Hedtke: Das unstillbare Verlangen nach Praxisbezug - Zum Theorie-Praxis-Problem der Lehrerbildung am Exempel Schulpraktischer Studien

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Reinhold Hedtke

Lehrerbildung, ihr Theorie-Praxis-Verhältnis und ihre Schulpraktische Studien sind unerschöpfliche Themen wissenschaftlicher, bildungspolitischer und pädagogischer Debatten. Der folgende Beitrag widmet sich dem Teilaspekt Schulpraktische Studien. Sie bilden einen prominenten Kristallisationspunkt der Theorie-Praxis-Debatte und gelten als optimale Organisationsform zur Vermittlung zwischen Theorie und Praxis (vgl. Radtke/Webers 1998, 204).

Ob diese Vermittlung überhaupt möglich ist, aber auch wie sie stattfinden soll, bleibt umstritten. Vor allem darüber, wie die "Vermittlung" in den Schulpraktischen Studien akzentuiert werden soll, wird debattiert. Die Spanne reicht (zumindest) von Forderungen, Schulpraktische Studien sollten als handelnde Einführung in die Berufspraxis praktiziert werden, bis zur Position, die Unterrichtspraxis im Rahmen Schulpraktischer Studien sei aus theoretischer Perspektive zu beobachten und zu analysieren.

Wie die Vermittlungspraxis tatsächlich ist, ob und wie sie wirkt und um welchen Preis, interessiert weder hier noch dort. Schulpraktische Studien verlangen aber kritische Aufmerksamkeit, weil der enorme Aufwand an diskursiven, personellen, finanziellen und orgaoisatorischen Ressourcen, der für Schulpraktische Studien getrieben wird, in einem erstaunlichen Widerspruch zum geringen Wissen über ihre empirischen Wirkungen steht. Pointiert formuliert: die Emphase, mit der sie vertreten werden, scheint um so größer, je geringer und unschärfer die Empirie ist, über die man dazu verfügt. Das muss Gründe haben, die hier auch thematisiert werden sollen.

Ich werde mich auf die Diskussion der Funktionen Schulpraktischer Studien für die Bearbeitung des Theorie-Praxis-Verhältnisses - genauer der pluralen Theorie-Praxis-Verhältnisse - in der Lehrerbildung konzentrieren. Mich interessiert vor allem die Frage, welche Funktionen die Schulpraktischen Studien für das Theorie-Praxis-Verhältnis in der Lehrerbildung tatsächlich erfüllen und welche Funktionen man ihnen sinnvollerweise zuweisen kann.

Dazu werde ich zunächst einige Aspekte des Theorie-Praxis-Verhältnisses und die verbreiteten Ansprüche, die sich mit Schulpraktischen Studien verbinden, diskutieren. Daran schließe ich die Frage an, ob sich spezifische Funktionen von Schulpraktischen Studien für sozialwissenschaftliche Fächer und darüber hinaus für ökonomische Fächer begründen lassen. Als ein Ergebnis der Diskussion präsentiere ich einen Vorschlag, wie sich Schulpraktische Studien sinnvoll im Rahmen von forschungsorientiertem Lernen rekonstruieren lassen. (2)

1. Zum Theorie-Praxis-Verhältnis in der Lehrerbildung

1.1 Theorie und Praxis

Die Einheit von Theorie und Praxis, von Hochschule und Schule, Ausbildung und Beruf, ist verloren - wenn es sie denn je gegeben hat. Theorie und Praxis sind getrennt. Das gilt beispielsweise für Volkswirtschaftslehre und die Tätigkeit von Volkswirten, Managementtheorie und Management, Bankbetriebslehre und Bankarbeit ebenso wie für Erziehungswissenschaft und pädagogische Praxis oder Fachdidaktikwissenschaft und Fachunterrichtspraxis. Wären Theorie und Praxis nicht getrennt, müssten sie nicht "vermittelt" werden und die "Praxisferne" der Theorie oder die "Theorieferne" der Praxis wären kein Problem. Theorie ist integriert in das Wissenschaftssystem und findet in der Organisation Hochschule statt, Praxis ist an das Erziehungssystem und die Organisation Schule gebunden. Beide Systeme und Organisationen folgen ihren eigenen Logiken und Regeln, und haben eine hohe Eigenständigkeit (vgl. Luhmann 1997, 784-788; Luhmann 1997a, 28 f.). Diese Trennung folgt aus dem fortschreitenden gesellschaftlichen Differenzierungsprozess, in dem die einzelnen Systeme, hier Wissenschaft und Erziehung, ein hohes Maß an operativer Geschlossenheit entwickelt haben. Deshalb lässt sich Schule (Erziehungsystem) in ihrem Selbstverständnis und ihrem Handeln kaum durch Hochschule (Wissenschaftssystem) irritieren (vgl. Whitehead 1998, 207 f.) und verarbeitet Restriktionen und Irritationen nur nach ihren eigenen Regeln: "Was erzieherischer Umgang ist, entscheidet sie selbst. Ihrem Personal bringt sie genau diese Haltung bei" (Bommes/Radtke/Webers 1995, 35 f.). Die in Schule organisierte Erziehung strukturiert und limitiert die praktischen Verwendungen universitären Wissens (S. 36).

Dennoch hat Theorie Praxis und Praxis hat Theorie. Praxis ist unauflöslich von "Theorie" durchdrungen. Sie hat eigene "Theorien" über "die" Praxis, aufgehoben im geteilten Selbstverständnis der Praktiker über ihr Tun. Man bezeichnet sie als implizite Theorien, Vulgärtheorien, Alltagstheorien usw. Darüber hinaus hat Praxis ihre "Theorie" über "die" Theorie, also ein - meist äußerst skeptisches - Theoriebild.

Umgekehrt hat Theorie auch Praxis. Ihr ureigenstes Praxisfeld ist die Forschung, ein weiteres die Lehre. In der Lehre ist Theorie in analoger Weise Praxis wie Schule, allerdings mit einem gravierenden Unterschied: Die schulische Lehr-Praxis verlangt als Voraussetzung professionellen Lehrens von ihrem Personal spezielles Wissen und Können, das in institutionalisierten Prozessen vermittelt und erworben wird - u. a. an der Hochschule. Die hochschulische Lehr-Praxis verlangt allenfalls Praxis, sonst nichts. Im Zuge von Maßnahmen zur Evaluation der Lehre kommt das Verlangen nach Akzeptanz als Maßstab "erfolgreicher" Lehre hinzu. Wie die Praxis ein Theoriebild, hat die Theorie ein Praxisbild. Theorie beschäftigt sich in empirischer Forschung aus theoretischer Perspektive mit Praxis und macht sich - meist recht skeptische - Modellvorstellungen von Praxis.

Ein erstes Zwischenfazit ergibt drei wichtige Punkte: Erstens existiert eine grundlegende Differenz von Theorie (Wissenschaft) und Praxis (Erziehungshandeln, Unterrichtshandeln). Dass die Differenz nicht "vermittelnd" aufgehoben und "Einheit" nicht gestiftet werden kann, wird noch zu zeigen sein. Zweitens setzt sich Theorie zur Praxis und Praxis zur Theorie in ein je spezifisches Beobachtungsverhältnis. Drittens lässt sich die Beobachterabhängigkeit der Beobachtungen von Theorie und Praxis kaum hintergehen. Die "Praxisferne" der Theorie ist eben vor allem - nicht nur - ein Monitum der Praxis und die "Theorieferne" der Praxis vor allem ein Monitum der Theorie. Weder Theorie noch Praxis lassen sich durch die Kritik der jeweils anderen Seite sonderlich irritieren oder gar beeinflussen.

