Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften wird von einem Nährboden gespeist, der insgesamt amorph und dessen Elemente unzureichend untereinander verknüpft erscheinen. Vereinfachend lassen sich vier Diskussionsstränge verdichten: a) Der Bologna–Prozess, b) die Unzufriedenheit mit der Arbeit und der Bildung von Lehrkräften, c) neue Steuerungsmodelle für die Bildung von Lehrkräften sowie d) die Diskussion um Standards in den USA.

Ad a: Der Bologna–Prozess wurde durch die Erklärung von Bologna angestoßen. Diese erwähnt weder Module noch Standards. Nach den ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die obligatorische Akkreditierung von Bachelor– und Masterstudiengängen (KMK 2003) ist in Deutschland jedoch bei der Akkreditierung nachzuweisen, dass der Studiengang modularisiert und mit einem Leistungspunktsystem (ECTS) ausgestattet ist. Die Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen (KMK 2001) machen detaillierte Angaben zur Beschreibung der einzelnen Module. Demnach soll die Beschreibung eines Moduls unter anderem die Inhalte und Qualifikationsziele enthalten. Dazu gehören: "Welche fachlichen, methodischen, fachpraktischen und fächerübergreifenden Inhalte sollen vermittelt werden, welche Lernziele sollen erreicht werden? Welche Kompetenzen (fachbezogene, methodische, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen) sollen erworben werden? Die Lern– und Qualifikationsziele sind an einer zu definierenden Gesamtqualifikation (angestrebter Abschluss) auszurichten". Einige Standards, wie beispielsweise die Standards der Arbeitsgruppe Curriculare Standards Bildungswissenschaften in Rheinland-Pfalz (AG CSB 2004), nehmen diese Anforderungen bei der Beschreibung der Module auf.

Ad b: Die Diskussion um Standards für die Bildung von Lehrkräften wird getragen von einer aktuellen(1) Unzufriedenheit mit der Arbeit, aber auch mit der Bildung von Lehrkräften. Argumentativ werden dabei, meist implizit, in einer Kette verschiedene Konzepte miteinander verknüpft.

Die argumentative Kette unterstellt (ähnlich von Terhart 2002, S. 10 ff.): Die Standards normieren die Bildung von Lehrkräften. Diese Normierung führt zu einer (veränderten) Bildung von Lehrkräften. Die (veränderte) Bildung von Lehrkräften setzt sich um in ein (verändertes) Lehren in Schulen. Dieses Lehren ‚begünstigt' bzw. ‚bewirkt' ein verändertes Lernen in Schulen. Dieses (veränderte) Lernen führt zu (anderen) Lernergebnissen.

Die Argumentation entlang dieser Kette erfolgt dabei in zwei Richtungen. Zum einen – von oben nach unten – wird behauptet, dass eine bessere Bildung von Lehrkräften zu besseren Lernergebnissen führe. So stellt auch die Teacher Education Study (TEDS) der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) einen direkten Konnex von der Lehrerausbildung zu den Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler her (vgl. Blömeke 2004). Zum anderen – von unten nach oben – wird behauptet, dass für (bessere) Lerner– [/S. 3:] gebnisse in der Schule eine (bessere) Bildung von Lehrkräften bzw. eine bessere Normierung selbiger notwendig sei. So enden Berichte über die Ergebnisse zu Large–Scale–Assessments häufig mit einem Blick auf die Aus– und Weiterbildung von Lehrkräften.

Jedes der Konzepte der so beanspruchten Kette ist nicht trivial zu operationalisieren und jede der genannten Relationen bei näherer Betrachtung problematisch. Der argumentative Weg von der Normierung der Bildung von Lehrkräften bzw. von der Bildung von Lehrkräften zu den veränderten Lernergebnissen der Schülerinnen und Schüler – dem ultimativen Evaluationskriterium für die Bildung von Lehrkräften – ist weit. Der Weg ist gespickt mit konzeptionellen und methodischen Hürden (Terhart 2002, S. 13 ff.). Außerdem liegt für den deutschsprachigen Raum, so auch Terhart (2002, S. 10 ff.), kaum empirisches Wissen vor. Überhaupt ist die Bildung von Lehrkräften in Deutschland kaum erforscht (Terhart 2000). Obwohl die Bildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen eigentlich expliziter Gegenstand der Berufsbildungsforschung wäre (Dubs 2003; Kell 2003), gilt dies auch für diese. Etwas anders sieht es im angelsächsischen Raum aus.(2)

Ad c: Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften steht, so auch Oelkers (2004), vor dem Hintergrund neuer Steuerungsmodelle. Hochschulen sollen nach der Vorstellung des New Public Managements eine höhere Autonomie haben und strategisch durch Zielvorgaben, Globalbudget und Qualitätsmanagement geführt werden. Zur Orientierung am Outcome sind beispielsweise Kriterien notwendig, die – so die Vorstellung – für die Bildung von Lehrkräften die Standards sein könnten. Aus Sicht eines Gesamtmodells der Steuerung einer Schule (Dubs 2001) fällt jedoch auf, dass Kriterien allein viel zu kurz greifen und auch die Schrittfolge der Einführung eines neuen Steuerungssystems nicht schlüssig ist.

Ad d: Die Diskussion um Standards in der Bildung von Lehrkräften nimmt häufig Bezug auf die Standards in den USA. In den USA sind seit der Kritik am Bildungssystem in der Veröffentlichung "A Nation at Risk" der National Commission on Excellence in Education (NCEE 1983) Standards, nicht nur für die Bildung von Lehrkräften, ein Dauerbrenner in der bildungspolitischen Diskussion (Keller 2002). Schon 1996 spricht Roth, mit Bezug auf die Bildung von Lehrkräften, von einer "Ära der Standards".

Häufig findet jedoch nur ein Verweis auf die USA und keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der dortigen Entwicklung statt. Die empirischen Erkenntnisse zu den Standards in der Lehrerbildung in den USA sowie deren Strittigkeit werden nur unzureichend aufgenommen. Darling–Hammond (2001) spricht beispielsweise davon, dass es ein Widerspruch wäre, "the highly fragmented U.S. teacher education enterprise" (S. 754) überhaupt als "System" zu bezeichnen. Sie spricht gar von einem "Morass of Teaching Standards" (S. 754). Die Standards für Anfänger im Lehrberuf seien in den Staaten extrem unterschiedlich und würden auch höchst unterschiedlich durchgesetzt. Sie würden regelmäßig durch Notprogramme unterlaufen. Die Standards würden mit höchst unterschiedlichen, nicht von Mitgliedern der Profession entwickelten Tests überprüft. Auch die Standards für Programme wiesen eine hohe Variation zwischen den Staaten auf. Alternative Routen in den Lehrberuf hätten diese Divergenz der Standards noch verstärkt. Die Curricula und die Personen, die in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften tätig seien, variierten in qualitativer Hinsicht stark.

Einzelne Punkte sind Gegenstand ausgesprochen leidenschaftlicher Kontroversen. Ein Beispiel ist die hitzige Diskussion zwischen Walsh und Darling–Hammond, inwieweit ein Zusammenhang besteht zwischen der Zertifizierung bzw. Lizenzierung von Lehrkräften und den Lernleistungen von Schülerinnen und Schülern.(3) [/S. 4:]