Berufsorientierung nutzt die vorhandenen Potenziale innerhalb und außerhalb der Schule für die Optimierung des Übergangs in den Beruf. Dies gelingt um so mehr, wenn die Ziele allen Beteiligten transparent sind, die einzelnen Aufgaben benannt sind, die Zusammenarbeit geregelt ist, die Erwartungen und Verpflichtungen der Beteiligten klar sind und die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung abgesprochen ist. [/S. 115:]

Grundlage einer zeitgemäßen Berufsorientierung ist eine Vernetzung nach innen, d. h. entsprechende Kommunikations- und Kooperationsstrukturen innerhalb der Schule müssen vorhanden sein. Die Beteiligten sind nicht nur die Klassenlehrerinnen und -lehrer und die für Berufsorientierung zuständige Lehrerin bzw. der zuständige Lehrer. Eingebunden sind alle Lehrenden, die Schulleitung und auch die Lernenden selbst. Die für die Berufsorientierung verantwortlichen Personen sichern den Informationsfluss und sind Ansprechpartner für die außerschulischen Kooperationspartner. Sie unterstützen Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler, sie koordinieren einzelne Projekte und übernehmen Verantwortung für die Weiterentwicklung der schuleigenen Konzepte, einschließlich der Planung geeigneter Fortbildungsbedarfe. Die Vernetzung nach innen ist Voraussetzung dafür, dass Berufsorientierung nicht als Aufgabe des Klassenlehrers oder der Klassenlehrerin oder einzelner Fachlehrkräfte missverstanden, sondern als gemeinsame Bildungs- und Erziehungsaufgabe der Schule wahrgenommen werden kann.

Die Vernetzung nach außen ist Grundlage für die Einbeziehung der außerschulischen Partner in die schulische Arbeit. Dabei ist zu bedenken, dass Kooperationen mit Schulen bei vielen Partnern nicht zum Kerngeschäft gehören. Dennoch sind sie bereit, einen Beitrag zu leisten, wenn die Zusammenarbeit erleichtert wird.

Schulen und Unternehmen sind sich näher gekommen und arbeiten in Hamburg in vielfältiger Weise erfolgreich zusammen. Die Zusammenarbeit reicht von gemeinsam vorbereiteten Betriebserkundungen, Angeboten von Praktikumsplätzen für Schülerinnen und Schüler und auch für Lehrerinnen und Lehrer, der Einbeziehung betrieblicher Expertinnen und Experten in den Unterricht, gemeinsamen Arbeitsprojekten, Patenschaften zwischen Auszubildenden und Schülerinnen und Schülern, alljährlich wiederkehrenden Aktionen wie Ausbildungs- und Berufebörsen bis hin zu systematisch organisierter und langfristig angelegter Zusammenarbeit mit Zielvereinbarung und Ergebniskontrolle.

Von besonderer Bedeutung sind in Hamburg kontinuierlich arbeitende Kooperationspartnerschaften. In diesen Kooperationspartnerschaften schließen sich Schulen und Unternehmen zusammen und erarbeiten gemeinsam ein ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen entsprechendes Konzept. In Schule und Betrieb sind die für die Kooperation verantwortlichen Personen benannt und Unternehmensleitung und Schulleitung unterstützen die Partnerschaft. Die unterschiedlichen Bedingungen der Schulen und Betriebe gehen in die Kooperationsvereinbarung ein. Die abgesprochenen Vorhaben werden zu Beginn des Schuljahres vereinbart und am Ende ausgewertet. Dies führt zu Verlässlichkeit und zielgerichtetem Handeln. Die [/S. 116:] Kooperationsvereinbarungen unterscheiden sich. Das ist jedoch kein Nachteil, sondern Ausdruck des flexiblen Verfahrens.

Hamburger Schulen haben sich für die Mitwirkung des schulischen Umfelds an der Bildungs- und Erziehungsarbeit geöffnet. Sie werben dafür, dass neben den Betrieben Vereine und Organisationen im Stadtteil an der Gestaltung und Entwicklung des Lernens in der Schule teilhaben (vgl. BSJB 2001b). Die Öffnung ist eine Herausforderung an alle Beteiligten, ihr Verhältnis und ihr Selbstverständnis gegenüber der Schule neu zu bestimmen. In der Kooperation lernen alle Beteiligten von- und miteinander. Die Schulen und ihre Partner werden dabei von vielen Seiten unterstützt: einzelne Unternehmen, Unternehmensverbände, die Landesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft, das Institut für Lehrerfortbildung, die Handelskammer und die Handwerkskammer, die Wirtschaftsbehörde und auch die Eltern-, SchülerInnen- und Lehrerkammer.