Die sozialwissenschaftliche Figur einer grundlegenden Differenz von Theorie und Praxis, Wissenschaft und Schule konnte sich bisher gegen die Idee der Einheit und ihre pädagogische Variante, die Ganzheitlichkeit, nicht durchsetzen. Damit wird die Einsicht verfehlt, dass die Freiheit des Denkens und Handelns, besonders die in Organisationen, gerade auf die Differenz von Theorie und Praxis und auf eine Theorie außerhalb und jenseits der Praxis angewiesen ist. Das zeigt sich schon darin, dass eine kritische Distanz zum eigenen Handeln auf theoretische Reflexion angewiesen ist. Im Lehrerbildungsdiskurs dagegen lebt die Vorstellung der Einheit von Theorie und Praxis, Ausbildung und Berufshandeln unangefochten fort und prägt die Organisation der wissenschaftlichen Lehrerbildung an den Hochschulen (Bommes/Radtke/Webers 1995, 37). Die zentrale Figur der notwendigen Vermittlung von Theorie und Praxis dient hier auch der Legitimation von Organisationsinteressen der Institutionen und Akteure der Lehrerbildung (S. 39).

Dabei kennzeichnet den Lehrerbildungsdiskurs tendenziell ein stärkerer Hang zur "Praxis" als zur Theorie. "Der Praxis" wird im allgemeinen eine größere Dignität zugeschrieben als "der Theorie". Auch im gesellschaftlichen Diskurs steht Praxis weniger unter Legitimationsdruck und Begründungszwang als Theorie, hier insbesondere die Theorie, die Praxis aus theoretischen Gründen verändern will. Dominante Schemata des sozialtechnologischen Denkens wie Effektivität, Nützlichkeit und Machbarkeit stützen eher Praxisforderungen an Theorie als Theorieforderungen an Praxis (vgl. Bommes/Radtke/Webers 1995, 28). "Reine Theorie" befindet sich hier wesentlich stärker in der Defensive als "reine Praxis".

1.2 Praxisbezug

Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, wenn Oelkers konstatiert: "Praxisbezug" als Norm der Lehrerbildung ist "auf merkwürdige Weise unstrittig" (Oelkers 1999, 69). Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass es sich bei "Praxisbezug" oder "Berufsbezug" um äußerst unscharfe Begriffe handelt. Sie erlauben unterschiedlichste inhaltliche Aufladungen und kommunikative Verwendungen, aber auch emotionale Besetzungen, und oszillieren zwischen Erlösungsmythos und Leerformel (vgl. Fried 1997, 39; Giesecke 1996, 399).

Praxisbezug im Feld Lehrerbildung wird für zwei Funktionen und auf zwei Zeitebenen verlangt. Zum einen soll Praxisbezug das Hochschulstudium begleiten, also das Studium selbst irgendwie an Praxiserfahrung und Praxisrelevanz binden. Realität außerhalb des Wissenschaftssystems, meist disziplinspezifische, soll in die Hochschule und ihr Studienangebot integriert werden. Hier regiert die Hintergrundvorstellung, dass die Theorie allein defizient ist (Elfenbeinturm-Metapher), Theorie also durch Praxisbezug aufgewertet werden kann oder muss. Auch die Praxis als Bewährungsfeld für Theorien gehört in diesen Kontext. Praxis dient in dieser ersten Perspektive als gegenwärtiger Mehrwert des Studiums (der Lehre, der Wissenschaft) (Praxis als Objekt von Theorie).

Zum anderen soll Praxisbezug nach dem Hochschulstudium in dem Sinne gesichert werden, dass das Studium die Handlungsfähigkeit der Absolventen in einer spezifischen, meist beruflich organisierten Praxis sichert. Das ganze Studium soll so auf eine spätere Praxis orientiert werden, dass es für diese praxistauglich macht. Eine spezifische, beruflich segmentierte Praxis dient in dieser zweiten Perspektive als zentrales Ziel und zentraler Inhalt des Studiums, die Theorie wird für diese bestimmte Praxis instrumentalisiert. Praxis wird hier der Theorie antizipativ vorgeschaltet und normativ übergeordnet (Praxis als Zweck von Theorie).

Im Lehrerbildungsdiskurs dominiert eindeutig die zweite Vorstellung von Praxis: Praxis als Zweck von Theorie. Sie ist das Theorie-Praxis-Ideal der Lehrerbildung. Dahinter steht "die Erwartung summativer Erträge, die nach der Ausbildung als besonders dringlich erscheinen und so als Ausrüstungsnotwendigkeit angesehen werden" (Oelkers 1999, 70).

"Praxisbezug" oder "Berufsorientierung" haben die offensichtliche Eigenschaft, immer knapp zu sein (vgl. Terhart 2000, 107). Denn aus Sicht des pädagogischen und bildungspolitischen Diskurses, aber auch aus Sicht der Studierenden und der Praktizierenden, kann es anscheinend nie genug Praxisbezug oder Berufsorientierung geben, völlig unabhängig davon, wieviel man davon schon hat (Fried 1997, 38; Oelkers 1999, 68 f.). Diese Knappheit herrscht allerorten, in der hochschulischen Lehrerbildung, im Referendariat, in der Weiterbildung, ja noch im Diskurs der Praktiker über die Praxis selbst. Das diffuse Objekt "Praxisbezug" scheint ein universell knappes Gut zu sein, weil das Bedürfnis danach als unbegrenzt empfunden wird.

Nun gibt es eine von Ökonomik und Ökonomie favorisierte Strategie zur Bearbeitung von Knappheiten, Produktion, und eine tabuisierte Strategie, Bedürfnisreflexion (vgl. Hedtke 1999, 98-103). Der Umgang der organisierten Lehrerbildung mit dem Bedürfnis nach Praxisbezug folgt der einschlägigen Denkgewohnheit, auf Bedürfnisse mit Produktion von Gütern und Dienstleistungen sowie mit Mehrproduktion (Wachstum) zu antworten. Dem Bedürfnis nach Praxisbezug wird eine natürliche Dignität zugeschrieben. Bedürfnisreflexion, also eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Frage, ob es vielleicht ein überzogenes oder gar pathologisches Bedürfnis nach Praxisbezug gibt, findet nicht statt. Der Versuch, Kriterien für ein angemessenes Befriedigungsniveau bezüglich Praxisbezug zu entwickeln, unterbleibt. Das Praxisbedürfnis wird naturalisiert.

