgl. Tab. 3). Es fordert, „dass sozioökonomische Bildung in allen Schulformen der allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden muss“, und stellt fest: „Eine zeitgemäße sozioökonomische Bildung ist interdisziplinär und praxisorientiert: Sie behandelt ökonomische, soziale, ethische, politische, rechtliche, ökologische und technische Zusammenhänge von Arbeit und Wirtschaft“ (Gemeinsame Initiative von Eltern, Lehrern, Wissenschaft, Arbeitgebern und Gewerkschaften 2000: 1 f.). Das Memorandum postuliert einen Primat der Bildungsziele gegenüber Strukturen und Schwerpunkten der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Bezugsdisziplinen (ebd., 4).

Laut Memorandum geht es im Schulfach Wirtschaft um die „interdisziplinäre Behandlung ökonomischer, sozialer, politischer, rechtlicher, ökologischer und technischer Zusammenhänge des Wirtschaftsund Beschäftigungssystems, die Analyse aktueller wirtschaftlicher und politischer Probleme“ auf der Basis von Kenntnissen „vor allem in den Wirtschafts- und in den Sozialwissenschaften“ (Gemeinsame Initiative von Eltern, Lehrern, Wissenschaft, Arbeitgebern und Gewerkschaften 2000, 5). „Die fachwissenschaftliche Ausbildung zur Lehrbefähigung für das Fach ‚Wirtschaft‘ ist – wie das Unterrichtsfach selbst – interdisziplinär angelegt. Ihre wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Inhalte sind lehramtsbezogen. Das heißt, Fragestellungen und Auswahl der Studieninhalte werden von den Bildungszielen der sozio-ökonomischen Bildung bestimmt.“ (ebd., 7).

Die inhaltlichen Kernpunkte des 2000er Verbändememorandums entsprechen der sozioökonomischen Tradition in Wirtschaftsdidaktik, Curricula und Unterricht:

  • sozioökonomische Bildung,
  • Interdisziplinarität des Schulfachs,
  • Interdisziplinarität der Lehrerausbildung für das Fach,
  • Primat der Bildungsziele,
  • Problemorientierung,
  • Praxisorientierung.

Allerdings gab es schon damals ein klares Kontrastprogramm zur sozioökonomischen Bildung. Es stammt vom Deutschen Aktieninstitut, das 1999 ein bis heute einflussreiches Strategiepapier „Memorandum zur ökonomischen Bildung“ veröffentlichte. Seine Ecksteine sind ökonomische Bildung ohne Präfix „sozio“, Bezug auf wirtschaftswissenschaftliche Disziplinen, „Ökonomik als Erkenntnismethode“ und wirtschaftswissenschaftliche Lehrerstudiengänge, Positionen zu den übrigen Punkten fehlen (Beirat für ökonomische Bildung des Deutschen Aktieninstituts e. V. 1999, 8, 22, 31). Wer sich fragt, ob hinter der langjährigen bildungspolitischen Kampagne für ein separates Schulfach Wirtschaft an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland ein Plan steckt, erhält hier didaktisch aufbereitete Aufklärung über die Strategien (ebd. 1999, 9 ff., 38 ff.). Man lernt hier auch, dass die fachdidaktische und bildungspolitische Konfliktlinie zwischen sozioökonomischer und ökonomischer Bildung um die Jahrtausendwende längst etabliert war. Man begreift nach einem Blick auf die Inhalte rasch, dass der richtige Name für das politische Projekt „wirtschaftswissenschaftliche Bildung“ wäre. Dies hätte aber den Anspruch auf ein eigenes Fach schon im Ansatz entwertet, das Projekt wäre rasch in der bildungspolitischen Bedeutungslosigkeit versunken. Auch wirtschaftsdidaktische Begriffsbildung ist eben Politik.

Auch das ein Jahrzehnt später publizierte Gutachten „Ökonomische Bildung an allgemeinbildenden Schulen“, das der Gemeinschaftsausschuss der deutschen Gewerblichen Wirtschaft beauftragte, markiert ein Gegenprogramm zu sozioökonomischer Bildung (Retzmann et al. 2010). Schlagartig rückte es einen schleichenden Kurswechsel ins Bewusstsein, der in der Wirtschaftsdidaktik sowie in der Bildungs- und Schulfachpolitik in den Nullerjahren durchgesetzt wurde – und löste Protest dagegen aus. Auf teils scharfe Kritik stieß das Gutachten unter anderem wegen der Parteinahme für die orthodoxe Ökonomik, Ökonomisierung der ökonomischen Bildung, der Ablehnung von sozialwissenschaftlicher Interdisziplinarität und dem Plädoyer für ein rein wirtschaftswissenschaftliches Unterrichts- und Lehramtsstudienfach (Hedtke et al. 2010). Hinter den beiden so unterschiedlichen Memoranden der Jahrtausendwende und den Debatten um das Gutachten von 2010 verbergen sich grundsätzliche Kontroversen um die Philosophie des Schulfaches oder Lernbereichs und um das Verhältnis zum wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream (Neoklassik). Sie gehen bis in die 1960er Jahre zurück. Auch die sozioökonomische Bildung hat dort ihre Wurzeln; deshalb wird im Folgenden kurz an diese wirtschaftsdidaktische Tradition erinnert.