In mehreren Netzwerken arbeiten Unternehmen mit Schulen zusammen. Mit dem Verband "Deutscher Maschinen und Anlagenbau e.V." (VDMA) wurden Kooperationspartnerschaften zwischen Schulen, Unternehmen und Hochschulen gegründet, mit dem "Hamburger Industriebverband e.V." wurde das "Netzwerk Schule-Industrie" gegründet, in dem 20 Kooperationspartnerschaften vernetzt sind und die "Initiative für Beschäftigung - Netzwerk Hamburg" betreut seit Sommer 2000 das jüngste Netzwerk mit zehn Kooperationspartnerschaften zwischen Unternehmen und Haupt-, Real- und Gesamtschulen zur Stärkung der Hauptschülerinnen und Hauptschüler. In jedem Netzwerk arbeiten die Kooperationsgemeinschaften unter einem bestimmten Schwerpunktthema zusammen (vgl. BSJB 2001a).

Im Netzwerk Schule-Industrie arbeiten jeweils eine Schule und ein Unternehmen zusammen und entwickeln gemeinsam das schulische Berufsorientierungskonzept weiter. Einbezogen sind dabei Patenschaften zwischen Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden, die Vermittlung spezifischer Praktika für Lernende und Lehrende bis hin zum gegenseitigen Angebot der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.

Im Netzwerk Hamburg der Initiative für Beschäftigung arbeiten Schulen, Berufsberatung und Personalverantwortliche sowie Fachkräfte der Unternehmen nach einem gemeinsam entwickelten Konzept zusammen, das die jeweiligen Kompetenzen der Partner verlässlich in den Berufsorientierungsprozess einbezieht. In dem 3-Säulen-Modell übernimmt jeder Partner Aufgaben entsprechend seiner Kompetenz. Die Schule trägt insbesondere zur Klärung der Interessen und Stärken der Schülerinnen und Schüler bei, die Berufsberatung sorgt für die Beratung und eine den Stärken entsprechende Vermittlung und die Personalfachleute der Partnerunternehmen beraten die [/S. 117:] Schülerinnen und Schüler, geben ihr Feedback zum Stand der Ausbildungsfähigkeit und bescheinigen aus Sicht der Personalfachkraft Chancen und Eignung für den gewünschten Ausbildungsberuf. Die einzelnen Schritte der drei Partner sind abgestimmt, jeder übernimmt einen Part auf dem Weg in die Berufsausbildung. Sie werden dabei unterstützt durch eine Koordinierungsstelle, die die einzelnen Beratungsschritte koordiniert, den Informationsaustausch sicherstellt und über ein Controllingsystem die Anschlussprozesse steuert. Die Schülerinnen und Schüler werden bei der Suche eines Ausbildungsplatzes von den Partnern unterstützt und je nach individuellem Betreuungsbedarf begleitet und gefördert. Die beteiligten Unternehmen haben sich öffentlich verpflichtet, jährlich mindestens 200 Ausbildungsplätze für die Hauptschulabsolventinnen und Absolventen der Partnerschulen zur Verfügung zu stellen. Nach der erfolgreichen Erprobungsphase wird das Modell im Schuljahr 2001/02 auf 30 Partnerschaften und - so die Planung - in den folgenden beiden Jahren um weitere 30 Partnerschaften erweitert.

Im Netzwerk TRANS-JOB (vgl. BSJB 2001a, S. 6 ff.) arbeiten Schulen und Unternehmen ebenfalls langfristig und kontinuierlich zusammen. Auch hier vereinbaren die Schulen und das Partnerunternehmen konkrete Schritte und werten den Erfolg aus. TRANS-JOB ist bundesweit vernetzt und Teil des Programms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung "Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben" und wird von der Stiftung der deutschen Wirtschaft durchgeführt. In diesem Netzwerk kooperieren Schulen und Unternehmen vor allem mit dem Ziel, Konzepte zur ökonomischen Allgemeinbildung zu entwickeln und zu erproben.