In der Praxis der Lehrerbildung erscheint Praxisbezug als Vertrauensgut, also als ein Gut, über dessen reale Eigenschaften man auch durch Konsumerfahrung kaum etwas erfährt und erfahren kann. Sowohl bei Lehrveranstaltungen als auch bei institutionalisierten Praxisformen wie Praktika kann Praxisbezug im Wissenschaftssystem mehr oder weniger begründet behauptet werden, ohne jemals nachgewiesen werden zu müssen. Mechanismen zur Überprüfung beanspruchter Praxisbezüge existieren nicht, Forderungen nach empirischer Evaluation behaupteter Praxisbezüge sind selten, Reklamationen von Absolventen noch seltener und auch aussichtslos, denn Sanktionen für nicht eingelöste Relevanzversprechen gibt es schon gar nicht. Auch muss die Qualität des Praxisbezuges niemals einem empirischen Test der Praxisrelevanz und Praxistauglichkeit ausgesetzt werden (wie sollte der auch aussehen?). Ersatzweise greift man gerne auf die Zufriedenheit der Kurs- oder Praktikumsteilnehmer zurück; daraus kann aber weder auf Relevanz noch auf Transfer geschlossen werden, auf einen reflektierten Transfer schon gar nicht (Oelkers 1999, 69). "Gelungener Praxisbezug" ergibt sich dann aus dem kommunikativ hergestellten Urteil der Theoretiker ersten (Dozenten) und zweiten (Studierende) Grades. Praxis wird zu einem diskursiven Produkt der Theorie.

Unbedacht bleibt bei der Artikulation von "Praxisbedarf" und dem Versprechen von "Praxisbezug" meist die Notwendigkeit, zwischen unterschiedlichen Formen von Praxisbezug und unterschiedlichen Perspektiven auf Praxis zu unterscheiden. Erst klare Unterscheidungen von Praxisbezug ermöglichen überhaupt eine Bestimmung der Standpunkte und der Alternativen, über die Lehrerbildung in diesem Punkt verfügt. Perspektiven auf "Praxis", hier auf die Berufspraxis von Lehrerinnen und Lehrern, sind in erkennender (Theorie), handelnder (Pragmatik) oder reflexiver (Kommunikation) Absicht möglich. Isoliert man berufspraktisches Handeln von Reflexion, wird es auf instrumentelles Handeln verkürzt (Technik). Das halte ich im Rahmen einer wissenschaftlichen Lehrerbildung für unzulässig.

Praxisbezug lässt sich in Formen wie kontinuierlicher oder punktueller eigener Unterricht, Hospitationen, empirische Unterrichtsforschung, Simulationen, Interviews mit Praktikern oder Lernenden, Planung von Unterricht, Reflexion von Fallstudien (Video, Text) oder Diskussion von Texten und Daten über Praxisaspekte herstellen, um nur die wichtigsten zu nennen. Diese vielfältigen Formen können ganz unterschiedlich organisiert und zeitlich plaziert werden; Unterricht oder Hospitation gibt es z. B. als Block- oder Tagespraktikum oder als Praxissemester. In der Organisationspraxis der Hochschulen nimmt der Praxisbezug in der Lehrerbildung die unterschiedlichsten Formen und Kombinationen an. Im Zentrum der bildungspolitischen und professionspolitischen Aufmerksamkeit stehen aber meist nur die hochschulextern wahrnehmbaren Großformen wie Praktika, Schulpraktische Studien und Praxissemester, die scheinbar die Grenzen zwischen den Systemen Wissenschaft und Erziehung und den Organisationen Hochschule und Schule überschreiten (3). Das halte ich grundsätzlich für eine unproduktive Verkürzung der Diskussion auf Makroformen des Praxisbezuges, mit der die vielleicht viel fruchtbareren Mikroformen völlig ausgeblendet werden.

Neben diesen unterschiedlichen objektivierenden Praxisbezügen existieren typische subjektive Perspektiven auf Praxis; sie werden von der Lehrerbildung meist ignoriert oder privatisiert. Studierende sehen Praxis in der Form von Schulpraktika beispielsweise pragmatisch, als die konkrete Tätigkeit, auf die sich vorbereiten, affirmativ, als das von ihnen wahrgenommene konkrete Geschehen im Zielberufsfeld, wie sie es vorfinden, zukunftsorientiert, als das, was in der späteren Tätigkeit ausgeübt werden soll, deutend, als das mit unterschiedlich Perspektiven beobachtbare und interpretierbare Geschehen sowie genetisch als das sich entwickelnde, berufsrelevante Schulgeschehen (Berntzen/Hammelrath/Krause u. a. 1998, 128). Leider gibt es nach meinem Kenntnisstand bisher keine hinreichend breite und differenzierte, empirisch einigermaßen abgesicherte Wissensbasis über subjektive Zugänge zu, Umgänge mit und Wirkungen von Praxiserfahrungen während des Studiums bei angehenden Lehrerinnen und Lehrern. Insbesondere scheinen die subjektiven, mittel- und langfristigen Effekte der Praxiserfahrungen weitgehend ungeklärt zu sein, so dass mehr oder weniger gut begründete Wirkungsvermutungen, oft sogar wortreiche Atteste von educational correctness, an die Stelle von empirischem Wirkungs- und Nebenwirkungswissen treten.

Diese Überlegungen und Differenzierungen machen deutlich, wie komplex sich dieses Feld darstellt. Zugleich muss man feststellen, dass die Diskussion bisher die zentrale Frage, wie objektivierende und subjektive Perspektiven systematisch aufeinander bezogen und für die wissenschaftliche Lehrerbildung funktional genutzt werden können, kaum gestellt, geschweige denn einigermaßen zuverlässig beantwortet hat. Offensichtlich herrscht hier ein gewisses Desinteresse an Klärung und Empirie - oder ein gewisses Maß an kluger Zurückhaltung angesichts der hohen Komplexität dieses Feldes.

1.3 Schulpraxis

"Die Ausbildung von Novizen übersetzt ‚Praxisbezug' in Praktikum"; auch davon kann es nicht genug geben (Oelkers 1999, 69). Aber welchePraxis wird im Praktikum zugänglich und welche nicht? Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass die Schulpraxis der Schulpraktischen Studien selbstverständlich nicht die Schulpraxis der Praxis ist, sondern ein in - unterschiedlichen - Beobachterperspektiven konstruiertes Modell von Praxis. Sie bietet nicht die Praxis des beruflichen Alltags, sondern die Praxis des seltenen Besuchs. Die entscheidende Frage lautet jetzt: Ist dieses Modell jenseits des subjektiven Erlebens einer intentionalen Perspektivierung zugänglich, und wenn ja, in welcher Perspektive soll es konstruiert und wofür soll es genutzt werden? Praxiserfahrung kann zumindest dann gezielt perspektiviert und für daran anschließendes Lernen genutzt werden, wenn die multidimensionale, komplexe und affektgeprägte Betroffenenperspektive des im Unterricht holistisch, in unserem Fall auch unsicher und gestresst Handelnden durch die komplexitätsreduzierte, distanzierte und methodisch kontrollierte Perspektive des Beobachters ersetzt wird. Das würde Praxiserfahrung auf Praxisbeobachtung konzentrieren und zugleich von Anfang die für professionelle Beziehungen zwischen Menschen unverzichtbare Distanz stärken (vgl. Giesecke 1996, 402). Die Aufgabe besteht dann darin, den subjektiven und holistischen Erfahrungskomplex Unterricht durch didaktische Transformation und wissenschaftliche Zugangsweisen zu einem Beobachtungsobjekt zu machen. Ich plädiere hier dafür, es in der Perspektive der fachdidaktischen Theoriezu konstruieren, allgemeiner auch in der Perspektive der erziehungswissenschaftlichen Theorie, und für die Reflexion fachdidaktikwissenschaftlicher Ansätze und Positionen zu nutzen.