7 Die Tradition der sozioökonomischen Bildung

Sozioökonomische Allgemeinbildung begründet sich aus der wirtschaftsdidaktischen Tradition heraus (Weber 2014, 133 ff.). Der sozioökonomische Ansatz steht für eine allgemein bildende wirtschaftsdidaktische Denktradition, deren Grundgedanken man bis in die 1960er Jahre und früher zurückverfolgen kann (Bokelmann 1964; vgl. Tab. 4). In ihren bildungstheoretischen Begründungen für die „Möglichkeit, Ökonomie als Bildungsangebot zu begreifen“ betonten Josef Derbolav, Hans Bokelmann oder Herwig Blankertz, dass dies voraussetze, die „Grenzen und Gefahren des Ökonomischen“ zu thematisieren und den „homo oeconomicus in der Idee des Wirtschaftsbürgers zu überbieten“ (Kutscha 2014, 66 ff.). Ökonomische Bildung soll kritische und ideologiekritische Bildung sein, eine „[k]ritische Einstellung zur ‚Wirtschaftsgesellschaft‘ ist die Basis für ökonomische Bildung und ihre Theorie“ (Bokelmann 1975, 127). Schon in den 1970er Jahren entsteht ein sozialwissenschaftlicher Ansatz ökonomischer Bildung. Für Hans Kaminski (1977, 15) beispielsweise ist „ökonomische Grundbildung sozialwissenschaftliche Grundbildung“ und didaktische Kriterien dafür müssten sich „ihres unabdingbaren sozialwissenschaftlichen Kontextes bewußt“ sein. Ökonomische Bildung, so heißt es dort weiter, „bedingt eine ‚Lernbereichsdidaktik‘, die sich mit den gesellschaftlichen Handlungsfeldern der Lernenden auseinandersetzt und nicht mit einer einzelnen Fachdisziplin“, deshalb sei ökonomische Bildung „sozialwissenschaftliche Bildung für komplexe Lernbereiche“ mit einem Akzent auf Wirtschaftswissenschaften als „fachwissenschaftliches Pendant“. (ebd., 16 ff., vgl. 116 ff.). Der Erklärung von realweltlichen, etwa mit Berufswahl oder Konsum verbundenen Situationen stünden die Wirtschaftswissenschaften „ziemlich hilflos“ gegenüber, weshalb man „von den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen Anleihen aufnehmen“ müsse (ebd., 101). Zu Beginn der 1980er Jahre präsentiert Heinz Klippert (1981) seine „Grundlegung eines problem-orientierten Wirtschaftsunterrichts“ . Er verlangt, „daß die Betrachtung wirtschaftlicher Sachverhalte und Probleme stets zur Soziologie und Politik hin geöffnet wird, damit die sozialwissenschaftlichen Bezüge des Objektbereichs Wirtschaft angemessen Berücksichtigung finden“ (ebd., 4). Klippert kritisiert den „Ökonomismus in der Wirtschafts- und Arbeitslehre“, den er als „isolierte Betrachtung volks- und betriebswirtschaftlicher Grundbegriffe, Modelle und Sachaussagen unter weitgehender Ausklammerung ihrer politischen, sozialen und sonstigen gesellschaftlichen Bezüge“ definiert (ebd., 16). Im Mittelpunkt seines „problemorientierten Ansatzes“, die einem„integrationsdidaktischen“ Anspruch folgt, steht die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit wirtschaftlich-sozialen Problemen (ebd., 52 ff.). Bereits die Positionen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (1977) und der Arbeitgeberverbände (1980) zur Arbeitslehre offenbaren die Konfliktlinie zwischen einer integriert-interdisziplinären „sozialkundlich-politische[n] Orientierung der Wirtschaftsund Arbeitslehre“ und einer „fachwissenschaftlich und fachsystematisch“ akzentuierten Fachvorstellung (Klippert 1981, 13). Beide Seiten legten den mal manifesten, mal latenten Konflikt im Jahr 2000 in einem Konsens über sozialwissenschaftlich orientierte, sozioökonomische Bildung bei. Zehn Jahre später kündigten ihn die Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände durch ein von ihnen beauftragtes Fachgutachten faktisch auf (Retzmann et al. 2010; vgl. Tab. 3).

