Eine Universität, in der Lehrerbildung stattfindet, sollte folgende Standards erfüllen (vgl. dazu bereits die "Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland"; Terhart 2000):

  • Sie benötigt ein institutionell möglichst hoch angesiedeltes Zentrum für Lehrerbildung, in dem die Belange der Lehrerbildung quer über die Fakultäten hinweg zentral vertreten und organisiert werden und in dem – neben anderen Aufgaben – auch die Unterstützung von Forschung in der bzw. zur Lehrerbildung erfolgt. Ein solches Zentrum kann unterschiedlich benannt sein – es sollte jedoch immer der gesamtuniversitären Aufgabe der Lehrerbildung eine organisatorische Absicherung (Quer– [/S. 38:] struktur) geben. In einem solchen Zentrum sollten v.a. auch Vertreter der Fächer/Fachdidaktiken möglichst breit und massiv vertreten sein. Die am erziehungswissenschaftlichen Studium beteiligten Disziplinen sollten natürlich ebenfalls vertreten sein – das Hauptgewicht sollten aber die Fächer und Fachdidaktiken bilden – eben weil ihnen das Hauptgewicht in der Lehrerbildung zukommt.
  • Sie benötigt in den Fakultäten, die die Ausbildung in den Fachwissenschaften wahrnehmen, eine Entscheidungsinstanz, die semesterweise die Studierbarkeit des jeweiligen Lehramtsfaches am Lehrangebot prüft und gegebenenfalls auf Defizite aufmerksam macht. Existiert in den Fakultäten/Fachbereichen eine allgemeine Lehrplankommission, so hat diese gesondert und neben der Prüfung der Angebote für die nicht–lehramtsbezogenen (Hauptfach)Studiengänge das Lehrangebot im Lehramtsstudiengang bzw. in den Lehramtsstudiengängen zu prüfen.
  • Da unterschiedliche Disziplinen am erziehungswissenschaftlichen Studium beteiligt sind, benötigt eine Universität mit Lehrerbildung eine analoge Entscheidungsinstanz für das erziehungswissenschaftliche Studium, damit dort ein klares Curriculum entsteht und von Lehrenden wie Lernenden eingehalten wird. Die Lehrplankommission für das erziehungswissenschaftliche Studium besteht zur Hälfte aus Mitgliedern des Faches Erziehungswissenschaft.
  • Sie benötigt eine hinreichende Zahl von Fachdidaktikprofessuren zur Sicherstellung einer forschenden Fachdidaktik, die über Unterrichtslehre hinauszugehen hat. In sehr kleinen Fächern können fächerübergreifende Professuren eingerichtet werden; in solchen Fällen sind Kooperationen zwischen geeigneten Universitätsstandorten ebenfalls denkbar.
  • Sie benötigt ein verabredetes und mit den sog. "Hauptfachstudiengängen" (Diplom, Magister) verzahntes Kerncurriculum für die Lehrerbildung. In diesem sind zusammenhängende größere Studieneinheiten (Module) definiert, die kreditiert und zertifiziert werden. Hiermit kommt auf alle an der Lehrerbildung beteiligten Disziplinen eine äußerst schwierige Aufgabe zu: Es müssen sowohl die Gemeinsamkeiten aller Studierenden dieser Disziplinen (unabhängig von ihrem Studiengang/ Berufsziel) als auch – auf einer gemeinsamen (polyvalenten) Basis – die berufsfeldspezifischen (professionellen) Differenzen markiert und in curriculare lehrerbildung gebracht werden. Ein m.E. wichtiger Qualitätsstandard für ein Kerncurriculum Lehrerbildung ist es, dass erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Lehrangebote in Module miteinander teils integrativ, teils kooperativ–ergänzend organisiert werden. Institutionell sollten die Fachdidaktiken jedoch weiterhin bei ihrer jeweiligen Bezugsdisziplin angesiedelt bleiben.
  • Sie benötigt eine Verabredung, auf deren Basis die Aufgaben, Belastungen etc. der Lehrerbildung im universitätsinternen System der Mittelallokation (kriterienorientierte Mittelvergabe) angemessen berücksichtigt werden. Damit ließe sich verhin– [/S. 39:] dern, dass Universitäten und Fakultäten zwar Geld für Lehrerbildung und Lehramtsstudierende bekommen, dieses Geld aber nicht dort ‚ankommt‘.

