Im "Hamburgischen Schulgesetz" vom 16. April 1997 ist in § 2 Absatz 3 der Bezug des schulischen Lernens zur Arbeits- und Berufswelt ausgeweitet: "Auf allen Schulstufen und in allen Schulformen der allgemein bildenden Schulen ist in altersgemäßer Form in die Arbeits- und Berufswelt einzuführen und eine umfassende berufliche Orientierung zu gewährleisten. Dabei sind den Schülerinnen und Schülern grundlegende Kenntnisse über die Struktur der Berufs- und Arbeitswelt und die Bedingungen ihres Wandels zu vermitteln." Berufsorientierung ist für alle Schülerinnen und Schüler Gegenstand des schulischen Lernens.

Im Hamburgischen Schulgesetz werden besondere Bildungs- und Erziehungsaufgaben zu Aufgabengebieten zusammengefasst, die im Rahmen des Unterrichts in verschiedenen Fächern und Jahrgangsstufen, in fächerverbindenden Lernsituationen, in Projekten und im Schulalltag Gegenstand des Lernens werden. Berufsorientierung ist ein Aufgabengebiet (vgl. HambSG, § 5 Absatz 3) und damit Auftrag aller Lehrerinnen und Lehrer einer Schule. Mit der "Verordnung über die Stundentafeln für die Sekundarstufe I" vom 1. August 1999 wird Berufsorientierung darüber hinaus in allen Schulformen als Unterrichtsinhalt in einem Fach im Pflichtbereich aufgenommen. Das Fach Arbeitslehre wird zu Arbeitslehre/ Berufsorientierung (Haupt-, Real- und Gesamtschulen) und das Fach Sozialkunde zu Sozialkunde/ Berufsorientierung (Gymnasien) erweitert. Darüber hinaus haben die Schulen die Möglichkeit, Berufsorientierung im Wahlpflichtbereich anzubieten.

Mit der "Verordnung über die Stundentafeln für die Sekundarstufe I" wurden für jede Schulform so genannte Flexibilisierungsstundentafeln eingeführt. Jede Schule kann innerhalb festgelegter Grenzen die Stundenverteilung entsprechend ihres besonderen Schwerpunkts in der Bildungs- und Erziehungsarbeit selbst bestimmen und das Stundenvolumen z. B. für das Fach Arbeitslehre/ Berufsorientierung erhöhen. Eine Schule kann vor dem Hintergrund der besonderen Situation der Schülerinnen und Schüler die Unterrichtsverteilung gestalten. Sie hat z. B. den Spielraum, einen Tag je Woche als Projekt- bzw. Praktikumstag anzubieten, an dem die Schülerinnen und Schüler entweder in der Schule oder an außerschulischen Lernorten arbeiten und lernen können. [/S. 121:]

Jede Hamburger Schule legt in ihrem Schulprogramm die besonderen Ziele, Schwerpunkte und Organisationsformen ihrer pädagogischen Arbeit sowie Kriterien für die Zielerreichung fest (vgl. HamSG, § 51). Sie konkretisiert darin den allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag im Hinblick auf die spezifischen Voraussetzungen und Merkmale ihrer Schülerschaft und die spezifischen Gegebenheiten der Schule und ihres regionalen Umfelds. Viele Hamburger Schulen haben Berufsorientierung als Schwerpunkt ihrer Schulentwicklung ausgewiesen.

Der inhaltliche Rahmen für die Bildungs- und Erziehungsaufgaben ist in Bildungsplänen für die einzelnen Schulformen festgelegt. Die Bildungspläne werden derzeit entwickelt. Die Lehrpläne der Fächer werden überarbeitet und im Bildungsplan der jeweiligen Schulform zusammengefasst. Die Bildungsplanentwürfe für die Sekundarstufe I liegen zum Teil bereits vor, sie enthalten jeweils einen allgemeinen Teil und die Rahmenpläne der Fächer und Aufgabengebiete. In den Rahmenplänen der Fächer wird Berufsorientierung als Aufgabe des jeweiligen Faches ausgewiesen. Darüber hinaus wird erstmals für das Aufgabengebiet Berufsorientierung ein eigener Rahmenplan erstellt. Darin wird der Auftrag des berufsorientierenden Unterrichts beschrieben und es werden Ziele, Grundsätze für die Gestaltung der Lernsituationen, verpflichtende Themen und Anforderungen festgelegt. Die Bildungspläne für die Sekundarstufe I werden ab dem Schuljahr 2002/03 an den Schulen erprobt.

Die Schulen erhalten mit den Rahmenplänen einerseits einen festen curricularen Rahmen, andererseits erhalten sie die Möglichkeit, ein spezifisches Lernangebot umzusetzen, das den Anforderungen ihrer Schülerschaft und ihres Umfeldes gerecht wird. Der mit den Bildungsplänen gesetzte Rahmen wird von den Schulen durch schulinterne Planungen gefüllt. Die Bildungspläne erfordern somit eine gemeinsame Absprache innerhalb des Kollegiums. Durch die gemeinsame Festlegung wird die Zusammenarbeit im Schuljahr erleichtert und das Unterrichtsgeschehen für alle Beteiligten, für die Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und für die externen Partner, transparent.

Jede Schule geht den eigenen Weg, entscheidet über Konzept und konkrete Ausgestaltung der Angebote zur beruflichen Orientierung. Die schulischen Konzepte zur Berufsorientierung sind deshalb nicht nur schulformbezogen unterschiedlich. Sie unterscheiden sich auch innerhalb der Schulformen und berücksichtigen regionale Besonderheiten. Dennoch hat sich in der Praxis ein alle Schulformen umfassender Konsens über zentrale Elemente der Berufsorientierung entwickelt. An allen Hamburger Schulen ist Berufsorientierung Gegenstand des Fachunterrichts und vielfältiger Veranstaltungen im Schulleben, alle Schulen führen ein bis zwei Betriebspraktika durch, binden [/S. 122:] die Angebote der Berufsberatung der Arbeitsämter und des Berufsinformationszentrums ein, kooperieren mit Betrieben und Eltern. Darüber hinaus bieten die Schulen verschiedene Bausteine zur Berufsorientierung von Betriebsbesichtigungen, Projektwochen zu bestimmten Themen, Sprechstunden für Kolleginnen und Kollegen zu berufsorientierenden Fragen, Bewerbungstraining und Lebensplanungsseminare über Uni-Tage und Berufemessen bis hin zur Bearbeitung von Realaufträgen, die die Schülerinnen und Schüler oft gemeinsam mit Auszubildenden bearbeiten (vgl. BSJB 2001a).

Mit den Rahmenbedingungen wird ein Kerncurriculum Berufsorientierung gesichert und der erforderliche Freiraum für spezifische Gestaltungserfordernisse gegeben.