Dieser Standpunkt wendet sich gegen eine starke und lebendige Tradition von Praxisbezug. Schulpraktische Studien bildeten - und bilden - einen zentralen Bestandteil der Lehrerbildungstradition der Pädagogischen Hochschulen. Sie sind bis heute - trotz radikal veränderter institutioneller Strukturen - ein wichtiges Element ihrer Identität. Ursprünglich standen sie "im Kontext einer als Meisterlehre verstandenen Lehrerausbildung, bei der in der hermeneutischen Tradition der geisteswissenschaftlichen Pädagogik praktische Erfahrungen zu Theorien zweiten und dritten Grades ausformuliert und zu einer Kunstlehre verdichtet wurden" (Bommes/Radtke/Webers 1995, 26). Die Absolventen traten direkt in die Schule ein und mussten deshalb unterrichten können. Dieser Rahmen änderte sich grundlegend im Zuge der organisatorischen Standardisierung der Lehrerbildung, insbesondere ihrer institutionellen Eingliederung in die Universitäten und der Zweiphasigkeit der Ausbildung als Regelfall, sowie der sozial- und erfahrungswissenschaftlichen Neuorientierung der Erziehungswissenschaft. Mit deren realistischen Wende beanspruchen nun empirisch gewonnene Theorien, Aufklärung und Innovation der Praxis leisten zu können (S. 26 f.). Da aber nicht nur das alte Theorieverständnis unterhalb des neuen und neben ihm weiter existiert, vor allem in der Selbstbeschreibung der Praxis, sondern auch das alte, umgesetzte Personal weiter lehrt und ausbildet, existieren in der Organisation Universität fortan mehrere konkurrierende Verständnisse von Lehrerbildung nebeneinander. In dieser Situation dienen Schulpraktische Studien als Kontinuität und Identität stiftendes Symbol für das ehemalige PH-Personal - und geraten zugleich als PH-spezifisches Konzept unter universitären Bedingungen in Schwierigkeiten (S. 27 f.).

Das Symbol "Schulpraxis" stiftet universitätsintern eine Einheit der Lehrerbildung und wirft damit einen Schatten des Lehrkörpers der hier nur noch virtuellen Institution PH. Damit verstärkt es die organisationsinterneDifferenz zum universitären Teil der Organisation - und verschärft durch diese Betonung der "Besonderheiten" zugleich die relative Marginalisierung der Lehrerbildung in der Universität. Umfangreiche "Schulpraxis" und intensive "Praxisorientierung", beides Residuen des traditionellen Organisationsmusters der einphasigen Volksschullehrerbildung, werden positiv zur "Theorie-Praxis-Vermittlung" als Charakteristikum einer modernen, weil praxisgerechten Lehrerbildung umdefiniert. Der Praxisbezug im Studium bleibt jedoch notwendig ephemer, "weil die alltägliche Praxis eine Ereignisdichte und Kontingenz hat, die von keiner Ausbildung antizipiert werden kann" (Oelkers 1999, 69). Erst die Berufspraxis selbst, institutionalisiert in den Organisationen Schule und Ausbildungsseminar, übt in die Praxis des Unterrichtens und Erziehens ein (Bommes/Radtke/Webers 1995, 35). "Handeln (...) lernen kann man (..) nur dort, wo es auch gebraucht wird" (Giesecke 1996, 399). Insofern dient die Berufspraxis zugleich als Berufsausbildung.

Trotz vielfältiger, nicht erst hier formulierter Einwände: Nach wie vor und fast ganz ohne Irritation bleibt die Überzeugung weit verbreitet, dass sich Theorie und Praxis in der Hochschulbildung von Lehrerinnen und Lehrern "vermitteln" lassen, wenn sich die Ausbildung nur strikt am Prinzip des Praxisbezugs und der Theorie-Praxis-Vermittlung orientiere. Dabei bleibt meistens offen, worin die besondere Art des Praxisbezuges in der Lehrerbildung und seine besondere Dringlichkeit etwa im Unterschied zur hochschulischen Ausbildung von Betriebswirten, Volkswirten, Historikern, Literaturwissenschaftlern, Mathematikern oder Chemikern liegt. Erst auf der Basis des Professionalitätskonzepts lassen sich überzeugende Begründungen entwickeln (s.u., Abschnitt 2).

Wenn man die funktionale Differenzierung der Systeme Wissenschaft und Erziehung, die Wissenschaftlichkeit der Lehrerbildung, das Professionalitätskonzept (s.u., Abschnitt 2) und die Mehrphasigkeit der Lehrerbildung als gesellschaftliche Innovationen begreifen kann, dann wäre das unbeirrte Festhalten am althergebrachten Muster der Schulpraktischen Studien ein Versuch, überkommene Abgrenzungen, Positionen und Ressourcen zu stabilisieren und bestimmte intellektuelle Ansprüche abzuwehren (vgl. Giesecke 1996, 399). In der Universität dienen sie vor allem der Abgrenzung der Lehrerbildung von den "Normalwissenschaften" (vgl. Radtke/Webers 1998, 205), in der Pädagogischen Hochschule vor allem der Abgrenzung von der Lehrerbildung an den Universitäten und vom universitären Bildungskonzept insgesamt. Darüber hinaus verbirgt sich hinter dem Etikett Schulpraxis ein Bündel von Riten, mit denen die Initiation von Novizen, deren Einübung in eine teilweise ritualisierte Praxis des Erziehungs-, Unterrichts- und Organisationshandelns sowie die permanente Selbstvergewisserung der Akteure symbolisiert und bewerkstelligt werden.

2. Wissen und Profession

Die bisherigen Überlegungen über Schulpraktische Studien und ihre Funktionen bleiben insofern unvollständig, als sie sich noch nicht auf einen konzeptionellen Rahmen der Lehrerbildung stützen können. Diesen Rahmen zu begründen, ist Aufgabe des folgenden Abschnitts, der eine Konzeption von Lehrerbildung als Professionalisierungsprozess skizzieren wird. Zu klären ist, ob und wie man den Lehrerberuf als Profession charakterisierten kann und welche Rolle das Wissen für professionelles Berufshandeln spielt.

Man kann Profession von Arbeit oder Beruf mit drei wesentlichen Merkmalen unterscheiden (vgl. Hartmann 1968; Oevermann 1996; Stichweh 1996; Terhart 1992, 1995):

"(1) Wissenschaftliche Fundierung der Tätigkeit in (2) gesellschaftlich relevanten, ethisch normierten Bereichen der Gesellschaft wie Gesundheit, Recht, auch Erziehung und (3) ein besonders lizensiertes Interventions- und Eingriffsrecht in die Lebenspraxis von Individuen" (Radtke 1999, 15, s.a. den Beitrag in dieser Ausgabe).