Solche Qualitätsmerkmale für Lehrerbildungsinstitutionen (hier: 1. Phase) werden aber vermutlich nur entwickelt werden und lassen sich hinsichtlich ihrer Erfüllung nur evaluieren, wenn auch die leitende Instanz für das Gesamtsystem Lehrerbildung spezifische Standards erfüllt. Das bedeutet schlicht: Auch Bildungsministerien bzw. hier: die in ihnen für Lehrerbildung verantwortlichen Abteilungen und Gruppen müssen selbst Standards erfüllen (s.u.)!

Fragen an die Institutionen der 1. Phase:

  1. Hat die Universität eine Querstruktur aufgebaut, die die Belange der Lehrerbildung inneruniversitär und nach außen vertritt?
  2. Existiert ein Zentrum für Lehrerbildung (oder Äquivalent)?
    1. in welcher Personalstärke?
    2. in welcher inhaltlichen Ausgabe?
    3. in welcher rechtlichen Konstruktion?
  3. Wird inneruniversitär und/oder in den Fachbereichen deutlich gemacht,
    1. wie hoch der Anteil an Lehramtsstudierenden ist?
    2. welcher Anteil des Personals/der Lehrkapazität sich dem Vorhandensein von Lehrerbildung verdankt?
  4. Wie hoch ist die Abbrecherquote innerhalb der einzelnen Lehramtsstudiengänge?
    1. Werden die Gründe erfasst?
    2. Welche Gründe gibt es für diese Quote?
  5. Sind Kerncurricula für die Lehrerbildung
    1. in den Fächern/und der Fachdidaktik
    2. im erziehungswissenschaftlichen Studium
    erarbeitet worden?
  6. Wird in den Fachbereichen geprüft, ob das Angebot den im Kerncurriculum ausgewiesenen Anforderungen entspricht?
  7. Wie sieht der Verfahrensweg aus,
    1. wenn Angebote geändert werden müssen?
    2. wenn es in diesem Kontext Konflikte gibt?
  8. Liegen Praktikumsordnungen vor?
  9. Legt das Praktikumsbüro regelmäßig Berichte vor?
  10. Wie wird die Eingliederung schulpraktischer Studien in den Studienverlauf sichergestellt? [/S. 40:]
  11. Existieren Einführungen in Methoden der schulnahen Lehrerforschung (teacher research)?
  12. Werden aus Seminaren heraus je individuelle Explorations– und Forschungsaufgaben für schulpraktische Studien entwickelt?
  13. Werden Praktikumsportfolios/Praktikumsberichte erstellt?
  14. Werden Schulpraktiker (Lehrkräfte, Schulleiter) an den schulpraktischen Studien begleitend mitbeteiligt?
  15. Werden gemeinsame Auswertungen zwischen Praktikant, schulischem und universitärem Betreuer durchgeführt?
  16. Gibt es eine Studienberatung auf der Basis der Praktikumserfahrungen und –ergebnissen? Existiert eine spezielle Prüfungsberatung (ggf. in Verbindung mit Examenscolloquia)?
  17. Gibt es Ansätze für eine Weiterbildung des Personals innerhalb der Lehrerbildung?
  18. Existiert ein System der internen und externen Evaluation in den Fachbereichen für die Lehrerbildung insgesamt?
  19. Wie steht es um die Kooperation mit dem Staatl. Prüfungsamt?
  20. Wie steht es um die Kooperation mit Institutionen der 2. Phase?
  21. Wird den Hintergründen/Ursachen für Studienabbruch nachgegangen?
  22. Wird die Belastung und Leistung innerhalb der Lehrerbildung bei der kriterienorientierten Mittelvergabe mitberücksichtigt?
  23. Wenn ja: in welcher Weise/mit welchem Gewicht ?
  24. Werden die Absolventen von Lehramtsstudiengänge (I. Staatsexamen) in irgendeiner Weise erfasst? Wird eine Entlassungsfeier durchgeführt?
  25. Wie groß ist die Beachtung, die der Lehrerbildung de facto innerhalb der Universität zukommt?