Sutor, Bernhard (1984): Exkurs V: Geschichtsunterricht und politische Bildung; S. 221-23, in: Neue Grundlegung politischer Bildung, Bd. II, 1984, Paderborn: Ferdinand Schöningh

S. 221-23, in: Neue Grundlegung politischer Bildung, Bd. II, 1984, Paderborn: Ferdinand Schöningh

Die didaktische Analyse der Aufgabenfelder politischer Bildung, wie wir sie in Kapitel D vorgenommen haben, hat an vielen Stellen nachdrücklich demonstriert, wie sehr politisches Urteilen auf geschichtliches Verstehen angewiesen ist. Das kann nicht überraschen. Wenn Geschichtlichkeit eine anthropologische Konstante ist, muss sie auch als soziologische, als politikwissenschaftliche und als didaktische Grundkategorie erscheinen. Es gibt nicht die reine Gegenwart; der Versuch, sie vorzustellen, trifft nur auf den jeweiligen Punkt im Strom der Zeit. Es ist daher im Ansatz verständlich und richtig, dass seit Jahrzehnten um eine plausible didaktische Zuordnung von Geschichte und Politikunterricht gerungen und der Beitrag der Geschichte zur politischen Bildung diskutiert wird. Die Schwierigkeit der Aufgabe erhellt aus der Tatsache, dass diese Diskussion bisher zu keinem allgemein anerkannten Konzept geführt hat. Bildungspolitisch hat sich der Streit der siebziger Jahre zwar gelegt, aber die Grundfrage blieb unentschieden. Dem Konzept einer integrierten Gesellschaftslehre steht das Beharren auf eigenständigem Geschichtsunterricht gegenüber. Die geschichtsdidaktischen Positionen stehen gewiss differenzierter dazwischen, aber keineswegs in einem in Lehrpläne umsetzbaren Konsens (Süssmuth 1980). Ich selbst habe in den siebziger Jahren in Rheinland-Pfalz an koordinierten Lehrplänen für das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld der reformierten gymnasialen Oberstufe mitgearbeitet und habe das dabei entwickelte Konzept in Auseinandersetzung mit didaktischer Literatur in Aufsätze einfließen lassen (Sutor 1979 sowie Sutor bei Mickel 1979). Die nachstehende Skizze ist im wesentlichen eine Zusammenfassung des dort Entwickelten.