Prägnant kann man von people processing professionssprechen, zu denen auch die Lehrerinnen und Lehrer gehören (Radtke 1999, 15). Professionelle handeln auf dem Boden einer doppelten Handlungslogik:
 

"Sie müssen (1) situativ (und intuitiv) in der Lage sein zu individuellem Fallverstehen und können dies (2) in hermeneutischer Haltung auf der Basis universellen Regelwissens, also wissenschaftlicher Theorien. Sie applizieren ihr theoretisches, situationsunabhängiges Wissen bei der Interpretation von Situationen, bei der stellvertretenden Deutung von Problemen ihrer Klienten und bei der Formulierung des Angebots von Therapie/Lösungsstrategien in einer ‚klinisch' zu nennenden Weise. ‚Klinisch' meint die fall- und personenbezogene Adressierung des Wissens mit dem Ziel, dem Klienten Entscheidungs- und Handlungsoptionen zu eröffnen." (Radtke 1999, 16)

Radtke zieht daraus eine Reihe von Konsequenzen, die ich hier kurz zusammenfasse (Radtke 1999, 17-19). Weil Professionelle in die persönliche Integrität ihrer Klienten eingreifen, müssen sie wissen, was sie tun, welche Folgen dies hat und müssen beides verantworten. Das verlangt u. a. ein elaboriertes Beobachtungs-, Wahrnehmungs- und Beurteilungsvermögen (Urteilskraft) und ein systematisiertes Reflexionswissen (Reflexivität) sowie die Fähigkeit, beides kritisch prüfend auf die eigenen Handlungen anzuwenden. Urteilskraft und Reflexivität setzen Unterscheidungskraft voraus, mit der Relevantes von Irrelevantem und damit zu Beobachtendes von zu Ignorierendem getrennt werden kann. Das verlangt Theorien und die Einsicht, dass man immer schon Theorien benutzt. Professionelle brauchen wissenschaftliche Bildung. Die ist Aufgabe eines universitären Studiums, das das für professionelles Handeln erforderliche Wissen zu vermitteln hat. Wie differenziert und reflektiert die professionelle Praxis sein kann, hängt von diesem Wissen ab.

Dieses professionelle Wissen ist für Radtke nun aber keineswegs das, was gemeinhin als praxisrelevant gilt, also das institutionelle Wissen (in) der Organisation Schule:
 

"Aufgabe der wissenschaftlichen Ausbildung ist nicht die Einübung in dieses, in der Berufskultur gepflegte Denken, das leicht in einer ‚Harmonie der Täuschungen' enden kann, sondern dessen Irritation, die eine Voraussetzung von Innovation ist. Die geht nicht von praktischen Erfahrungen oder den Bedürfnissen der Praxis aus, sondern von wissenschaftlicher Disziplin und methodologischer Reflexion" (Radtke 1999, 19).

Das Studium erscheint in dieser Perspektive als Vorbereitungder Professionalisierung, die eigentlich erst in der zweiten Ausbildungsphase beginnt, wo Einführung und Einübung in Berufskultur, bewährte Praktiken und Routinen der Organisation, Weitergabe des institutionellen Wissens und Erwerb von Können im Zentrum stehen (Radtke 1999, 19; vgl auch: Giesecke 1996, 399). Radtke formuliert als Fazit knapp und klar: "Jede Phase muss tun, was sie kann (...)" (S. 19).

Damit muss man danach fragen, was die Phase der universitären oder hochschulischen Lehrerbildung leisten kann und was nicht. Welches Wissen kann und welches soll vermittelt werden? Wie wird dieses Wissen verwendet?

Wissen kann man nach Wissensformen unterscheiden. Ein für die Lehrerbildung brauchbares Konzept von Wissensformen unterscheidet

Rezeptwissen und Routinen als auf eigene Erfahrungen gegründete handlungspraktisch anwendbare Entscheidungsregeln,

Reflexionswissen als für die Begründung und Reflexion von Handlungen (Sinnstiftung) ex-post verwendetes theoretisches Wissen und

Können als situativ handlungspraktisch anwendbares Entscheidungswissen (Radtke/Webers 1998, 205).

Da Rezepte und Routinen breite eigene Erfahrungen voraussetzen und da das Können (Kompetenz) nur im Vollzug und im Kontext konkreter Handlungen zu erwerben ist, kann dies in der Organisation Hochschule aus strukturellen Gründen nicht geleistet werden (Radtke/Webers 1998, 205 f.; vgl. Giesecke 1996, 399-402). Das kann man auch durch noch so elaborierte Versuche, Theorie und Praxis organisatorisch zu vermitteln, nicht grundsätzlich ändern, mag es auch im Einzelfall gelingen. Wissen, insbesondere irgendwie "zu vermittelndes" Wissen, wird meist unausgesprochen mit explizitem Wissen gleichgesetzt, also mit formuliertem und dokumentiertem Wissen, von dem der Wissende weiß und über das er sprechen kann (Willke 1998, 13). Das wird aber der Beobachtung nicht gerecht, dass Rezeptwissen/Routinen und Können auch im Bereich des Lehrerhandelns zu erheblichen Teilen, vielleicht sogar wesentlich, aus implizitem Wissen bestehen, das der Wissende durch seine eigene Praxis und Erfahrung erworben hat, über das er aber nicht bewusst verfügt und es oft nicht kommunizieren kann (Willke 1998, 12 f.; vgl. Koch-Priewe 1997, 148-150). Damit stellt sich das - nicht nur für die Lehrerbildung - grundsätzliche Problem der kontrollierten Erzeugung von implizitem Wissen und seines Verhältnisses zu explizitem Wissen; es scheint mir theoretisch und empirisch ungelöst zu sein (vgl. Fried 1997, 41; Oelkers 1999, 71).

In einer mehrphasigen Lehrerausbildung sind Vermittlung und Erwerb von Reflexionswissen das originäre Feld der universitären Lehrerbildung. Sie hat "das theoretische Wissen zu vermitteln, das verfügbar und notwendig ist, um die pädagogische Praxis strukturdeutend reflektieren zu lernen" (Radtke/Webers 1998, 206). Wissenschaftliche Lehrerbildung führt dann zu Reflexions- und Beurteilungskompetenz, nicht zu Handlungskompetenz. Die Absolventen verfügen dann - sie sollten es jedenfalls - über wissenschaftlich lizensiertes Wissen über die Möglichkeit(en) der Erziehung und des Unterrichtens, nicht aber über Können (Bommes/Radtke/Webers 1995, 36).

Reflexionswissen kann nur als explizites Wissen angeboten und erworben werden. Es speist sich aus fachwissenschaftlichem, erziehungswissenschaftlichem und fachdidaktikwissenschaftlichem Wissen. Wissenschaftliches Wissen, besonders in den Erziehungswissenschaften und der Fachdidaktik, ist aber charakteristischerweise desintegriert, pluralistisch und heterogen und deshalb nicht einfach "in die Praxis" transferierbar (Radtke/Webers 1998, 205) (4). Außerdem bleibt die Konversion von explizitem Reflexionswissen in eher implizites Rezept- oder Entscheidungswissen ungeklärt und ungesichert. Die gängige, explizite oder implizite Unterstellung der zweiphasigen Lehrerbildung, praxisrelevante Wissensbestände seien über persönliche Kompetenzen in das Handeln in der Schulpraxis einzubringen (vgl. Bommes/Radtke/Webers 1995, 28), erscheint so aus systematischen Gründen als Illusion. Die Metapher vom Wissenstransfer führt deshalb in die Irre.