Im "Service-Netzwerk-Beratung" (vgl. BSJB 2001a, S. 22 f.), ein Netzwerk, in das auch die Hochschulen eingebunden sind, arbeiten Teams, bestehend aus jeweils einer Schule, einer Hochschule und einem Unternehmen, bildungsbereichsübergreifend und kontinuierlich zusammen. Die Teams entwickeln Lernarrangements zur Förderung selbst gesteuerten Lernens. Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Studierende bearbeiten gemeinsam komplexe Aufgabenstellungen, lernen dabei die jeweils andere Arbeitsumgebung und das Berufsfeld kennen und optimieren in der Zusammenarbeit die eigenen Lernstrategien. Das Projekt ist in das BLK-Programm "Lebenslanges Lernen" eingebunden und beginnt im Schuljahr 2001/02 mit der Umsetzungsphase.

Die beschriebenen Partnerschaften sind Beispiele für Vernetzungen und verdeutlichen den an eine Vernetzung gestellten Anspruch. Grundlage der Vernetzung sind die jeweils verfügbaren Leistungen der Partner. Diese werden nicht als einmalige Aktionen in das schulische Curriculum einbezogen, sondern systematisch und langfristig. Die konkreten Handlungsschritte werden gemeinsam geplant, vereinbart und ausgewertet. [/S. 118:]

Die Erfahrungen der Kooperationspartnerschaften bestätigen das Konzept der Kontinuität und Verlässlichkeit. Die Verantwortlichen im Unternehmen und in der Schule treffen sich rechtzeitig. Die Schule trägt vor, wobei sie Unterstützung durch das Unternehmen benötigt. Das Unternehmen berichtet über die bestehenden Möglichkeiten. Oft ergeben sich schon bei diesem Gespräch Kooperationsmöglichkeiten, die keiner der Partner vorhergesehen hatte. Die vorgetragenen Wünsche werden zu konkreten Vereinbarungen mit festen Zeitplänen. Mit der Vereinbarung verpflichten sich die Partner nicht im rechtlichen Sinne, sondern dokumentieren und kommunizieren den jeweiligen Einsatz und die Erwartungen. Mit ihr wird die Ernsthaftigkeit ausgewiesen und sie dient als Maßstab für die Bewertung der Zielerreichung am Ende des Schuljahres. Erfolgreiche Kooperationen werten den Erfolg aus. Sie überprüfen die Planung, nehmen die Ergebnisse ihrer Arbeit zur Kenntnis und freuen sich auch über den gemeinsamen Erfolg.

In den verschiedenen Netzwerken ist die Berufsberatung der Arbeitsverwaltung in unterschiedlichen Formen Kooperationspartner. Berufsorientierung in der Schule ist ohne Kooperation mit den Berufsberaterinnen und Berufsberatern nicht denkbar. Ihre Arbeit an den Schulen ist unentbehrlich (vgl. Strijewski 2002a, 2002b). Im Rahmen der Berufsorientierung übernimmt die Berufsberatung die zentrale Aufgabe der allgemeinen Berufsorientierung und der individuellen Beratung.

Die wichtigsten Partner der Jugendlichen bei ihrer beruflichen Orientierung sind die Eltern. Untersuchungen zeigen, dass die Berufswahl der Jugendlichen zu einem großen Teil auf dem Einfluss der Eltern und des häuslichen Umfeldes beruht (vgl. Hoose/ Vorholt 1996). Eine Schule, die ihr Angebot zur beruflichen Orientierung optimieren möchte, widmet daher der Zusammenarbeit mit den Eltern ganz besondere Aufmerksamkeit (vgl. Buck/ Nastaly 2002). Die Entwicklung neuer Konzepte zur Zusammenarbeit mit den Eltern und dem häuslichen Umfeld unterstützt die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung mit besonderen Projekten. Einzelne Schulen erarbeiten und erproben gemeinsam mit den Eltern verschiedene Modelle von Elterntreffen zu berufsorientierenden Themen über besondere Elternabende, Fortbildung für Elternvertreter und -vertreterinnen, Mitwirkung der Eltern im Unterricht oder bei besonderen Veranstaltungen bis hin zum Aufbau einer Datenbank durch Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler zu Fragen der Berufsorientierung.