Dieses Gutachten markiert zugleich den Versuch einer wirtschaftswissenschaftlichen Wende der Wirtschaftsdidaktik. Es fordert, ökonomische Bildung in einem eigenen Schulfach „Ökonomie“ zu organisieren. Dessen Bezugsfachwissenschaft sei die „Ökonomik“ bzw. die „Ökonomie“ – eine unscharfe Bezeichnung für die Wirtschaftswissenschaften –, Wirtschaftspsychologie, -soziologie und -statistik und andere Sozialwissenschaften fehlen dagegen im Fachstudium und im Schulfach ganz (Retzmann et al. 2010, 16, 99, 103, 113, 116). Die (einzige) „ökonomische“ Erkenntnisperspektive sei „die Verbesserung der (wirtschaftlichen) Situation und Effizienz sei der wichtigste Beurteilungsmaßstab „des Ökonomen“ (ebd., 17, 20).

Man kann festhalten: Fundamental unterschiedliche didaktische Denkfiguren prägen das wirtschaftsdidaktische Feld der Allgemeinbildung also schon seit fast einem halben Jahrhundert. Man kann festhalten: Fundamental unterschiedliche didaktische Denkfiguren prägen das wirtschaftsdidaktische Feld der Allgemeinbildung also schon seit fast einem halben Jahrhundert. Gegen Ende der 1980er Jahre entwirft HansJürgen Albers (1987, 137, 153) eine „Allgemeine sozio-ökonomisch-technische Bildung“, hebt die „Verklammerung wirtschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Aspekte“ hervor und begründet sein Bildungskonzept mit „der Bedeutung von Wirtschaft und Technik im beruflichen, privaten und gesellschaftlich-politischen Leben jedes einzelnen“. In „Der Beitrag der Ökonomie zu einem sozialwissenschaftlichen Curriculum“ konstatieren Bodo Steinmann und Dietmar Ochs, „komplexe Lebenssituationen [sind] nur im Zusammenwirken der verschiedenen Wissenschaften erklärbar, so daß Didaktik zwangsläufig fächerübergreifend angelegt sein“ und Psychologie, Soziologie, Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft einbeziehen muss (Steinmann & Ochs 1994, 42 f., zit. 43). In der „Einbettung der ökonomischen Bildung in ein auf die Gesellschaft als Ganzes bezogenes Curriculum“ dafür sieht Steinmann die Lösung für eine systematische Integration (Steinmann 1997, 20). Günther Seeber präsentiert eine „Moderne Sozioökonomie als Herausforderung für die ökonomische Bildung“ (Seeber 1997). Mit Bezug auf das Selbstverständnis der Society for the Advancement of SocioEconomics (SASE) hebt er sieben „bildungsrelevante Kategorien“ modernen sozioökonomischen Denkens hervor, die „grundsätzlich bei ökonomischen Analysen zu berücksichtigen sind“: mehrdimensionales Menschenbild, Einbeziehung ethischer Kategorien/normative Diskussion, evolutorisches Denken, Berücksichtigung institutioneller Einflüsse, Methodenpluralismus, Interdisziplinarität und Berücksichtigung neoklassischer Forschung (ebd., 193 f.). Zwei weitere Kategorien aus dem SASE-Katalog nimmt er nicht auf: soziale Einbettung der Wirtschaft, Machtbeziehungen/Netzwerke.

Im selben Zeitraum veröffentlicht Dietmar Kahsnitz (1999) sein Konzept „Sozioökonomische Bildung – ein Kernelement der Allgemeinbildung?“ . Ein „angemessenes Verständnis des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems“ verlange „differenzierte, theoretische und empirische Kenntnis aus dem Bereich der Sozialwissenschaften (Wirtschaftssoziologie, -recht und -psychologie) und der Wirtschaftswissenschaften (Betriebs- und Volkswirtschaftslehre)“; Leitperspektive sei die „Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung“ (ebd., 37). Das gelinge nur in „einem eigenständigen Unterrichtsfach ‚Sozioökonomie‘“ (ebd., 37). Kahsnitz‘ Beitrag liefert gewissermaßen die Blaupause für das 2000er Memorandum der Verbände.