Nicht nur im Charakter wissenschaftlichen Wissens, sondern auch in den Bedingungen und Formen der Wissensverwendung liegen systematische Gründe dafür, dass Wissenstransfer keine besonders tragfähige Konzeption für die Lehrerbildung ist. "Eine ‚Anwendbarkeit' erziehungswissenschaftlichen Wissens ist nicht gegeben, weil jede pädagogische Situation nichts weniger als ein situatives und individuelles Fallverstehen voraussetzt." (Radtke/Webers 1998, 205). Professionelles Handlungswissen muss "Konstellationen zwischen verschiedenen Kontext-Sachverhalten bzw. Elementen des beruflichen Handelns" erfassen und zugleich erlauben, von der jeweiliggn Konkretion abstrahierende Beziehungen herzustellen (Kolbe 1997, 134).

Ganz ähnlich gilt für fachdidaktisches Erfahrungswissen, dass es sich um ein besonders strukturiertes, auf den Handlungskontext bezogenes Wissen handelt, das den berufsspezifischen Handlungsanforderungen entspricht (Kolbe 1997, 134).

Die neuere wissenspsychologische Professionsforschung kann zur Unterstützung dieser Position herangezogen werden. Danach habgn erfolgreiche Lehrerinnen und Lehrer ihr Wissen so organisiert, dass sie - ähnlich wie Schachspieler - eine bedeutungsvolle Konstellation schnell erkennen, weil sie über ein reiches Fall-Wissen in Form von Aktivitätsszenarien verfügen, die die relevanten Faktoren in Beziehung setzen (Koch-Priewe 1997, 149 f.; Kolbe 1997, 134). Sie erwerben und erweitern ihr Fallrepertoire handlungsorientiert durch Erfahrung. Dieses Erfahrungswissen lässt sich in operatives Können umformen, wenn und insoweit "typische (abstraktere) Einheiten von Bedingungen und damit verknüpfte Handlungen entstehen" (Kolbe 1997, 134). Auch hier kommt es darauf an, kompetent, d. h. auf der Basis angemessener und differenzierter kognitiver Strukturen und verfügbarer Handlungsmuster, "viele bedeutungsvolle Handlungssituationen fein differenziert" unterscheiden zu können (Koch-Priewe 1997, 150). Um diese Kompetenz von der Ebene impliziten auf die expliziten Wissens anzuheben und damit eine zentrale Voraussetzung auch für organisationales Lernen zu schaffen, kommt es entscheidend auf die Fähigkeit an, mit den eigenen praktischen Erfahrungen reflexiv und konstruktiv umzugehen. Dafür muss man aber über theoretisches Reflexionswissen verfügen, das die erste Ausbildungsphase zu organisieren hat. Die zentrale Aufgabe der zweiten - und falls existent, dritten - Ausbildungsphase liegt dann darin, Arrangements zu organisieren, in denen "Unerfahrene ihren Handlungserfahrungen reflektierend Bedeutung abgewinnen" können (Kolbe 1997, 135) (5).

3. Schulpraxis und professionalisierte Lehrerbildung

Im Folgenden geht es darum, die Funktionen - genauer: die instrumentellenFunktionen (6) - Schulpraktischer Studien genauer zu bestimmen. Wenn diese definiert sind, kann man die Effektivität und der Effizienz der Institution Schulpraktische Studien hinsichtlich dieser Funktionen diskutieren. Bommes, Radtke und Webers unterscheiden fünf Funktionen: Kontaktaufnahme, Selbstvergewisserung, Lernortverknüpfung, Berufs- und Studienorientierung sowie Unterrichtsbeobachtung (Bommes/Radtke/Webers 1995, 40-44).

Zur Kontaktaufnahme zwischen Arbeitgeber und potentiellem Bewerber eignen sich die Schulpraktika aufgrund der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen kaum, da die Schule nur in sehr seltenen Fällen der künftige Arbeitgeber sein kann (S. 40 f.).

An der Selbstvergewisserungsfunktion sind die Studierenden hoch interessiert: Sie können Schulalltag erleben, den Organisationsrollenwechsel und die Lehrerarbeit erfahren (S. 41; vgl. Terhart 2000, 108). Dafür reicht allerdings eine rein organisatorische Betreuung durch die Hochschule aus.

Mit der Funktion der Lernortverknüpfung kann man zwei gegensätzliche Intentionen verbinden: Entdifferenzierung von Wissenschaft und Praxis, also der einschlägige Versuch, eine Einheit von Theorie und Praxis zu stiften oder wenigstens zu simulieren, versus Erkennen der Differenz von Wissenschaft und Schulpraxis. Die zweite Intention nutzt den Lernort Schule in der Lehrerbildung als Anreiz und Anlass zur Beschäftigung mit theoretischen Texten über Unterricht (Bommes/Radtke/Webers 1995, 42), Schulfach und Fachdidaktik.

In der Funktion kritische Berufs- und Studienorientierung werden die Schulpraktika für die wissenschaftliche Arbeit funktionalisiert, indem sie auf Veranstaltungen der Grundwkssenschaften vorbereiten oder dort bereits Gelerntes verwenden (S. 43). Auch hier reicht eine Organisationsleistung der Hochschule.

Die entscheidende Funktion für eine differenzbewusste wissenschaftliche Lehrerbildung und besonders für die Fachdidaktikwissenschaft liegt in der Beobachtung und Reflexion von Unterricht. In dieser Perspektive instrumentalisieren Bommes, Radtke und Webers die Schulpraktischen Studien für Zwecke der (erziehungswissenschaftlichen) Theoriebildung:
 

"Getrennt von Selbstvergewisserung und -erfahrung imUnterricht zu organisieren wäre die wissenschaftliche Beobachtung und Reflexion von Unterricht. (...) Beobachtung und Reflexion sind nicht an Teilnahme, nicht an ‚Mitmach'-Erfahrungen und Gefühle gebunden, sondern beruhen auf handlungsentlasteter, distanzierter Betrachtung und Einübung in theoretische Systematisierungen. (...) Unterrichtsbeobachtung zum Zwecke der Theoriebildung würde in der Universität unter den Prämissen der Wissenschaft und nicht unter den Organisationsnotwendigkeiten der Schule organisiert. Es ginge hier nicht um eine Vermittlung von Theorie und Praxis, nicht um die Einübung in die Praxis oder die Erzeugung von ‚Können', sondern um eine empirische Beschreibung und theoretische Reflexion der Praxis des Unterrichts mit dem Ziel der theoretischen Ausbildung" (Bommes/Radtke/Webers 1995, 43 f.).

Bei fachlich akzentuierten Schulpraktischen Studien muss m. E. die Funktion der fachdidaktikwissenschaftlichen Theoriebildung im Zentrum stehen. Ob die Studierenden dabei selbst unterrichten oder nicht, ist völlig nachrangig und hängt nur davon ab, ob dies der Theoriebildungin der fachdidaktischen Ausbildung dient oder nicht. Meistens, das lässt sich wohl verallgemeinernd sagen, erleichtert es ein unterrichtsprcktischer Handlungsdruck nicht, die für eine theoriegeleitete Reflexion notwendige Distanz zu erreichen.