Wenige Jahre später legt Kahsnitz (2005, 124, 156) ein Konzept für „eine umfassende integrierte Gesellschaftslehre/ Sozialkunde“ vor, das sozialwissenschaftliche Unterrichtsfach dafür nennt er „Individuum und Gesellschaft“. Es enthält sozioökonomische Bildung als einen Teilbereich, der, wie die anderen auch, „grundsätzlich interdisziplinär und integriert zu unterrichten“ ist. „Fachwissenschaftliche Konzeptionen einer wirtschaftlichen und politischen Bildung“ lehnt Kahsnitz für allgemeinbildende Schulen ab, „weil sie die Bildungsansprüche der Jugendlichen ignorieren“ (ebd., 156, 113).

Auch Seeber (2006) arbeitet an seinen Überlegungen zur Sozioökonomie weiter und baut sein Konzept als „Der sozioökonomische Ansatz in der Fachdidaktik“ aus. „Ökonomie“ (Wirtschaftswissenschaft) liefere dafür „die domänenspezifische Perspektive, „Erkenntnisse anderer Disziplinen sind aber problemorientiert zu integrieren“, dabei sei der „Rückgriff auf eine umfassende Sozioökonomie zielführend“, die „Ökonomie“ werde „in ihren kontextuellen Abhängigkeiten gesehen“ (ebd., 30, 28, 35). Aus Seebers Sicht „korrespondieren“ die Kompetenzstandards der Deutschen Gesellschaft für ökonomische Bildung „mit dem Grundgedanken einer sozioökonomisch orientierten Fachdidaktik“ (ebd., 42).

Wir können also festhalten, dass es sich bei sozioökonomischer Bildung um eine etablierte Tradition im Feld der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fachdidaktiken handelt. Aus den vergangenen Debatten zeichnen sich fünf Kerncharakteristika sozioökonomischer Bildungskonzepte ab:

  • gesellschaftliche Kontextualisierung der Wirtschaft,
  • sozialwissenschaftliche Interdisziplinarität (in Lehrerausbildung, Fachdidaktik, Fach und/oder Unterricht),
  • Bildungs- und Problemorientierung als Auswahlkriterium für Wissenschaftswissen,
  • mehrdimensionales Menschenbild und Akteurkonzept,
  • Pluralismus,
  • kritisch-distanziert-reflektierter Zugang.

Die kritische Denkweise als Leitidee sozioökonomischer Bildung muss man angesichts der heute vorherrschenden funktionalistischen Denkweise besonders betonen. Die sechs Leitideen verbinden die durchaus unterschiedlichen Ansätze der sozioökonomischen Tradition. Holistisch-homogene Einheitsargumentation kann man in den Sozialwissenschaften kaum erwarten. Dass die Tradition der sozioökonomischen Didaktik aus einzelnen Texten einzelner Autoren hervorgeht, die nuancierte, differenzierte und veränderbare Positionen vertreten, kann niemanden überraschen.

Selbstverständlich existieren alternative wirtschaftsdidaktische Ansätze, die Merkmale sozioökonomischer Bildung ablehnen und ganz auf ökonomische Bildung als wirtschaftswissenschaftliche Bildung setzen (z.B. Kaminski & Eggert 2008, Seeber et al. 2012). Sie brechen die sozioökonomische Tradition ab und knüpfen mit ihren Kompetenzkatalogen an die szientistische und monoparadigmatische Wirtschaftsdidaktik der späten 1960er Jahre an. Erich Schneider hat Kernpunkte der wirtschaftswissenschaftlich-ökonomistischen Didaktik schon 1968 formuliert: alles wirtschaftliche Handeln sei quantitatives Entscheiden über die Verwendung knapper Ressourcen, im Zentrum des Unterrichts stehen mathematisierte Modelle von Haushalts- und Unternehmensentscheidungen und Gleichgewicht (Schneider 1968, Kutscha 2014, 69 f.). In den bisherigen Überlegungen wurde der Begriff Bildung nicht expliziert, der Bildungscharakter von ökonomischer bzw. sozioökonomischer Bildung einfach als gegeben unterstellt. In den wirtschaftsdidaktischen Traditionen findet man nur wenige Anknüpfungspunkte, aus denen sich eine solide bildungstheoretische Basis entwickeln ließe. Deshalb sollen im Folgenden Aspekte für einen ersten, noch groben und lückenhaften bildungstheoretischen und allgemeindidaktischen Rahmen sozioökonomischer Bildung aufgezeigt werden.

8 Zur bildungstheoretischen Basis

8.1 Das Subjekt und seine sozioökonomischen Welt-, Selbst- und Fremdverhältnisse

Welche Lernbereiche, Domänen oder Fächer in das Programm der allgemeinbildenden Pflichtschule Eingang finden und welche nicht, hängt von kulturellen Traditionen und von gesellschaftlichen Machtverhältnissen ab. Aus wissenschaftlicher Sicht kommt es auf ihre bildungstheoretische und allgemeindidaktische Legitimierbarkeit und auf ihre relative Dringlichkeit an. Längst nicht alles, was wissenschaftlich oder als Wissenschaft als relevant gilt, kann einen Platz in der Stundentafel erhalten. Aber wirtschaftliche Bildung hat sich dort etabliert.