Grundsätzlich muss geprüft werden, ob Schulpraktische Studien eine Form sind, mit der die jeweils intendierten und präzise zu definierenden Funktionen überhaupt realisiert werden können (Validität), ob, mit welchem Wirkungsgrad (Effektivität) und mit welcher Zuverlässigkeit (Kontrollierbarkeit) sie tatsächlich erreicht werden und ob die Schulpraktischen Studien für diese Funktionen eine bestmögliche, oder zumindest optimale Institution sind (Effizienz). Es ist im Detail zu klären, welche Ziele oder Funktionen mit anderen Formen des Praxisbezuges ggf. besser und/oder ökonomischer erreicht werden können. Gegebenenfalls müssen Schulpraktika durch andere Formen substituiert werden.

Bezieht man in diesem Sinne die Institution Schulpraktische Studien auf definierte instrumentelle Funktionen, kann man die Eignung funktionaler Äquivalente prüfen. Insbesondere für die Funktion Unterrichtsbeobachtung und -reflexion lassen sich leicht Formen finden - etwa Filme, Interviews, Fallstudien -, die die recht aufwendigen Schulpraktischen Studien zumindest in erheblichen Teilen ersetzen können (vgl. Bommes/Radtke/Webers 1995, 43). Ganz abgesehen davon eignen sich für diese Funktion Praxisdokumente und Praxisdarstellungen schon deshalb besser, weil sie eine gemeinsame Ausgangsbasis der Studierenden an die Stelle vielfältiger individueller Erlebnisse und Erfahrung setzen, die erst noch seminaröffentlich mitgeteilt, richtig verstanden und zweckbezogen geordnet werden müssten. Dokumente und Darstellungen können zugleich kontrolliert auf die je zu bearbeitenden theoretischen Fragestellungen hin ausgewählt und interpretiert werden.

Wenn man aber einräumt, dass eine funktionierende Praxis - genauer: funktionierende Praxen - noch nicht die Richtigkeit der theoretischen Konzepte, an denen sie sich orientiert, beweist, werden sich angehende und berufstätige Praktiker intensiv mit Theorien beschäftigen müssen, denn nur sie erlauben es ihnen, Praxis kritisch zu reflektieren, differenziert zu beurteilen und damit weiterentwickeln zu können (Dubs 1999, 38). Wenn man in diesem Sinne eine theoretisch fundierte Reflexionskompetenz der professionellen Lehrkräfte anstrebt, sollte m. E. die gegebene Trennung von Theorie und Praxis, Wissenschaft und Erziehung, Hochschule und Schule nicht verwischt oder aufgelöst, sondern, im Gegenteil, in dem Sinne betont werden, dass die Hochschule ihre Kompetenz für Theorie und theoriebezogene Lehrerbildung profiliert und schulische Praxis für diesen Zweck instrumentalisiert (vgl. Radtke/Webers 1998, 209). Schulpraktische Studien und Praxisbezüge allgemein haben aus dieser Sicht vornehmlich einen Beitrag zur Entwicklung von theoriebasiertem Reflexionswissen zu leisten:

"Fachwissenschaftliche, fachdidaktische und Schulpraktische Studien in diesem Kontext hätten also die Aufgabe, exemplarisch und problembezogen schulische Wirklichkeit zu erschließen, die pädagogischen Konstruktionen der Wirklichkeit (...) zu dekonstruieren, die verbreitete emphatische Studien- und Berufsorientierung (...) zu versachlichen und einer Reflexion mit Hilfe sozial- und erziehungswissenschaftlicher Theorieangebote zugänglich zu machen. Das ist das Kerngeschäft universitärer Lehre" (Radtke/Webers 1998, 214).

Damit ist allerdings noch nicht geklärt, wie dies geschehen soll. Einen vielversprechenden Ansatz bietet das Konzept forschungsorientierten Lernens. Er konstatiert eine deskriptive Theorielastigkeit der universitären Lehrerbildung und fordert, dies durch forschungsorientiertes Lernen zu überwinden, das sich mit Paradigmen und Theorien auseinandersetzt und mit empirischer Forschung beschäftigt (Dubs 1999, 42). In diesem Kontext wächst Praxis und Praxisbezug eine ganz andere Bedeutung zu. Sie sind nicht in eins gesetztes Berufsfeld der Professionellen und Übungsfeld der Novizen, sondern ein Forschungsfeld der Erziehungswissenschaft und der Fachdidaktikwissenschaften, an dessen aufklärender Bearbeitung sich auch die angehenden Lehrerinnen und Lehrer als Forschende oder an der Forschung aktiv Teilnehmende beteiligen. Das kann nur dann funktionieren, wenn die Fachdidaktiken selbst forschungsorientiert sind (vgl. Terhart 2000, 103). Selbstverständlich setzt forschungsorientiertes Lernen die Fähigkeit zu wissenschaftlichem Arbeiten, insbesondere in forschungsmethodischer Hinsicht, und den Zugang zur Praxis voraus (Dubs 1999, 43; Fried 1997, 41 f.). Aber Perspektive, Fragestellung und Bearbeitungsformen definiert nun vorrangig die Theorie aus ihrem jeweiligen Forschungsinteresse heraus und nicht die Praxis mit Bezug auf ihr Interesse an "praxisgerechtem" erzieherischem und unterrichtlichem Handeln. Ob der Erwerb einer forschungsorientierten Umgangsform mit Schulpraxis im Berufsalltag dann in selbstreflexive Forschungsorientierung hinsichtlich des eigenen Unterrichts umschlägt (Fried 1997, 41 f.), muss allerdings noch geprüft werden. (7)

4. Schulpraxis in den sozialwissenschaftlichen Fächern

Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass der Theorie-Praxis-Bezug im Bereich der sozialwissenschaftlichen Fächer und Fachdidaktiken grundsätzlich einfacher strukturiert sei oder dass sich hier für die bisher erörterten Schwierigkeiten eher geeignete Lösungen konstruieren ließen. Ganz im Gegenteil, die Probleme potenzieren sich in diesem Bereich noch, weil viele fachdidaktische Konzeptionen von einem professionellen sozialwissenschaftlichen Unterricht einen weiteren, für das Lernen konstitutiven Praxisbezug auf die gesellschaftliche Praxis außerhalb der Schule (Wirtschaft, Gesellschaft, Politik) und/oder auf die objektive und subjektive Lebenspraxis der Lernenden verlangen. Zumindest findet man allerorten das einschlägige, gut begründete Postulat, Wissenschaftsorientierung und Schülerorientierung miteinander zu verbinden (z. B. Klafki 1996, 166-170). Schulpraktische Studien, die dies in dem Sinne ernst nehmen, dass die praktizierenden Studierenden im Prinzip nicht nur die eigene Lehrpraxis bewältigen und reflektieren, sondern auch noch die Lebenspraxis der Lernenden und die Praxis der gesellschaftlichen Bezugssysteme in den Unterricht zu integrieren haben, bedeuten eine heillose Überforderung. Sie lassen eine einigermaßen kontrollierte Verbindung von schulpraktischem Handeln und wissenschaftlicher Reflexion noch aussichtsloser erscheinen, als dies die bisherige Argumentation für den einfacheren Fall des Schulpraxisbezugs bereits gezeigt hat.