Grundsätzlich und strukturell gehört (sozio-)ökonomische Bildung längst zum Kanon der Allgemeinbildung. Sie genießt eine gesicherte Stellung in den Stundentafeln der deutschen Bundesländer, meist in Form von Ankerfächern, und gleicht insofern den Subdomänen Politik und Gesellschaft. Mit der allgemeinen Anerkennung ökonomischer Bildung als Allgemeinbildung und mit ihrer Ausformung als Fachkultur in curricularen Thementraditionen und unterrichtlichen Materialien kann man sich jedoch nicht zufrieden geben. Struktur, Grundlinien und Basiselemente (sozio-) ökonomischer Bildung müssen intentional-inhaltlich bildungstheoretischen und allgemeindidaktischen Kriterien entsprechen. Ob und inwiefern das zutrifft, will ich im Folgenden kurz diskutieren.

Für unsere Fragestellung lässt sich die Geschichte der Menschheit als Geschichte des menschlichen Zusammenlebens lesen, das – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Rangordnung – von sechs Grundphänomenen oder Praxisformen bestimmt wird, Arbeit, Ethik, Politik, Kunst, Religion, Erziehung (Benner 2012, 21 f.). Dietrich Benner folgend kann man Arbeit (Ökonomie) ontologisch als eines der sechs „Grundphänomene menschlicher Koexistenz“ als eine Einzelpraxis unter den „notwendige[n] Formen menschlicher Praxis“ auszeichnen, die in historischen Varianten vielfältig miteinander vermittelt sind (ebd., 22 f.). Das unterstreicht – noch einmal – den Allgemeinbildungscharakter der Auseinandersetzung mit dem Gegenstandsbereich Wirtschaft.

Bildung kann man als Aufbau und Entwicklung sowie Veränderung der Welt-, Selbst- und Fremdverhältnisse eines Bildungssubjekts verstehen, das diese vorwiegend im Modus der Reflexion vollzieht (vgl. Koller 2012; Marotzki 1990, 41 ff.). Eine grundlegende Veränderung dieser Verhältnisse kann durch krisenhafte Erfahrungen ausgelöst oder selbst als krisenförmig erfahren werden.

Eine bildungstheoretisch aufgeklärte sozioökonomische Bildung fragt dann, was Subjekte brauchen, um im wirtschaftlichen Feld ihre Welt- und Selbstverhältnisse sowie Fremdverhältnisse zu entwickeln, zu differenzieren, kritisch zu reflektieren und vielleicht zu verändern, und sie fragt, wie schulisch organisierte Lernprozesse dazu beitragen können (Inhalte und Formen der Bildung; vgl. Benner 2012, 165 ff., 231 ff.). Das schließt auch pragmatische, auf Handeln gerichtete Kompetenzen ein, betont aber den systematischen Blickwechsel von unmittelbarer Welterfahrung und Interaktion hin zu den „Erfahrungs- und Umgangsformen eines szientifischen und historischen Wissens und Könnens“ und wieder zurück (Benner 2002, 74).

Eine rein erfahrungszentrierte Bildung stößt dabei früher oder später an ihre Grenzen; dessen ist sich die subjektorientierte sozioökonomische Bildung bewusst. Denn die kritisch reflektierte Rezeption von meist sprachlich oder material repräsentierten, seltener nacherlebten Fremderfahrungen und kulturellen Traditionen macht einen großen Teil der Bildungsbemühungen aus; beides muss natürlich mit Eigenerfahrungen vermittelt werden (Reichenbach 2010, 124). Kulturelle Traditionen prägen auch im wirtschaftlichen Feld ganz unterschiedliche Konventionen und Praxen aus (wirtschaftlicher Multikulturalismus); dem hat sozioökonomische Bildung Rechnung zu tragen (vgl. Hedtke 2014a, 89 ff.).

Sozioökonomische Bildung hat aber nicht die Aufgabe, die vorhandene Vielfalt zu beschreiben und schlicht zu bekräftigen. Bildung in der Dimension der Weltverhältnisse verlangt vielmehr, dass „die Jugendlichen die Gründe und Bedingungen von Weltverhältnissen reflektieren und ihre Ordnungsmuster befragen, anstatt sich fundamental-dogmatischen Lebenswelten hinzugeben und festen Weltbildern zu unterwerfen“ (Fuchs 2011, 263). Das Konzept Lebenswelt bezeichnet dann einen Vermittlungsmodus zwischen subjektiven Erfahrungen und fachlichen Erklärungen, zwischen Subjekt und Sache (Kölzer & Schwier 2014, 328 ff., 346). Reflexion kann an für die Lernenden ganz konkreten Formen von Selbsterfahrung ansetzen, in denen sich Welt-, Selbst- und Fremdverhältnisse auch mischen, man denke an materialistisch-hedonistische oder suffiziente Lebensstile, Konsumismus, Umstellung vom Leistungs- auf das Erfolgsprinzip, Selbstverwirklichung durch und Selbstoptimierung für einen Beruf.