Nimmt man den oben begründeten Vorschlag auf, haben Schulpraktische Studien auch in den sozialwissenschaftlichen Fächern die Funktion, fachdidaktikwissenschaftlich, d. h. mit einer spezifischen theoretischen Perspektive Praxis zu erforschen, um daraus theoretische Einsichten für den Aufbau eines fachdidaktischen Reflexionswissens zu gewinnen. Damit muss auch für die sozialwissenschaftlichen Fächer nach den funktionalen Äquivalenten gefragt werden, die die Schulpraktischen Studien ganz oder teilweise substituieren können. Und selbstverständlich bieten sich die gleichen Alternativen an, nämlich alle Formen von dokumentierter Praxis wie Filme, Protokolle, Interviews, Fallstudien usw. Anzustreben wäre eine Sammlung von Exempeln für typische fachdidaktische Probleme, denen in einer Kasuistik theoretisch begründete, reflektierte Lösungen gegenübergestellt werden können. Auch von Studierenden methodisch beobachtete und ausgewertete Unterrichtspraxis oder auch experimentell gestaltete Praxis hat hier im Kontext forschungsorientierten Lernens ihren legitimen Platz.

Eine theoretisch fundierte Konzeption der spezifischen Schulpraxisbezüge in den sozialwissenschaftlichen Unterrichtsfächern muss erst noch entwickelt werden. Sie muss sich auf die differentia specifica der wissenschaftlichen Fachdidaktiken des Bereichs Sozialwissenschaften gegenüber andern Wissenschaften sowie der einzelnen Sozialwissenschaften untereinander gründen, sofern es gelingt, diese konstitutiven Unterschiede fachdidaktikwissenschaftlich und nicht nur fachwissenschaftlich zu belegen. Zu suchen sind differentia specifica in mindestens drei Richtungen: Erstens vor allem theoretischin unterscheidungskräftigen und fachdidaktisch signifikanten Besonderheiten der Fachwissenschaft oder Wissenschaftsgruppe sowie signifikanten Besonderheiten der Fachdidaktikwissenschaft(sfamilie). Zweitens müssen sie in signifikanten Besonderheiten der Lernenden aufgespürt werden, und zwar einerseits in möglichen Spezifika der realitätsbereichs- und fachbezogenen Kognition und kognitiven Entwicklung sowie andererseits in möglichen Spezifika der realitätsbereichs- und fachbezogenen Sozialisation und Umwelten. Drittens ist nach signifikanten Merkmalen der Lehr-Lern-Praxis zu fragen, etwa im Vergleich der Fächer Physik und Wirtschaftslehre oder Wirtschaftslehre und Gesellschaftslehre.

Besonders bei der Untersuchung des ersten und des dritten Aspekts muss man bedenken, dass diese Differenzen historisch und gesellschaftlich kontingent sind. Sowohl die disziplinäre Schneidung der Fachwissenschaften als auch die Konstruktion der Unterrichtsfächer und ihrer Inhalte hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Sie können überwiegend nicht mit "der Sache selbst" erklärt werden, sondern werden erst in einer Analyse der disziplin-, bildungs- und verbandspolitischen Interessen und Machtkonstellationen, ihrer Evolution und ihrer Institutionalisierungen transparent. Erst diese kritische Reflexivität der Kontingenz der wissenschaftlichen und unterrichtlichen Fachlichkeit vermeidet Verdinglichungen und hält Optionen offen.

Ob eine differenzierte, empirisch fundierte und kritische Analyse der fachspezifischen Schulpraxisbezüge als Basis für ein revidiertes Modell von Praxisbezügen in den sozialwissenschaftlichen Fächern - insbesondere hinsichtlich Schulpraktischer Studien - führen kann, hängt nicht zuletzt wiederum davon ab, ob man mit wissenschaftlichen Argumenten Interessen, Machtstrukturen und bestehende Institutionen transparent machen und verändern kann. Hier scheint Skepsis angebracht zu sein, da auch die Resistenz von Rhetorik und Ritualen Schulpraktischer Studien keine schnellen oder tiefgreifenden Änderungen erwarten lässt.

Anmerkungen

1. Eine ausführliche Fassung dieses Beitrages ist enthalten in: Schlösser, Hans Jürgen (Hg.) (2000): Berufsorientierung und Arbeitsmarkt (Wirtschafts- und Berufspädagogische Schriften; 21). Bergisch Gladbach, 67-91.

2. Vereinfachend unterstelle ich im Folgenden für meine Argumentation den Bedingungsrahmen zweiphasige, im Idealfall dreiphasige Lehrerbildung (Universität, Referendariat, Weiterbildung) für die allgemeinbildenden Sekundarstufen, hier in den sozialwissenschaftlichen Fächern, mit erziehungswissenschaftlichem Studium und Fachdidaktik, aber ohne Praxissemester in der ersten Ausbildungsphase.

3. Tatsächlich findet ein vorübergehender personeller Ortswechsel und begrenzter Organisationsrollenwechsel statt. Die Studierenden werden aus Sicht der berufsorientiert ausbildenden Universität undder Adressaten des Erziehungssystems zu vorübergehenden schulischen Erziehern in einer Gastrolle; zugleich werden sie selbst zu Adressaten der Novizenerziehung des Erziehungssystems.

4. Mehr noch: Mit welcher Berechtigung und Erfolgsaussicht kann man von Studierenden auf dem Weg in die Praxis ihrer Profession erwarten, die Integration zu leisten, die nicht einmal innerhalb der Disziplinen, geschweige denn zwischen ihnen versucht oder gar geleistet wird (vgl. Radtke/Webers 1998, 205)?

5. Kolbe ordnet diese Aufgabe den Praxisanteilen in der Lehrerbildung insgesamt, also auch in der ersten Phase, zu. Das sehe ich aus den bereits dargelegten Gründen anders, hier besonders deshalb, weil man nicht antizipativ professionelles Handlungswissen für zukünftiges Handeln im Kontext der äußerst begrenzten und ephemeren Praxiserlebnisse und -erfahrungen der Schulpraktischen Studien während der universitären Ausbildung vermitteln kann.

6. Ich beziehe mich hier auf die dichotomische Unterscheidung intra-institutioneller Funktionen in eine instrumentelle und eine zeremonielle (vgl. Foster 1981, Junker 1982 und Reuter 1996, 260-269). Zu den zeremoniellen Funktionen schulpraktischer Studien vgl. Hedtke 2000.

7. Ein forschungsorientierter Zugriff auf schulische Praxis bringt im Übrigen einen hoch erwünschten Nebeneffekt. Er zwingt nämlich zur Präzisierung der Perspektiven, Fragestellungen und Erwartungen, mit der Schulpraktische Studien betrieben werden, und damit zur Präzisierung ihrer instrumentellen Funktionen und Evaluation ihrer Wirkungen (vgl. Fried 1997, 39).

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