Die Praxisformen der menschlichen Koexistenz kann man pädagogisch nicht in ein hierarchisches Verhältnis zueinander bringen. Das kann man als das regulative pädagogische „Prinzip einer nicht-hierarchischen Ordnung der menschlichen Gesamtpraxis“ formulieren (Benner 2012, 115 ff.). Die menschliche Gesamtpraxis wird gefährdet, wenn eine Einzelpraxis den Primat über die anderen erringt – etwa in Form der Ökonomisierung der Gesellschaft – oder wenn die theoretische Vernunft, wie sie der Anspruch moderner Wissenschaft verkörpert, „zum einzigen Begriff der Welt und eines vernünftigen Handelns in ihr erhoben“ wird und die praktische Vernunft verdrängt (ebd., 24, 45 ff., zit. 47).

Würden bestimmte „Selbst- und Weltdeutungen zur Norm der Bildung erhoben“, würde sich Bildung auf Affirmation verkürzen (Benner 2012, 167). Die konventionelle ökonomische Bildung tendiert mehrheitlich stark zu affirmativen Deutungen und zu einer Hierarchisierung der menschlichen Praxen zugunsten der ökonomischen (ökonomischer Imperialismus). Das belegt die Vorherrschaft der Vermittlung ökonomistischer Deutungsmuster in konventionellen Konzeptionen ökonomischer Bildung.

Nicht-affirmative Bildung dagegen erkennt man daran, dass sie Heranwachsende weder „an sogenannte Sachgesetzlichkeiten eines Lebens im Zeitalter wissenschaftlich-technischer Zivilisation anpasst, noch zu der irrigen Überzeugung verführt, sie könnten sich von solchen Sachgesetzlichkeiten emanzipieren“ (Benner 2012, 180). Bildung muss deshalb Jugendlichen verschiedene Formen von Kritik so nahebringen, dass sie „über ökonomische Fragen auch ethisch, politisch, ästhetisch und religiös und über politische Fragen zugleich ökonomisch, ethisch und ästhetisch usw. nachzudenken“ in der Lage sind (ebd., 181). „Im Gegensatz zu Funktionalität setzt Bildung konsequent auf Reflexivität“ (Marotzki 2006, 61). Sozioökonomische Bildung will in diesem Sinne kritische, für das Subjekt auch selbstkritische Bildung möglich machen. Einige, tentativ-explorative und noch auszuarbeitende Aspekte der bildungstheoretischen Strukturierung von sozioökonomischer Bildung skizziert die Tab. 5.

8.2 Die Position des wirtschaftlichen Feldes in der Allgemeinbildung

Wie kann man sozioökonomische Bildung sinnvoll in der Struktur der Allgemeinbildung verorten? Die Antwort fällt ganz anders aus, als wenn man von der Struktur einer Disziplin ausgeht. Nehmen wir als Beispiel die Sekundarstufe I. Der Aufgabenstellung dieser Bildungsstufe entsprechend besteht das Curriculum aus allgemeinen „ausdifferenzierten Kunden“, „die für rationales und sachkundiges Denken und Handeln unverzichtbar sind“, aber nicht mehr im Praxisvollzug tradiert und erworben werden und deshalb nach Aneignung durch Unterricht verlangen (Benner 2002, 74). „Kunde“ verwendet Dietrich Benner zur Kennzeichnung einer „didaktischen Wissensform“, deren Wissen „zwar über neuzeitliche Wissenschaft vermittelt, selber aber nicht wissenschaftsförmig ist, sondern zwischen Umgangswissen und wissenschaftlichem Wissen steht“ (ebd., 73). Diese Kenntnisse und Fertigkeiten entstammen nicht den Erfahrungsräumen, sie sind „über wissenschaftliche Denk- und Arbeitsformen vermittelt“ und erweitern Erfahrung und Interaktion (Benner 2012, 287).

Die gesamte Sekundarstufe I stellt Benner unter das Motto der „Schulstufe der über Wissenschaft vermittelten Weltkunden“ (Benner 2012, 285). Sie dienen auch dem „Blickwechsel“ hin zu Lernformen „jenseits der Einheit von Leben und Lernen“ (ebd., 285). Unsere Domäne Gesellschaft hat dann die Form einer wissenschaftsorientierten Kunde des gesellschaftlichhistorischen Wissens und Könnens. Die Sekundarstufe II stellt weitergehend die „Einführung in elementare Wissenschaftsbereiche und ausdifferenzierte Handlungsfelder“ in den Mittelpunkt des Lernens (ebd., 285). An dieses Selbstverständnis schulisch institutionalisierter Allgemeinbildung und ihre gestufte Aufgabenkultur schließt die sozioökonomische Bildung an.

Sie bezieht sich auch auf Wolfgang Klafkis (1996, 162 ff.) Konzeption der Wissenschaftsorientierung in der Schule samt ihrer Spezifizierung als Wissenschaftspropädeutik für die Oberstufe. Das Prinzip der Wissenschaftsorientierung verknüpft Klafki eng mit dem Gegenpol der Schülerorientierung, erst beide zusammen geben einen Maßstab für sinnvolles und bedeutsames wissenschaftsorientiertes Lernen (ebd., 166 f.).

Klafki (1996, 168) lehnt die „Gleichsetzung von ‚Wissenschaftlichkeit‘ und Einzelwissenschaften‘“, den Glauben an eine Strukturähnlichkeit von Schulfächern und Einzeldisziplinen und die Vorstellung der Vermittlung einzelwissenschaftlichen Wissens in der Schule grundsätzlich ab. Vielmehr müssten Lehrkräfte die Wissenschaft „unter didaktischen Fragestellungen nach ihrem Lösungspotential für ‚Lebensprobleme‘ und nach ihren Grenzen befragen“, dabei konkurrierende wissenschaftliche Positionen und die Interessen thematisieren, die hinter der Erzeugung und Verwendung wissenschaftlichen Wissen stehen (ebd., 168, 171). Aus diesem allgemeindidaktischen Begründungskontext ergeben sich die sozioökonomiedidaktischen Prinzipien Subjektorientierung, Bildungsrelevanz, Problemorientierung, Kontroversität und Sozialwissenschaftlichkeit.

Ein Teil der Wirtschaftsdidaktiker folgt Klafkis Auffassung von Wissenschaftsorientierung nicht. Er vertritt vielmehr eine hoch selektive Domänendefinition, die Bildung im Kontext der Praxisform Arbeit/Ökonomie allein auf Wissenschaftswissen beschränkt, Wissenschaft disziplinär auf Wirtschaftswissenschaften reduziert und die Wirtschaftswissenschaften paradigmatisch einseitig auf das so genannte „Erkenntnisinteresse der Ökonomik“ an der Steigerung der Effizienz oder das „Paradigma bestmöglicher Verwendung knapper Mittel“ verengt (Retzmann et al. 2010, 16 f.; Krol 2014, 223; vgl. Kaminski 2008, 24 f.). Die wissenschaftliche und die wirtschaftswissenschaftliche Legitimation dafür überzeugen nicht. Dieses Bildungskonzept beruft sich auf den fachwissenschaftlichen Geltungsanspruch eines einzelnen, auch innerhalb der – durchaus multiparadigmatisch strukturierten – Wirtschaftswissenschaften kontroversen Paradigmas („Ökonomik“, z.B. Homann & Suchanek 2005) und auf einen als Wertmaßstab gesetzten normativen Bezugspunkt, die Effizienz.

Dieses Paradigma statten seine Anhänger mit dem Alleinvertretungsrecht für Wissenschaft in der wirtschaftlichen Dimension von Bildung aus. Das läuft auf eine ökonomistische Variante wirtschaftswissenschaftlicher Bildung hinaus. Bildungstheoretisch, allgemeindidaktisch, wissenschaftstheoretisch, fachwissenschaftlich und fachdidaktisch lässt sich eine ökonomistische Bildung nicht begründen. Im Übrigen würde eine monoparadigmatische Fachkonstruktion der „Ökonomik“ in der Allgemeinbildung eine absolute Sonderstellung einräumen. Keine andere Domäne, kein anderes Fach in der allgemeinbildenden Schule versteht sich als Repräsentant eines einzigen wissenschaftlichen Paradigmas. Mit dieser ökonomistischen Bildung ist das Konzept sozioökonomischer Bildung unvereinbar. Abschließend sei noch einmal betont: Sozioökonomische Bildung geht weder in der Aneignung wissenschaftlichen Wissens, noch in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Schlüsselproblemen auf, sie soll auch die Entwicklung von Subjektivität befördern und „Zugänge zu unterschiedlichen Möglichkeiten menschlichen Selbst- und Weltverständnisses und zu verschiedenen kulturellen Aktivitäten“ öffnen (Klafki 1996, 69). Deshalb ist sozioökonomische Bildung offener, differenzierter und anspruchsvoller als wirtschaftswissenschaftliche oder ökonomistische Bildung. In Bildungspolitik und Öffentlichkeit kommen aber die einfachen Botschaften meistens besser an.

9 Ausblick

Zwischen dem Typus wirtschaftswissenschaftliche Bildung und dem Typus sozioökonomische Bildung gibt es grundlegende Differenzen, graduelle Differenzen und bisher – aufgrund wechselseitig unzureichender Rezeption – noch unbestimmte oder unterbestimmte Differenzen. Selbstverständlich existiert auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten, etwa die, dass wirtschaftswissenschaftliches Wissen für auf Wirtschaft bezogene Bildung wichtig ist. Weitere Diskussionen sollten gemeinsame Positionen ausloten und unterschiedliche, wie angedeutet, einordnen. Einen Vorschlag, was sich heute als wirtschaftsdidaktischer Konsens, Kompromiss oder Mehrheitsposition formulieren ließe, macht Birgit Weber (2014, 131 ff.). Sie fordert zu Recht, dass sozioökonomische Bildung die existenten wirtschaftsdidaktischen Ansätze „fortzuschreiben, weiterzuentwickeln, zu integrieren, sie zum Teil auch kritisch zu hinterfragen“ habe (Weber 2014, 136). Diesem Anspruch einer kumulativen Wissenschaftsentwicklung tatsächlich zu folgen, erweist sich aber in einigen, durchaus relevanten Bereichen als schwierig. Denn bei einer Rückbesinnung und erneuten Lektüre als grundlegend geltender Texte stößt man nicht selten auf unterbestimmte, unterkomplexe, lückenhafte oder dem aktuellen fachwissenschaftlichen state of the art nicht mehr angemessene Argumentationen. Einige fachliche Kategorien und Konzepte spiegeln noch das vielfach veraltete Lehrbuchwissen der 1980er Jahre (vgl. Colander et al. 2004). Der eben erwähnte Konsensraum baut im Übrigen – zumindest zum Teil – eher auf persönlich-sozialen Kompromissen innerhalb der scientific community als auf fachwissenschaftlich-fachdidaktikwissenschaftlich solide begründeten und nachvollziehbaren Erkenntnissen. Nur ein Beispiel: ausgerechnet das szientistische Kompetenzmodell von Seeber et al. verzichtet auf eine fachwissenschaftlich nachvollziehbare Begründung seines Bildes von den Wirtschaftswissenschaften als Bezugswissenschaften: die fast 110 Titel umfassende Literaturliste enthält nur eine wirtschaftswissenschaftliche Publikation (Seeber et al. 2012, 183 ff.). Darüber hinaus und noch wichtiger: Allen Bildungskonzepten, auch dem sozioökonomischen, fehlt eine wissenschaftlich belastbare Begründung ihrer optimistischen Annahmen über die realweltlichen Wirkungen, die das in der Schule erworbene (wirtschafts-)wissenschaftliche Wissen erzeugen soll. Die Aufgaben, die Birgit Weber (2014, 136, 147) der Wirtschaftsdidaktik und der Didaktik sozioökonomischer Bildung stellt, beschreiben deshalb ein umfangreiches und herausforderndes Programm: Analyse von und „Aufklärung über ökonomisch geprägte Lebenssituationen, ihre Gefährdungen und Handlungsspielräume“, „Erforschung subjektiver Konzepte und Theorien“, „Ermittlung und kritische Reflexion relevanter ökonomischer Kategorien statt bloßer Legitimation“, Analyse von Akteuren, Koordinationsmöglichkeiten wie Markt, Netzwerk und Hierarchie sowie gesellschaftlichen Ordnungen, „Einbeziehung alternativer, ökonomischer und sozialwissenschaftlicher Denkansätze und Wirtschaftsformen“ und kritische Reflexion „wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Denkwerkzeuge“. Ob die Wirtschaftsdidaktik als Disziplin dem Modell der kumulativen Wissenschaftsentwicklung genügen kann, mag man bezweifeln, ihren beiden Hauptströmungen mag das vielleicht eher gelingen. Von der Didaktik sozioökonomischer Bildung kann man eine Konsolidierung als fachdidaktische Forschungstradition erwarten, wenn es ihr gelingt, sich zukünftig auf wenige wichtige Problemstellungen in Forschung und Entwicklung zu konzentrieren. Als Erbin und Anwältin der sozioökonomischen Tradition der Wirtschaftsdidaktik leistet sie schon jetzt gute Arbeit.

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